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Betrug in der Wissenschaft

 
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 19.11.2013 22:07    Titel: Betrug in der Wissenschaft Antworten mit Zitat

Huhu,

ein Thema das es eigentlich nicht geben dürfte, offiziell versteht sich. Die Wissenschaft gilt als zuverlässige und glaubwürdige Disziplin, die im Gegensatz zu Wirtschaft, Politik und Klerus nicht auf Bereicherung, Manipulation und Täuschung aus ist, sondern sich einzig ihrer eigenen Ideologie, der sachlichen Aufklärung und Darstellung der Fakten widmet. Gerade in der Naturwissenschaften ist das einfach, so die Vorstellung, da Mathematik, Chemie und Co. keine Frage des Glaubens sind, sondern sie folgen klaren Naturgesetzen und so auch wir Menschen, die Tiere und die Natur.

Genau diese Vorstellung und Romantisierung der Wissenschaft ist jedoch gefährlich, denn die Wissenschaft selbst ist genauso Teil des normalen Lebens und somit anfällig für Irrtum, Fehler, Vertuschung und selbstverständlich auch Manipulation. Also wenden wir uns diesem Thema zu.

Was sind Gründe für Täuschung und Betrug in der Wissenschaft?
Der Übergang von unbeabsichtigten Fehlern zu eiskalter Täuschung sind natürlich fliessend und im Bereich der Geisteswissenschaften (Wirtschaftswissenschaften!) gibt es genügend Anschauungsmaterial in den Medien seit Googleberg und Co. Die letzten Jahre deutscher Politikgeschichte waren geprägt von abgeschriebenen und unsauber zitierten Doktorarbeiten. Persönliche Motive sind ein wichtiger Grund, die eigene Karriere, aber auch Leistungsdruck kann ein Grund sein, dass es vorweisbare Resulatet braucht für Forschungsgelder und Förderung etc. persönlicher Ehrgeiz, aber auch durch unsorgfältige Arbeit kann es zu Fehlern kommen. Ein Fallstrick ist dabei unter anderem die Statistik, welche teilweise recht komplex ist und man durch eine falsche Anwendung Daten "frisieren" kann, wobei hier auch nicht ganz unwichtig ist, dass vielfach die Forschenden selbst keine so guten Kenntnisse haben und die Statistik einem kleinen Zauberkästchen zu gleichen scheint, aus dem man durch ein paar statistische Tricks aus nicht so tollem Datenmaterial plötzlich interessante Daten herausfiltern und gewinnen kann. Aber auch bei der praktischen Methodik können sich Fehler einschleichen oder es können wichtige Informationen verschwiegen oder vertuscht werden, egal ob absichtlich oder nicht. Daneben gibt es natürlich auch die Fälle, bei denen bewusst falsche Schlüsse aus dem Datenmaterial gezogen werden, bei denen Daten aus anderen Studien falsch zusammengefasst werden und bei der eigene Daten entsprechend dem gewünschten Ergebnis manipuliert werden, damit sie nicht wirtschaftlichen Interessen in die Quere kommen, sei es um eine unangenehme Sache zu vertuschen oder um einem Produkt einen Persilschein zu verpassen etc. Diese letzten Fälle möchte ich hier allerdings nicht weiter behandeln, nicht zuletzt, weil eine Spekulation darum müssig ist und in vielen für uns interessanten Bereichen keine wichtige Rolle spielen.

Häufigkeit
Wie häufig kommen ernsthafte Fehlverhalten vor und wie häufig werden diese dann auch publiziert? Man kann davon ausgehen, dass es relativ häufig vorkommt:
Zitat:

What we have learned from surveys by Brian Martinson and others (reviewed by Fanelli) is that approximately 1 in 7 surveyed scientists claims to have witnessed serious misconduct and about 1 in 50 admits to having committed serious misconduct.

Quelle: http://retractionwatch.wordpress.com/2013/02/14/two-journal-editors-take-stock-of-misconduct-in-their-fields-and-dont-find-much/#more-12352


Wie einfach lassen sich solche Fälle entdecken?
Dieser Frage widmet sich der folgende Artikel. Darin zitiert wird ein Editoral der Zeitschrift "Biological Conservation", in welcher der Redakteur Richard Primack meint, dass diese Fälle sehr selten seien und in den allermeisten Fällen entdeckt würden. Wer ein bisschen mit der Materie vertraut ist, der muss da jedoch auf ein anderes Resultat kommen, denn Vertuschungen, Fehler etc. sind oftmals nicht so einfach zu entdecken. Dabei muss es nicht mal um böse Absicht handeln, zum Beispiel, dass jemand ganze Versuchsreihen erfinden würde, oftmals reicht beispielsweise eine gewisse Ungenauigkeit, Fehler in den Methoden etc. und wie schon erwähnt macht vielen Wissenschaftlern auch die Statistik zu schaffen. Auch wenn so manche Tricks zur statistischen Datenmanipulation mathematisch betrachtet vollkommen korrekt sind, so ist die Überprüfung der erlaubten Anwendungsfälle oftmals schwieriger zu beurteilen und kann daher auch beispielsweise bei einem Peer-Review durchrutschen.
Ein weiteres Problem ist, je spezieller das Fachgebiet wird und je spezieller das Themengebiet, desto weniger Leute gibt es die sich damit auskennen und das Wissen sorgfältig überprüfen können. Auch dadurch kann die Kontrolle der Resultate leiden und nicht zuletzt hätten wir noch das berühmte Zitieren, bei dem besonders gerne Ungenauigkeiten und Fehler entstehen, die sich dann oft über mehrere Quellen fortpflanzen können, da nie jemand sich die Mühe machte, die Originalquelle zu überprüfen und ob dessen Originaltext richtig zitiert wurde.

Der Artikel
Ich habe einen interessanten Beitrag zum Thema gefunden, den ich oben schon mehrmals angeschnitten hatte. Hier der Link:
http://retractionwatch.wordpress.com/2013/02/14/two-journal-editors-take-stock-of-misconduct-in-their-fields-and-dont-find-much/#more-12352

Fazit
Wissenschaft ist kein Religionsersatz, welcher Unfehlbarkeit für sich gepachtet hätte, auch wenn viele das heutzutage aufgrund dem Misstrauen gegenüber dem Klerus und der Politik so sehen möchten. Der Beitrag der Wissenschaft wird daher gerne überbewertet und der Beitrag von vermeindlich gewöhnlichen Bürger unterbewertet - gerade das Erfahrungswissen darf nicht unterschätzt werden und ist oft mehr wert als Studien, die auf fragwürdiger Methodik basieren. Gesunder Menschenverstand, eine gute Prise Skepsis und ein bisschen Verständnis für Hintergründe, Ursachen und Entstehung von Falschinformationen in der Wissenschaft sind daher unentbehrlich um diese Quellen sinnvoll nützen zu können. Dazu kommt, dass das A und O bei wissenschaftlichen Quelle das Überprüfen der Originalquellen ist, soweit dies möglich ist (es gibt immer Fälle, da wird dies schwierig und dann ist es angezeigt, die fehlende Möglichkeit das zu überprüfen entsprechend zu vermerken). Gerade beim Zitieren passieren erfahrungsgemäss viele Fehler und es ist auch nicht selten, dass unzuverlässige Quellen verwendet werden, um einen Umstand mit Quelle zu unermauern. Beispiel, wenn ich glaubhaft darlegen will, dass wildlebende Degus tagaktiv oder nachtaktiv sind, dann muss ich nicht eine Studie zitieren, welche Degus in einem Laborexperiment untersuchte, sondern dann wäre eine Freilandstudie am besten oder aber Beobachtungen eines Naturforschers oder ein Nachschlagewerk oder Feldführer über chilenische Wildtiere.

Und noch etwas sollte man bedenken, eines der wichtigsten Dinge ist stets die Transparenz und damit auch die Angabe von Quellen, damit sich nachvollziehen lässt woher Informationen stammen und wie seriös sie aufgrund ihrer Quellen oder ihres Kontextes zu beurteilen sind. Sicher dürfte gerade dieses Bewusstsein der Offenlegung von Quellen und der Transparenz in der Wissenschaft mehr verankert sein als zum Beispiel im alltäglichen Leben, was der Glaubwürdigkeit der Wissenschaft nicht zu unrecht zugute kommt, doch es darf nicht zu einem Dogma und einer Glaubensfrage verkommen. So gehört es ebenso dazu, dass man gerade bei relevanten Dingen stichprobenartig oder umfassend die Fakten und Quellen prüft und dass man sich selbst Gedanken dazu macht und versucht die Materie zu verstehen, bevor man etwas weiterverbreitet, das man selbst nicht versteht oder das man nicht selbst genauer geprüft hat. So gesehen ist die ganze Wissenschaft denn auch nutzlos ohne eigene kritische Reflexion, welche je nach dem die Fakten nochmals verstärken oder sie als schwach, zweifelhaft oder gar falsch entlarven kann. Dazu ist es aber nötig Vorurteile und vorgefertigte Meinungen zuvor abzulegen, um sich davon nicht behindern zu lassen.
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