Farallones Institute

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Das Farallones Institute war ein gemeinnütziges Bildungszentrum in Kalifornien, das von 1972 bis in die 1990er Jahre bestand. Bekannt wurde das Institut durch ihr "Integral Urban House" Projekt in Berkeley, das als Anwendungsbeispiel des Whole System Design von Architektur-Dozent Sim Van der Ryn diente. Zudem hatte das Institut auf dem Gelände des heutigen Occidental Arts and Ecology Center ein Hüttendorf aus einfachen Tiny-Häusern und Gemeinschaftsbauten, das Studenten von Van der Ryn im rahmen eines Architekturkurses errichteten.

Gegründet wurde das Institut im Jahr 1972 von einer Reihe gleichgesinnter Architketen, Ingenieure und Wissenschaftler aus der San Francisco Bay Area als gemeinnützige Forschungsorganisation, die sich auf autonomes, selbstversorgendes Leben konzentrierte. Unter der Leitung der passionierten Umweltaktivisten, Biologen und Entomologen Bill und Helga Olkowski beschloss das Institut, ein radikales architektonisches Projekt zu verwirklichen - ein ökologisches Demonstrationshaus in der Stadt, das ihre Ideen für urbane Landwirtschaft, Hausmüllrecycling und Solarenergiegewinnung veranschaulichen sollte. Zu einer Zeit, als die meisten Umweltpioniere dafür plädierten, die "giftige" Stadt zugunsten ländlicher Gehöfte zu verlassen, wollte das Farallones Institute versuchen, die Stadtlandschaft zurückzuerobern.

Geschichte

Ende der 1960er Jahre entstand die Back-to-the-Land Bewegung, die nach neuen Erfahrungen suchte, nachdem sie enttäuscht von der Politik und der Konsumgesellschaft nach einer Alternative im Leben auf dem Land suchte. Es war eine junge Bewegung, von jungen, überwiegend weissen Menschen, die zumeist ein Studium abgeschlossen hatten und nach einem Landleben suchten, um sich wieder mit der Natur zu verbinden. Sie lebten in Kommunen zusammen und eigneten sich mit Versuch und Irrtum landwirtschaftliche Fertigkeiten an.

Doch diese Back-to-the-Land Bewegung war auch eine Fluchtbewegung, die sich der Verantwortung entzog, die nationale ökologische Krise an ihrer Wurzel anzugehen. Auf dem Campus der kalifornischen Berkeley Universität versuchte eine Gruppe von Studenten und jungen Lehrkräften gemeinschaftliche Formen des ökologischen Lebens auf einen städtischen Kontext anzuwenden. Sie wurden zu den Pionieren, was später als Back-to-the-City Bewegung bezeichnet wurde.

Der Ursprung des Whole System Design

Im Schuljahr 1971/72 entwickelten Sim Van der Ryn (https://en.wikipedia.org/wiki/Sim_Van_der_Ryn) und Carl Anthony von der Architektur-Fakultät zusammen mit dem Studenten Jim Campe einen Gestaltungskurs mit dem Titel "Making a Place in the Country - The Outlaw Builder's Studio". Auf einem bewaldeten Grundstück, das Van der Ryn in Marin County, in der Nähe des Point Reyes National Seashore erworben hatte, führte er seine Studenten heran, dass sie vor Ort ökologische Prinzipien studieren und praktische Fertigkeiten im Bauwesen erwerben konnten. Am Ende des Schuljahres hatten sie ein Dorf mit Gemeinschaftseinrichtungen und mehreren kleinen Schlafunterkünften aus Secondhand-Holz errichtet.

Im darauffolgenden Schuljahr 1972/73 boten Van der Ryn und Campe einen neuen Architekturkurs namens "Natural Energy Design" an, in dem sie das so genannte "Whole Systems Design" erkundeten. Als Grundlagen ihrer Studien dienten Muster, wie sie in der Natur vorkommen und Gebäudeleistungsdaten und damit versuchten sie mechanische und biologische Systeme ausfindig zu machen, die ein Wohnen mit geringem Ressourcenverbrauch und minimaler Abhängigkeit von grossen Energieversorgern ermöglichten. Da die Dozenten kein Lehrbuch für ihren bahnbrechenden Kurs über nachhaltiges Design finden konnten, beauftragten sie die Klasse, aus Zeitschriftenartikel ein Buch zusammenzustellen mit dem Titel "The Natural Energy Handbook". Die Nachfrage nach diesem Buch war so gross, dass die Klasse die Bücher in gebundener Fassung verkaufte um Geld für ihr Gruppenprojekt namens Energiepavaillon zu sammeln. Gebaut wurde dieser aus gebrauchtem Holz und er zeigte Low-Tech-Anwendungen und eine Reihe innovativer Systeme, die das Herzstück des Passiv-Solar-Hauses bildeten. Da zu jener Zeit die Erdölkrise (OPEC-Energiekrise) herrschte und Benzinpreise an den Tankstellen in die Höhe schnellten, war das öffentliche Interesse an der Ausstellung gross und auch lokale Fernsehsender berichteten darüber.

Im Herbst 1972 entwickelten die Architekten Sim Van der Ryn, Jim Campe, und Carl Anthony am UC Berkley College of Environmental Design einen neuen Architekturkurs mit dem Titel "Natürliches Energiedesign", der sich auf quantitative Studien konzentrierte, die sich mit architektonischen Gestaltung mit natürlichen Materialien befasste. Aus dem Kurs entstand dann das "Natural Energy Design Handbook", der zum Leitfaden für nachhaltig gestaltete Architektur wurde. Im Rahmen dieses Kurses machte Sim Van der Ryn den Vorschlag für eine urbane Umweltbewegung in der Architektur, die er "Whole Systems Design" nannte.

Gründung des Farallones Institute

Van der Ryn nutzte seine wachsende Bekanntheit, um sich in den folgenden Jahren mit gleichgesinnten Architekten, Ingenieuren und Biologen darüber auszutauschen, wie nachhaltiges Design genutzt werden könne, für ein zufriedenes Leben in Verbindung mit natürlichen Systemen. Aus diesem Austausch entstand 1972 das Farallones Institute als gemeinnützige Organisation, die ihren Schwerpunkt auf städtische Selbstversorgung und Energieautonomie richtete.

Kräftige Unterstützung bekam das Institut durch die Biologen Bill und Helga Olkowski, die beide Umweltaktivisten waren. Sie setzten sich für den Anbau von Bioprodukten ein und bauten selbst welche in ihrem Garten an. Zudem unterrichteten sie an der Universität Kurse über städtische Lebensmittelproduktion und hatten Erfahrung in der Schädlingsbekämpfung. Olga war zudem die Verfasserin eines Handbuchs mit dem Titel "The City People's Book of Raising Food" und Bill Olkowski war an der Gründung des Ecology Center in Berkeley beteiligt, dem ersten Recyclingzentrum der USA, das den Abfall der Leute an der Strasse abholte (siehe auch Ecology Action).

Die Olkowskis brachten also eine Reihe praktischer Erfahrungen mit und sie waren gut in Kalifornien vernetzt, was ihnen später sehr hilfreich war beim Rekrutieren von Studenten für ihre Projekte. Sie beide arbeiteten zudem für eine landwirtschaftliche Versuchsstation als Insektenkundler und unterrichteten Klassen unter anderem auch in einem neu gegründeten Kurs namens "Urban Garden Ecosystems".

Ebenfalls zum Farallones Institute gehörten Sterling Bunnell, ein Psychiater und Naturforscher, der am California College of Arts and Crafts lehrte und Art Boerike, ein Zimmermann und Fotograf, der handgefertigte Behausungen der "Outlaw Builders" in der Bay Area dokumentierte. Mit diesen Leuten nahm das Institut ein neues, interdisziplinäres Projekt in Angriff, das sich einer gesunden, ganzheitlichen Leben in der Stadt widmete. Das war die Keimzelle für das Integral Urban House Projekt.

The Integral Urban House

Ein baufälliges, viktorianisches Haus, das der Stadt Berkeley als Drogenentzugszentrum diente, wurde vom Farallones Institute ausgewählt zum "Integral Urban House". Es befand sich in einem Quartier aus heruntergekommenen Industriegebäude und einkommensschwachen Wohnhäusern, die überwiegend von der schwarzen Bevölkerung besiedelt waren. Die Stadt war in diesem Viertel bereits dabei, ältere Gebäude abzureissen und durch Neubauten zu ersetzen. Bei ihrem "Integral Urban House" ging das Institut bewusst einen anderen Weg, indem sie das historische Gebäde erhielten.

Das Haus kostete das Institut weniger als 10 000 Dollar und nach dem Kauf ging die Arbeit schnell voran. Aus Schrottplätzen und Müllhalden wurde nützliches Material mitgenommen und mit recycletem Holz wurde das Haus wieder instand gesetzt. Das Haus bekam zudem eine gute Isolierung, um Wärme zu speichern. Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit wurde nichts verschwendet und Materialen wieder verwendet.

Im Hinterhof legte das Institut einen Gemüsegarten mit einem Fischteich und einer essbaren Landschaft mit Obstbäumen an, die um einen Bienenstock, einen Hühnerstall und ein Kaninchengehege ergänzt wurden. Damit konnte das Haus Honig, Eier, Fleisch, Dünger, Gemüse und Obst ernten. Das Haus selbst besass eine Komposttoilette, ein schwedischer Typ namens "Clivus Multrum", die mit einem aeroben Zersetzungsprozess arbeitete und Kompost herstellte, sowie ein Grauwasserspeichersystem, dessen Wasser für die Bewässerung des Gartens genutzt wurde. Auf der Südseite des Daches gab es Sonnenkollektoren und Solarzellen für die Warmwasser- und Stromerzeugung. Das Ziel des ganzen Design lag in der Energieeffizienz, der reduzierten Abhängigkeit von externen Inputs und die Reduktion von Abfällen.

Das Haus war ein lebendes Labor, ein Ort an dem sowohl neue Ideen ausprobiert wurden, das aber auch als Schaufenster für die Öffentlichkeit diente, um die praktischen Erfahrungen mit der städtischen Selbstversorgung mit einem interessierten Publikum zu teilen. Anders als Kommunen der Gegenkultur diente das Hausprojekt in erster Linie der Forschung und der Öffentlichkeitsarbeit und das Forschungskollektiv öffnete dazu jeden Samstag Nachmittag von 13 bis 17 Uhr das Haus für öffentliche Führungen. Dieses Angebot stiess bald auf reges Interesse und unter der Wochen wurden oft auch private Führungen für Schulen und andere Organisationen angeboten. Das Institut produzierte unterschiedliche Dokumentationen zum Haus wie Broschüren, ein Video-Rundgang und Bücher. Zudem veranstaltete man auch eine Reihe von Kursen, in denen man Wissen vermittelte. Die Themen reichten von Bienenzucht und biologischer Schädlingsbekämpfung bis hin zu Selbstbauanleitungen für Solar-Wassererhitzer. Die Kurse boten Stadtbewohnern mit wenig Erfahrung Unterstützung um neue Fähigkeiten durch "learning by doing" zu erlernen, und die Gebühren aus den Kursen trugen dazu bei die Betriebskosten des Hauses zu decken.

Das Integral Urban House war insgesamt über ein Jahrzehnt in Betrieb, von 1974 bis 1984, wurde dann eingestellt, da das Konzept des "Whole System Design" keine breite Anwendung und öffentliche Unterstützung fand. Trotz dieses Scheiterns des Projekts an sich, inspirierte es zahlreiche andere Projekte und hat damit immer noch spürbare Nachwirkungen. Zudem war es ein einzigartiges Projekt der städtischen Architektur und urbanen, ökologischen Lebensweise und das Projekt beflügelte die Urbane Landwirtschaft.

Literatur

  • Farallones Institute (1979): The Integral Urban House: Self-Reliant Living in the City. Sierra Club Books, San Francisco, USA. (Volltext| (https://archive.org/details/integralurbanhou00fara)WP| (https://en.wikipedia.org/wiki/Integral_Urban_House)LibraryThing (https://www.librarything.com/work/131470))
  • Olkowski, Helga (1973): Self-Guided Tour to the Integral Urban House. Farallones Institute, Berkeley. (Info (https://revolution.berkeley.edu/self-guided-tour-integral-urban-house/?cat=1389&subcat=1))
  • Richard, Sabrina (2015): Integral Urban House (https://critical-sustainabilities.ucsc.edu/integral-urban-house/). Critical Sustainabilities, University of California Santa Cruz, Santa Cruz CA.
  • Stalberg, Christian Eric (2019): Farallones Institute 40th Reunion. Online: https://stalberg.net/farallones-institute-40th-reunion/
  • Tam, Wesley (2020): The Integral Urban House (https://revolution.berkeley.edu/projects/integral-urban-house/). The Berkley Revolution, University of California Berkley, Berkley CA.

Siehe auch:

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