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[Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
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BeitragVerfasst am: 13.03.2006 23:55    Titel: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

Huhu,

und noch einen interessanten Artikel habe ich gefunden:
http://www.scielo.cl/scielo.php?script=sci_arttext&pid=S0716-078X2004000200004&lng=en&nrm=iso&tlng=en

Zitat:

Molecular diversity among domestic guinea-pigs (Cavia porcellus) and their close phylogenetic relationship with the Andean wild species Cavia tschudii

ABSTRACT

To investigate the origin and diversity of domestic guinea-pigs Cavia porcellus (Linnaeus, 1758; Rodentia, Caviidae), we sequenced the mitochondrial cytochrome b gene of 12 domestic and 10 wild specimens from six species, including the two presumed as ancestral to the domestic one: Cavia tschudii and Cavia aperea. All maximum parsimony and maximum likelihood analyses grouped C. porcellus with C. tschudii (mean K2P distance = 3.2 % ); best trees had 609 steps (CI = 0.796; Bremer support Index (SI) = 28 ), and a _Ln = 4419.52, with 100 % and 97 % bootstrap support respectively. This clade, supported by three substitutions and 96 % bootstrap, is also obtained in the cladistic analysis of corresponding amino acids. When the C. aperea node was forced to join C. porcellus, these trees were consistently longer, less likely and robust, and with less defining characters than the optimal one. All C. porcellus sequences also clustered in a node defined by 15 substitutions. The sub-node containing animals from city markets, pet shops and laboratories was characterized by four substitutions (one non-silent, SI = 7, and 91 % bootstrap). Some South American C. porcellus, called "criollos" (creoles) by local breeders, were more diverse. Probably, a particular clade from southern Peru and Chile may represent a pre-Columbian lineage. Mean K2P distance between C. tschudii and C. aperea was rather large, 7.7 %. Cavia appeared as a robust node (100 % bootstrap). These results indicate that C. tschudii is the species most closely related to C. porcellus.

Key words: Andes, Cavidae, cytochrome b, domestication, guinea pig, molecular phylogeny.

Quelle: SPOTORNO, ÁNGEL E, VALLADARES, JOHN P, MARIN, JUAN C et al. Molecular diversity among domestic guinea-pigs (Cavia porcellus) and their close phylogenetic relationship with the Andean wild species Cavia tschudii. Rev. chil. hist. nat., June 2004, vol.77, no.2, p.243-250. ISSN 0716-078X.


wenn mich nicht alles täuscht könnten solche meerschweinchenartikel jemand hier interessieren Wink.
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BeitragVerfasst am: 14.03.2006 02:14    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

Ich hatte den vollständigen Artikel auf scielo.cl gefunden und ausgewertet, daher wußte ich das Tschudi die wilde Form vom Hausmeerschweinchen ist.

Ist schon in der Wiki eingepflegt ...

Danke
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 14.03.2006 12:05    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

ach so. das wusste ich gar nicht. dann hast du die artikel von scielo.cl alle durchgesehen?
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BeitragVerfasst am: 15.03.2006 11:33    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

Erst mal nur Richtung Meerschweinchen und teilweise auch Phylogenie generell ... die meisten Sachen hab ich nur unangesehen mom abgespeichert und nicht weiter bearbeitet, weil ich keine Zeit hab.

Interessant finde ich, daß die Arbeit meinen Verdacht, es müßte da Inzuchtstämme von Meeris geben, die bis in die Entstehung der Hausmeerschweinchen ohne Fremdblut existieren, stützt. Jetzt warte ich noch auf eine molekulargenetische Untersuchung mehrerer Meerschweinchenpopulationen aus den indigenen Bevölkerungsschichten Perus, wenn die auch eine deutliche Abgrenzung zeigen, heißt es, daß dort tatsächlich Inzuchtschweinchen seit Jahrhunderten, vielleicht sogar seit Jahrtausenden gehalten werden, die nur auf eine Basis von 30 - 50 Tieren aufbaut. Von wegen Inzuchtschäden ... wenn mein Verdacht stimmt, sind die Viecher viel homogener wie die, die wir in Europa halten und trotzdem viel gesünder! Selbst ihre Anpassungsfähigkeit haben sie nicht verloren und kleiner geworden sind sie gegenüber dem Tschudi auch nicht.

Das gleiche ist ja schon bei der Hunderasse Armant aus Nordafrika nachgewiesen. Hier wurden im Gebirge Marokkos in einem eng umgrenzten Gebiet einfach nur die Hündinnen von nem gut arbeitenden Rüden des Nachbars gedeckt, aus dem Wurf wurde nur der kräftigste Welpe behalten und alle andern mit ein bis zwei Wochen getötet. Das Ganze ist so seit mind. 400 Jahren so betrieben worden, also seit mind. 200 Generationen. Die Populationsgesamtgröße hat niemals mehr wie 100 Hunde überschritten, mehr wurden im fraglichen Gebiet nie gebraucht. Der untersuchte Armantstamm ist sogar von den andern Armantstämmen isoliert, die nächsten Hunde gibt es erst wieder in Ägypten.
Von so einem Inzuchtstamm träumen noch heute einige Unis mit ihren Mäuseinzuchtstämmen!
Auch dieser Hund ist äußerst robust, allerdings speziell an die dortigen Gegebenheiten vom Immunsystem angepaßt, nach Deutschland verbrachte Hunde dieses Stammes kränkeln leicht, erst die F1 kann sich an die deutschen Krankheitsverhältnisse anpassen und kränkelt dann nicht mehr.

Übrigens - je mehr solche Untersuchungen geführt werden, desto mehr werden solche Inzuchtstämme auch bei Wildtieren entdeckt:
Feld-Feldmaus (Microtus arvalis arvalis): Bricht der Feldmausbestand zusammen, was ca. alle 10 - 20 Jahre passiert, bauen einzelne Paare den Bestand wieder auf. Wanderungen können nicht beobachtet werden, molekulargenetische Untersuchungen brachten den Beweis, daß diese Mäuse erst wieder sich mit der übrigen Population vermischen, wenn die Ausbreitungsgrenzen benachbarter Feldmauspopulationen sich überlappen. Das ist in ein bis fünf Jahren der Fall, solange hat man Inzuchtstämme über eine Generationenfolge von fünf bis 30 Generationen. Die Populationsgröße in dieser Zeit liegt bei unter 200 Mäusen.

Geparde in Südafrika: Dort wurde ein Inzuchtstamm entdeckt, der seit mind. 400 Jahren von den andern Gepardenpopulationen isoliert ist. Man vermutet, daß die Population deshalb so klein wurde, weil der Mensch sie durch Bejagung an den Rand der Ausrottung brachte. Allerdings paaren sich diese Geparden freiwillig nicht mit eingeführten Geparden. Sie bleiben unter sich. Außerdem ist die berechnete Populationsstärke, die dieses Gebiet an Geparden überhaupt verkraftet, nur für ca. 200 - 500 Geparden bei bester Wildlage geeignet. Das gilt auch für die letzten 400 Jahre. Trotzdem diese Geparde schon seit mind. 80 Jahren unter strengster Beobachtung stehen, also in der Zeit die Populationsgröße bekannt ist und unter 50 Tieren liegt, sind die Tiere weder anfälliger für Krankheiten, wie andere Geparde, noch unfruchtbarer noch kleiner ...
Die Geparde zeigen eh eine Besonderheit gegenüber allen anderen daraufhin untersuchten Säugetieren - sie besitzen die größte immunologische und genetische Homogenität und das seit ca. 10.000 Jahren. Erst jetzt, mit der Veränderung der Umwelt, nimmt offenbar die Homogenität ab, Königsgeparden nehmen seit einigen Jahren im gesamten Vorkommensgebiet des Gepards zu. Dadurch, daß dieser Prozeß offenbar erst seit einigen Jahrzehnten einsetzt und der Gepard eine durchschnittliche Generationenfolge von ca. 4 - 5 Jahren hat, ist dies scheinbar noch nicht molekularbiologisch erfaßbar, aber es scheint tatsächlich zu sein, daß Mutanten mit reinerbigen rezessiven Veränderungen beim Gepard immer häufiger bis zur Fortpflanzungsreife gelangen und ihre Gene weitergeben können, so daß es zu einer Anreicherung der rezessiven Gene innerhalb der Populationen kommt. Ich vermute mal, daß ich es noch erleben darf, daß der Genpool der Geparden sich verdoppelt - was er in den letzten 10.000 Jahren nicht gemacht hat.

Inzwischen sind unter Möwen, Robben und Pinguinen wohl auch die ersten Inzuchtstämme gefunden worden, wobei zumindest Robben und Pinguine innerhalb geschichtlich kurzer Zeit es schaffen, riesige Kolonien über die 300-Individuengrenze hinaus aufzubauen. Solche Inzuchtstämme sind im Grunde genommen von Dawkins vorhergesagt worden, im Grunde genommen sind solche Inzuchtstämme wahrscheinlich auch für Organismen mit mehreren Geschlechtern normaler, wie wir christlich erzogenen Menschen es uns vorstellen wollen, für einen Großteil der Organismen ist Inzucht eh das normalste von der Welt, da sie nur ein Geschlecht haben (mehrere Poeciliidae-Arten, fast alle "niederen" Tiere, etliche Korallenfische etc)

Ich selbst sammle übrigens wissenschaftliche Berichte über dieses Phänomeen, es sind gleichermaßen Haustierstämme wie auch Wildtierstämme interessant.
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BeitragVerfasst am: 15.03.2006 19:45    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

das sind doch wieder mal eine menge interessante informationen... *g*
dass sich der genpool auch wieder vergrössern kann, das war mir irgendwie gar nicht bewusst. ich ging bis anhin davon aus, dass der nur kleiner werden könne.

übrigens woran liegt es eigentlich, dass bei uns viele tiere aus starker inzucht krank und geschädigt werden? das hat doch schon damit zu tun, dass kranke tiere nicht ausselektiert werden oder? wenn man konsequenter und strenger selektieren würde, so könnte es durchaus möglich sein auch bei uns so gesunde zuchtstämme hinzubekommen oder habe ich da jetzt was ausser acht gelassen? bzw. hängt das noch von den tieren ab (mal abgesehen davon dass sie gesund sein sollten)?
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BeitragVerfasst am: 15.03.2006 22:16    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

Du hast es richtig verstanden. Es ist ja auch nachweisbar, speziell bei Kaninchen, Hunden und Katzen, daß eine Zucht unter Ausschluß von weiterer und engerer Inzucht ohne Selektion oder mit falscher Selektion genauso viele kranke und behinderte Tiere zuwege bringt, wie eine Zucht mit enger Inzucht ohne oder mit falscher Selektion. Ich kann dir inzwischen genügend Beispiele von "Kaninchenzuchten" im Netz zeigen, wo die "Züchter" (mag das Wort gar nicht wirklich auf solche Leute anwenden, selbst Vermehrer ist richtiggehend beschönigend für das, was die tun!) mit sinnloser Fremdverpaarung gepäppelte Kaninchen einsetzen, die wiederholt schon zu kleine Würfe mit mißgestalteten Jungen zur Welt brachten, ohne daß sie begreifen, daß ihre in sooooo tierlieber Aktion geretteten und gepäppelten Ninchen nun wirklich keine Zuchttiere sind und nur immer wieder und wieder Junge zur Welt bringen werden, die hochgradig mißgestaltet und krank sind! Genau diese Leute aber sprechen ganz stolz davon, daß ihre Tiere gesund seien, weil sie ohne Inzucht gezüchtet seien! Schließlich können da ja gar keine Inzuchtschäden auftreten. Logisch, nicht?

Auch die Zucht von englischen Bulldoggen ist ein wahrlich gutes Beispiel, um Aufzuzeigen, wohin in diesem Falle falsche Selektion führt. Die einzig gesunden englisch-Bulldog-Stämme sind ausgerechnet die Stämme, wo eine harte Selektion auf Vitalität gepaart mit konsequenter Inzestzucht praktiziert wird (USA, Australien, Niederlande, ein Versuch gab es sogar in Deutschland, wurde aber verboten, weil Inzuchtschäden nicht ausgeschlossen werden konnten ... *räusper*) oder wo mit Fremdeinkreuzung noch gesunder Hunde anderer Rassen die genetische Basis erhöht wird, um dann durch strenge Selektion auf Vitalität und Robustheit über Inzucht Hunde mit dem Aussehen englischer Bulldoggen gezüchtet werden (Schweiz).
Seit Jahrzehnten werden weltweit gerade die englischen Bulldoggen nicht mehr über Inzucht gezüchtet, es wird versucht, eine möglichst weite Blutlinienführung zu gewährleisten, um Inzuchtschäden zu vermeiden. Die Selektion geht dabei rein auf Optik, nicht auf Vitalitätsmerkmale. Die englische Bulldogge ist deshalb nicht mehr in der Lage,
- große Würfe zu bekommen, die Welpenzahl liegt nur noch bei ein bis fünf Welpen, bei gleichschweren Rassen liegt sie bei vier bis acht Welpen
- Würfe zu bekommen, bei dem das Gesamtwurfgewicht in der für Hunde und Wölfe typischem Verhältnis zum Muttertiergewicht steht. Die Würfe sind zu leicht.
- die Köpfe sind zu groß und passen nicht mehr durch den Geburtskanal, so daß über 80% der Bulldoggen per Kaiserschnitt zur Welt kommen
- die Welpen sind oftmals so schwach nach der Geburt, daß sie kaum noch selbständig die Zitzen suchen oder festhalten können
- die Welpen sind mit acht Wochen nicht in der Lage, so ausdauernd zu spielen, wie die Welpen anderer Hunderassen
- Atemprobleme sind bei einigen englischen Bulldoglinien reinerbig vorhanden
- englische Bulldoggen sind auch nach Training nicht in der Lage, 20 km im Trab zurückzulegen, das schafft sogar noch der deutsche Schäferhund und der Pekinese!

Übrigens - das gleiche Schicksal wie den englischen Bulldoggen blieb lange Zeit dem Pekinesen erspart, denn im Standard im Allgemeinen Teil stand drin "[...] der Pekingese ist in der Lage, sich selbst zu verteidigen." Das wurde auch lange Zeit beachtet. Leider ist der Passus in den 80er oder 90er Jahren gestrichen worden, nachdem der Pekinese sich auch gegen das Angefaßt-werden der Richter erfolgreich verteidigt hatte - mit der Begründung, man wolle keinen Kampfhund züchten. Es ist zu befürchten, daß nun eine einseitige Selektion rein auf das Äußere eingesetzt hat, was dann wiederum zu Krücken wie bei den englischen Bulldoggen führen wird ...

Es gibt allerdings eine langfristige Gefahr bei konsequenter Inzucht über viele, viele Generationen. Man erzüchtet sich so Standortvarianten, die zwar im eigenen Millieu und eigenem Stall absolut robust und gesund sind, unter den veränderten Verhältnissen eines anderen Millieus und Stalles aber immunologisch versagen. Ein Beispiel hierfür ist der Armant aus Marokko, der zwar in seiner Heimat ein absolut kerniger, robuster und gesunder Hund ist, in Deutschland aber mit den dort heimischen Krankheitserregern schlichtweg nicht zurechtkommt und anfängt zu kränkeln.
Bei Mäuseinzuchtstämmen ist das ein echtes Problem, denn einerseits will man auch immunologisch möglichst homogene Mäuse haben, andererseits führt es zu Mäusestämmen, die bei jedem unbekannten Krankheitserreger gleich die Grätsche machen. So wird hier oft mit Hybriden zweier Inzuchtstämmen gearbeitet. Man erhöht damit die Hybridität, was wiederum zu einer besseren Anpassung an neue Krankheitserreger führt, gleichzeitig hat man aber die gewünschten durch und durch genetisch und immunologisch gleichen Mäuse.
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BeitragVerfasst am: 17.03.2006 03:07    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

hmm, du schreibst öfters, dass nachkommen von inzuchttiere kleiner sein sollen (bei gesunden tieren, bei denen das nicht zutrifft) oder sind (bei wirklich kranken tieren). doch was hat es auf sich? ist es ein zwingendes merkmal, dass der nachwuchs kleiner wird oder kann auch das gegenteil auftreten (mal abgesehen davon, dass es wie du schon erwähnt hast, arten gibt, die dann z.b. einen grösseren kopf haben)?

zum thema kleinere würfe, zumindest bei schlechter haltung ist es so, dass es tiere gibt, die dann auch grössere würfe auf die welt setzen. vielfach wird ja die wurfgrösse als kriterium zum messen der haltungsansprüche gewertet. bei der zucht ist das wohl etwas anders, da sind kleine würfe wohl ein schutzmechanismus, der verhindern soll, dass diese letztlich die gesunden tiere dominieren. andernfalls würden sie zusätzlich noch von der natur selektiert und wenn sie nicht eine gute strategie haben, kämen sie sowieso nicht weit. es ist ja längst nicht immer so, dass die stärksten und robustesten tiere überleben. teils sind andere merkmale und anpassungen an die umwelt wichtiger.

ich habe mir gerade eine theoretische überlegung gemacht... ist das richtig: angenommen wir haben zwei fälle, einen ersten fall mit zwei tieren, die sich nicht verwandt sind. tier 1 trägt in seinem erbgut veranlagung für krankheit x, tier 2 trägt veranlagung für eine total andere krankheit y. diese werden nun verpaart. 2. fall: ebenfalls zwei tiere, die sich aber verwandt sind. beide tragen veranlagung für krankheit z. diese werden nun auch verpaart. nun die gefahr, dass die nachkommen eine veranlagung für eine krankheit (x, y oder z) erben ist bei beiden nachwuchwürfen theoretisch gleich gross, oder? aber wenn man die veranlagungen betrachtet, dann ist es im zweiten fall warscheinlicher, dass sie veranlagung für krankheit z erben als im ersten fall entweder krankheit x oder y. auf mehrere zuchtfolgen könnte dadurch bei fremdverpaarungen (nach fall1) die nachkommen letztlich etwas gesünder sein, da es mehrere gene sind, die hier eine rolle spielen? die sich ev. gar beeinflussen oder geht das nicht, also dass ein gen (oder wäre allel die korrektere bezeichung?) x die wirkung von gen y hemmen kann?

Zitat:

Ich kann dir inzwischen genügend Beispiele von "Kaninchenzuchten" im Netz zeigen, wo die "Züchter" (mag das Wort gar nicht wirklich auf solche Leute anwenden, selbst Vermehrer ist richtiggehend beschönigend für das, was die tun!) mit sinnloser Fremdverpaarung gepäppelte Kaninchen einsetzen, die wiederholt schon zu kleine Würfe mit mißgestalteten Jungen zur Welt brachten, ohne daß sie begreifen, daß ihre in sooooo tierlieber Aktion geretteten und gepäppelten Ninchen nun wirklich keine Zuchttiere sind und nur immer wieder und wieder Junge zur Welt bringen werden, die hochgradig mißgestaltet und krank sind!

sowas kommt mir bekannt vor. meine schwester interessiert sich sehr für meerschweinchenzucht und will anfangen eine seriöse zucht aufzubauen, nachdem sie feststellen musste, dass eine zucht mit hausmeerschweinchen nicht sehr sinnvoll ist. sie regt sich dann immer wieder auf über leute, die keine ahnung haben was sie für tiere haben, weil sie von der meerschweinchengenetik und der möglichen kombinationen bei felltyp, -farbe, etc. keine ahnung haben.
gefährlich wird diese unkenntnis vor allem dann, wenn sie tiere verpaaren wollen, die einen lethalfaktor haben.

hach, ich merke schon, ich sollte mich wohl mal wirklich tiefer mit der ganzen theorie beschäftigen. ich bräuchte mal gute literatur (und natürlich zeit).
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 17.03.2006 08:40    Titel: Antworten mit Zitat

Da es hier nun doch etwas komplizierter wird, brauch ich exakt definierte Worte.
Gen: Wertfreies Stück Informationsträger in einem Organismus, der hauptsächlich als Blaupause für Merkmale fungiert.
Merkmal: Wertfreie Ausprägung von Eigenschaften. Merkmale sind also Farbe, Haarlänge, Größe, Diabetes, Glukosestoffwechsel, Haarwachstum, Anzahl roter Blutkörperchen, Immunantwort etc etc, also sehr unterschiedliche Dinge. Sie werden immer von ihrer Umwelt und von den Genen beeinflußt.
Chromosom: Verpackungseinheit für viele Gene
Genort: Der Platz, auf dem ein Gen sitzt
Allel: Die unterschiedlichen Ausprägungen eines Genes
haploid: Der Gensatz ist nur einmal vorhanden
diploid: Der Gensatz ist doppelt vorhanden, womit es möglich wird, Allele versteckt mitzutragen, ohne das diese ein Merkmal verursachen.

Größe
Das Kleinerwerden bei wachsender Reinerbigkeit, sprichweg ungerichteter Inzucht, kann nur bei diploiden Organismen beobachtet werden, die sich sexuell fortpflanzen. Bei ihnen liegen auf den unterschiedlichsten Genorten Allele, die die Größe beeinflussen. Gehen durch Inzucht solche Allele verloren, weil sie vordem nur mischerbig vorhanden waren und durch die Inzucht nun für das Allel Kleinheit homozygot werden, werden die Inzuchttiere mit der Zeit immer kleiner, bis eine bestimmte Grenze erreicht ist. Ab der bleibt die Größe, da nun jedes Allel homozygot für das Merkmal Kleinheit ist.
Es gibt aber noch einen anderen Effekt. Größe wird auch durch Heterozygotie verursacht. Da Größe aufgrund der unterschiedlich kodierenden Gene erstens nicht erforscht und zweitens sehr unübersichtlich ist, möchte ich das anhand von Punktschecken bei Kaninchen erklären.
Um einen Punktschecken zu erhalten, brauche ich auf dem Genort für Punktscheckung das Allel Vollfarbig und das Allel Weißling. Das Allel Vollfarbig bewirkt, daß das Kaninchen seine Farbe am ganzen Körper trägt. Beim Weißling sind nur wenige Stellen am Körper farbig, der restliche Körper ist Weiß.
Nur wenn beide Allele, das für Vollfarbig und das für Weißling, vorhanden sind, gibt es Kaninchen mit der typischen Punktscheckung.
Wenn ich nun eine kleine Population von einem Paar Kaninchen in Punktscheckung habe und nun diese statistisch korrekte acht Kaninchen, ein Pärchen vollfarbige Kaninchen, ein Pärchen Weißlinge und zwei Pärchen Punktschecken zur Welt bringen und zufälligerweise lasse ich nur das Pärchen in Vollfarben Junge bekommen und alle anderen Kaninchen eß ich auf, ist das Allel Weißling verlorengegangen. Ich werde nie wieder Punktschecken erhalten (es sei denn, die Mutation tritt wieder auf oder ich kreuze Punktschecke oder Weißling wieder ein)
Das Gleiche kann natürlich auch mit Größengenen passieren.

Nun sind viele Allele, die für Größe zuständig sind, leider auch für mangelnde Fitness zuständig. So wie das Allel Weißling für mangelnde Fitness zuständig ist. Bei den Kaninchen sieht man die Färbung und kann so gezielt die mischerbigen Punktschecken heraussortieren und damit in Inzucht weiterzüchten, ohne das was passiert, auch eine gezielte Verpaarung Punktschecke mal Vollfarbig ist möglich, um die weniger fitten Weißlinge zu umgehen.
Bei Größe sieht man aber nicht, welches Größenallel nun schon wieder seine schmutzigen Händchen im Spiel hat, man sieht nur eventuell eine geminderte Fitness und sortiert diese Tiere aus - und züchtet damit zufälligerweise auf Kleinheit.

Das ist aber noch nicht alles - es gibt noch mehr, wie Merkmale vererbt werden, außer dem Mendel. Denn die Mendelschen Regeln gelten nur, wenn die einzelnen Gene und Genteile schön brav auf ihren Chromosomen sitzenbleiben. Das tun sie aber nicht - Chromosomenstücke brechen manchmal ab, lagern sich an anderen Chromosomen an, Chromosomen überkreuzen sich, brechen und wachsen wieder an, ganze Chromosomenstücke können verloren gehen ... und damit eben auch Gene für Größe.
Bei Heterozygoten Tieren fällt das nicht auf, weil die kleineren Tiere halt mal auftreten und mal nicht. Vor allem, um die Heterozygotie zu erhalten, müssen große Populationen her - je größer eine Population ist, desto weniger Allele gehen verloren.
Ungerichtete Inzucht ist nur in kleinen Populationen möglich. Und je kleiner eine Population ist, desto leichter können Allele aus dem Genpool verschwinden. Damit tauchen immer mehr kleine Tiere auf ...

Bei gerichteter Inzucht kann man das Gegenteil erreichen. Man nimmt immer nur die größten Tiere zur Zucht und damit werden die Tiere mit wachsender Homozygotie immer größer! Wenn solche auf Größe gezüchteten Tiere mit anderen großen Tiere, die ähnlich über Inzucht entstanden sind, gekreuzt werden, kann man etwas ganz erstaunliches beobachten: die gesamte Nachzucht wird kleiner! Der Hybridisierungseffekt dreht sich nun plötzlich um!
Am Besten kann man es mit Doggen aus den Niederlanden und Bernhardiner aus Rußland ausprobieren. Beide Populationen sind hauptsächlich auf Größe hin gezüchtet, bei beiden Populationen findet man gute Inzuchtstämme - die F1-Generation ist merklich kleiner wie die Ausgangstiere. *G*

Trotzdem das immer wieder beobachtet werden kann, wird der Inzuchtdepression folgende Eigenschaften zugeschrieben: kleiner werdende Fitness, abnehmende Größe, zunehmende Unfruchtbarkeit, zunehmende Krankheitsanfälligkeit, zunehmende Bereitschaft zu Mißgeburten.

Dabei wird aber eine Sache vergessen:
Die verlorenen Gene
Mit Inzucht kann ich sehr schön für viele Merkmale die ungewünschten solange Aussortieren, bis ich zufälligerweise auch die Merkmalsträger mit aussortiert habe. Nur über Inzucht kann ich eine Population frei von einer bestimmten Erbkrankheit züchten.
Was ich mit Inzucht nur schwer bis gar nicht kann, ist die Heterozygotie für die Gene, die für das Immunsystem zuständig sind, zu erhalten. Dazu müßte ich nämlich meine Tiere den unterschiedlichsten Krankheitserregern etc aussetzen und riskieren, daß ich mir Seuchen einschleppe. Genauso müßte ich jedes Tier an möglichst unterschiedliche Orte verbringen und schauen, ob es das gesund überlebt oder nicht. Mach ich das nicht, werden nur die Allele für das Immunsystem überleben, die tatsächlich gebraucht werden, die anderen verschwinden. Das ist der Grund, weshalb sich durch Inzucht immer Standortvarianten bilden werden, die bestens an den Standort angepaßt sind, wo sie gezüchtet werden, aber an anderen Standorten sofort anfangen zu kränkeln.
Noch schlimmer ist es, wenn ich versuche, auch das Immunsystem bewußt homozygot zu bekommen, wie es bei den Labormausinzuchtstämmen versucht wird. Diese Mäuse sind dann so krankheitsanfällig, daß die normale Bakterienfauna außerhalb des Labors die Mäuse todsicher umbringt.

Die Krankheiten x, y und z
Gehen wir mal die Beispiele durch mit der Krankheit x, der Krankheit y und der Krankheit z. Auch hier müssen es diploide Organismen sein, ansonsten würden die Krankheiten x, y und z bei allen Merkmalsträgern auch ausbrechen. Die Allele sind rezessiv, sie werden also nur abgelesen, wenn sie doppelt vorhanden sind.
Um es einfacher zu machen, führe ich die passenden Allele X, Y und Z ein für das Merkmal Gesundheit.

Erste Generation, ich kreuze XxYY x XXYy und bekomme in der ersten Generation statistisch gesehen nur gesunde Tiere. Ich habe aber, ohne das ich es weiß, Merkmalsträger für beide Krankheiten! Die vererben ihre Allele nun beliebig weiter, es gibt ohne Inzucht keinen Mechanismus, dies zu verhintern!

Der Vergleich mit der Inzuchtverpaarung zweier Merkmalsträger:
Erste Generation, ich kreuze Zz x Zz und bekomme statistische drei gesunde Tiere und ein krankes.
Hört sich erst einmal schlecht an ... aber schauen wir mal weiter.

Zweite und folgende Generationen:

Die Tiere aus der ersten Verpaarung sollen ja auf gar keinen Fall ingezüchtet werden, sie bekommen also irgendwelche Partner, also das Muttertier, was meine beiden Zz zustandegebracht hat. Aus den Verpaarungen entstehen nun sogar Merkmalsträger für drei Krankheiten! Und ich weiß immer noch nichts davon!

Bei meiner Inzuchtverpaarung weiß ich nun, ich habe Merkmalsträger, und zwar für die Krankheit z. Nehmen wir an, die Krankheit ist noch nicht so schlimm, daß es ethisch unvertretbar ist, daß Tier für eine Probepaarung zu nehmen. Ich kreuze es nun mit all seinen Geschwistern. Die Folge: Ich habe nur einen einzigen Wurf, wo keine kranken Tiere auftauchen - und das ist genau das, was ich haben will! Der Nicht-Merkmalsträger. Und mit dem züchte ich dann weiter, ich habe die Erbkrankheit eliminiert.
Schwieriger wird es, wenn ich diese Probepaarung nicht machen kann, nun muß ich die gesunden Tiere miteinander verpaaren und mir bei jeder Paarung merken, wo kranke Tiere auftauchen - da sind dann zwei Merkmalsträger zusammengekommen. Sobald ich mehrere Tiere gefunden hab, welches nur gesunde Tiere zur Welt bringt, kann ich langsam anfangen, alle Merkmalsträger, die sich mit kranken Tieren in ihren Würfen verraten haben, zu eliminieren. Auch so komm ich zum Ziel - dauert nur länger.

Nach 100 Generationen:
Inzwischen hab ich die gesamte Population so miteinander verkreuzt, daß ich tatsächlich keine Inzucht habe - nur das Ergebnis ist nicht das erwartete. Inzwischen kommen die ersten Tiere, die vor 100 Generationen mal ein Allel für Krankheit mitbekommen haben, wieder zusammen. Das passiert ziemlich "plötzlich" und in der gesamten Population fallen plötzlich kranke Tiere.
Wenn es nur um x, y und z geht, so wird schließlich jedes 4. Tier mit Krankheit x oder y oder z geboren, jedes 16. Tier wird mit zwei Krankheiten geboren und jedes 32. Tier sogar mit drei Krankheiten!
100 Generationen hatte ich gesunde Tiere - aber nun, wo eben aufgrund der begrenzten Population die Linien wieder zusammenkommen, purzeln die Krankheiten nur so.
Dabei gibt es eine Grundregel, die zwar auch mehr als hinkt, wie alle solche Züchterischen Weißheiten, aber leider oft genug stimmt: Je mehr von der Wildform abweichende Merkmale ein Tier trägt, desto weniger vital ist es.
Beispiel Drosophila (kennst du bestimmt, diese kleinen lästigen Fliegen, die explosionsartig plötzlich da sind, wenn man im Sommer Obst rumliegen läßt)
Rotäugige Drosophila sind noch recht robust, stummelflügige auch und weiße Drosophila sind sogar für ihre Fruchtbarkeit berühmt - kombiniert man diese drei Merkmale auf einer Drosophila, sind die Tierchen kaum überlebensfähig ...

Bei meiner Inzuchtgeneration dagegen bin ich auch nach der 100. Generation frei von Erbkrankheiten (vorausgesetzt, es entstand keine neue durch Mutation.)
Sollte ich nicht selektiert haben, wird in jeder Generation jedes vierte Tier krank sein, die kranken Tiere nehmen nicht zu. Bis zur 100. Generation ist zwar der Kreuz- und Querstamm frei von Krankheiten gewesen, aber ab der 100. fallen dort mehr kranke Tiere wie in meinem Inzuchtstamm - und auch dort nimmt der Anteil krankter Tiere ohne Selektion nicht ab! Es sind nur mehr Krankheiten und damit eine höhere Wahrscheinlichkeit, daß ein Tier krank geboren wird.

Ach ja, mach es nicht an den 100. Generationen fest - es geht um den Zeitpunkt, wo eben schon jeder mit jedem in einer Population durfte und nun praktisch die Wahrscheinlichkeit, daß Merkmalsträger aufeinanderstoßen, extrem zunimmt. Züchterisch sind das katastrophale Zustände, weil man es vorher nicht erwartet hat und keine entsprechenden Zuchtregelungen treffen konnte, aber nur noch wenige Tiere hat, die keine Merkmalsträger sind.

Auch dafür gibt es Beispiele:
Kupferspeicherkrankheit beim Bedlingtonterrier, trat in reinen Inzuchtstämmen als erstes auf, wurde aber nie zum Problem, da sie schnell wieder rausgezüchtet war. Bei den Nicht-Inzuchtstämmen dagegen trat sie plötzlich innerhalb weniger Jahre weltweit auf und war kaum rauszubekommen, weil eigentlich nur jeder vierte Bedlington kein Merkmalsträger war. Erst mit modernen Untersuchungsmethoden konnten die Merkmalsträger sicher und ohne Inzucht erkannt (hier wurden die Gene direkt auf Defekte untersucht) und eliminiert werden.

Es gab beim Cockerspaniel zeitweise die sog. Cockerwut. Sie trat auch wieder plötzlich in unterschiedlichen Zuchten weltweit auf. Die Merkmalsträger wurden systematisch mit Probepaarungen mit betroffenen Tieren aufgedeckt und aus der Zucht genommen - es gab deswegen einen weltweiten Aufschrei. Andererseits war das Thema Cockerwut in der Zucht so schnell gegessen, wie es aufgetaucht war, innerhalb weniger Jahre gab es keine Merkmalsträger für Cockerwut mehr. Es sind meines Wissens bisher auch keine Tiere mehr mit diesem Merkmal aufgetaucht.

Bei den deutschen Schäferhunden ging man immer mehr ab von der Inzucht und versuchte, über Linienzucht weiterzukommen. Relativ plötzlich innerhalb von 10 Jahren tauchten weltweit in den 80er Jahren die ersten Tiere mit Rückenproblemen auf, die der Dackellähme oder dem Bandscheibenvorfall beim Menschen sehr ähnlich sind. Mit diesem Problem haben die deutsche Schäferhunde immer noch zu kämpfen.
Allerdings haben deutsche Schäferhunde auch mit anderen Krankheiten unterschiedlichster Art zu kämpfen, von chronischem Ohrenzwang über Magenempfindlichkeiten bis hin zu bestimmten Wesensschwächen.

Insgesamt ist das Günstigste immer noch, Inzuchtperioden mit Outcrossingsperioden abzuwechseln. Mit einem alleine kommt man nicht weit. Die Natur macht es vor - siehe Feldmaus. Mit Inzucht und der Verkleinerung einer Population kann man schnell Allele loswerden, die man nicht haben will, mit dem Outcrossing bekommt man wieder Allele in die Zucht, die nutzbringend sein können. Auf Mutationen warten müssen kann sehr mühselig sein ...

Auch hierfür ein Beispiel:
Die Entstehung der Burmilla (Katzenrasse).
Burmakatzen waren schon immer relativ selten gewesen und sind nie in großen Stückzahlen gezüchtet worden. Dadurch sind sie sehr homogen geworden, viele Allele, vor allem was Vitalität, Fruchtbarkeit und Krankheitsressistenz angeht, sind im Laufe von 70 Jahren Zuchtgeschichte schlichtweg verloren gegangen.
Irgendwann wurde Perser eingekreuzt, um eine neue Farbe zu erhalten. Die Kitten waren vitaler, fruchtbarer und krankheitsressistenter wie die Ausgangstiere. Sie wurden nun wieder auf Burma rückgekreuzt, um den Typ der Burma wieder zu erhalten und werden seitdem wieder ingezüchtet, ohne ihre neue Vitalität verloren zu haben. Die Nachteile beider Ausgangsrassen sind bei der Burmilla über Inzucht weggezüchtet worden.
Es wird aber auch bei der Burmilla irgendwann der Tag kommen, wo auch hier wieder ein Outcrossing nötig wird ...

Beeinflussung von Genen
Alle Gene beeinflussen sich in gewisser Weise. Nicht nur das, die Merkmale, die am Organismus beobachtet werden können, sind auch noch abhängig von der Umwelt.
Beispiel die Gene für Diabetes. Erst, wenn sie alle zusammenkommen, ist es möglich, einen Organismus zu erhalten, der mit Hungerzeiten bestens zurechtkommt.
Kommt aber ein solcher Organismus in eine Wohlstandsgesellschaft, wo er immer im Überfluß lebt, bricht Diabetes als Krankheit aus.

Beispiel für Sichelzellenanämie. Sichelzellenanämie bewirkt, daß Sauerstoff nicht mehr gut aufgenommen werden kann, betroffene Leute sind deshalb sehr schnell schlapp, nicht sehr ausdauernd und meist auch etwas kleiner wie andere. Dort, wo Malaria häufig ist, findet man einen hohen Prozentsatz an Sichelzellenanämie - sie sind resistent gegen Malaria!

Beispiel Merkmal übergroßes Herz:
Ein übergroßes Herz bringt Kreislaufprobleme mit sich. Ein früher Tod durch Herzversagen ist normal. Wenn aber das Merkmal übergroßes Herz mit den Merkmalen übergroßer Brustkorb und mehr Venenklappen gekoppelt ist, sind die betroffenen Menschen erst in der Lage, so enorme Höhen, wie z. B. die Anden, zu bevölkern. Diese Menschen sind trotz übergroßem Herz äußerst robust und auch im Flachland bekommen sie keine Kreislaufschwierigkeiten, können aber mit vergleichbar wenig Problemen große Höhenunterschiede schnell meistern. Von einem frühen Tod durch Herzversagen ist bei dieser Kombination nix zu spüren.
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BeitragVerfasst am: 18.03.2006 11:26    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

ich muss mich entschuldigen, momentan komme ich einfach nicht dazu den text zu lesen oder gar darauf zu antworten. ich habe ihn mal überflogen und er sieht sehr vielversprechend aus... sobald es meine zeit zulässt, dann werde ich ihn aber durchlesen und antworten.

(ich werde dann diese nachricht auch wieder löschen)
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BeitragVerfasst am: 18.03.2006 12:27    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

sry, ich konnte mich einfach nicht kürzer fassen - und es fehlt immer noch tierisch viel.
Ich hoffe nur, daß ich es halbwegs verständlich und nicht zu sehr vereinfachend und dadurch verfälschend geschrieben hab ...
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BeitragVerfasst am: 18.03.2006 14:53    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

ist doch kein vorwurf. im gegenteil, ich bin froh um so umfangreiche informationen, aber momentan fehlt mir die zeit für jeden grösseren text zu studieren. daher hab ich ja gesagt, ich werde das später noch nachholen.
ich habs geschrieben, damit du bescheid weisst, dass ichs gesehen hab und nicht vergessen, sondern momentan einfach keine zeit dafür hab.

edit:
*durchgelesen* ich schreibe sobald ich zeit habe noch ein paar gedanken auf. es sind mir durch die lektüre dieses textes wieder ein paar fragen gekommen... aber so langsam fange ich an die elementarsten grundlagen zu begreifen, allele, genpool, diploid, heterozygote allele,...
übrigens vor einer weile fragte ich mich übrigens was das 2n58 (zahl könnte auch falsch sein, hab jetzt irgendwas geschrieben) heissen soll, bei den chromosomen der degus, das hat sich jetzt wohl geklärt Wink
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BeitragVerfasst am: 22.03.2006 02:44    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

also der text hat mich nun wieder etwas vorwärts gebracht.

nun frage ich mich aber, was tut man bei populationen von tiere, bei denen von der grössenordnung gar nicht möglich ist, inzucht zu vermeiden? ich meine, eine population von wenigen tiere, die vom aussterben bedroht sind und nun möchte man die erhalten und ggf. deren verstand wieder vergrössern. da kann man nicht einfach dann andere tiere von einer anderen (nicht existierenden) population nehmen und einkreuzen und so den genpool zu vergrössern. das ist doch eine sehr heikle angelegenheit, oder? man muss schauen, dass deren genpool sich möglichst nicht verkleinert, sondern eben, dass durch die zucht die heterozygotie bewahrt wird. schliesslich darf sich der genpool möglichst nicht verkleinern, da er sonst kaum mehr wiederhergestellt werden kann (ich nehme mal an, dass so eine mutation doch eher ein seltenes phänomen ist im vergleich dazu, wie schnell man eine bestimmte eigenschaft aus dem genpool der population herauszüchten kann).

dann beschäftigt mich noch eine zweite thematik. wenn wir jetzt das thema zucht öffentlich ansprechen würden, wie wäre das risiko zu beurteilen, wenn wir jetzt klar erwähnen würden, dass beste zuchtresultate eben beides brauchen, zeitweise gezielte inzucht, bei der streng selektiert wird und versucht wird ungeeignete merkmale herauszuzüchten und perioden, bei denen wiederum der genpool der zuchtpopulation angereichert wird und auf inzucht also strikt verzichtet wird. könnte das vielleicht dazu führen, dass sich leute in ihrer willkür bestätigt fühlen verantwortungslos zu züchten, mal inzucht mal wieder nicht, ist doch egal, ich bin eben ein professioneller züchter (einfach mit dem unterschied, dass sie nicht verstanden haben, dass sie von der professionellen zucht unterscheidet, dass letztere gezielt eine strenge selektion betreiben und verpaarung auf ein bestimmtes ziel hin vornehmen).
also mit anderen worten, was ich mich frage, wie gross ist quasi der schaden, wenn jemand absichtlich inzucht betreibt, der keine ahnung davon hat. ist das schlimmer als wenn er davon absehen würde? kurzfristig gesehen, sicher schon, da dadurch kranke tiere sich schnell mehren, weil die rezesiven gene hervorkommen. langfristig gesehen sterben aber eher die tiere mit kranken genen und die krankheiten kommen zum vorschein im gegensatz dazu, wenn die inzucht vermieden würde. aber unter berücksichtigung aller faktoren, was wäre quasi das kleinere übel? das ist m.e. doch eine heikle frage zum beantworten, oder?

und noch eine fragestellung, die mich interessieren würde. der positive effekt von inzucht und inzuchtfreien perioden würde zerstört, wenn man jetzt entweder diese interwalle zu kurz wählen würde oder wenn man abwechslungsweise einmal inzucht und wieder einmal neues blut einkreuzen würde, oder? dazu käme, dass das einkreuzen von nicht verwandten tiere dazu führt, dass die zucht erst mal wieder etwas zurückgeworfen wird und merkmale, die man in vergangener zeit mühsam gefestigt hat, müssen wiederum in der kommenden zeit durch gezielte verpaarungen gefestigt werden, ist das richtig?
...irgenwie ist das ein total spannendes thema. auch wenn ich nicht die absicht verfolge, das umzusetzen (ich habe weder die zeit, noch den platz und merke ich jetzt je länger je mehr, wie wenig ich wirklich wüsste um das thema seriös anzugehen). was mir aber je länger je mehr klar wird, all diese kinderzimmervermehrer, sie wissen zum einen gar nicht, was sie anstellen mit ihrem handeln und zum anderen bei all diesen komplexen fakten, da würde sich der kreis der leute, die tatsächlich seriös züchten auf eine kleine hand voll leute schrumpfen... ein graus zu lesen, was sich im internet da alles züchter nennt, egal ob die 14 jährige susi, die kleine meerschweinchen so süss findet und daher gerne meerschweinchen vermehrt oder klara, mutter von zwei kinder, die keine ahnung von zucht hat, ihren züchter deshalb vertrauenswürdig findet, da er viele komplizierte fachausdrücke verwendet und sehr nett ist (sie weiss aber nicht, dass er diese fachausdrücke auch nur irgendwo aufgeschnappt hat und diese selber nicht korrekt verwendet, da er fast genau so wenig ahnung von der genetik und vererbungslehre hat wie die susi). diese beiden beispiele stehen exemplarisch für eine vielzahl von leute, die sich züchter nennen oder solchen züchter vertrauen, aber nicht wissen worin genau sich der seriöse züchter von dem vermehrer unterscheidet.

und noch zum verständnis, inzest bei menschen ist gesetzlich ja verboten. könnte es sein, dass daher auch die grosse abneigung und skepsis gegenüber inzucht bei tiere stammt, vor allem von unerfahrenen tierhalter bezüglich zucht. bei menschen wäre es ja quasi undenkbar, dass man da sowas wie testverpaarungen und selektion durchführen würde, mittel die bei der tierzucht nötig sind, um mit inzucht sinnvolle ergebnisse zu bekommen. daher ist es nur verständlich, dass dieses verbot existiert.
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BeitragVerfasst am: 22.03.2006 11:10    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

davX hat Folgendes geschrieben:
also der text hat mich nun wieder etwas vorwärts gebracht.

Danke, dann schein ich ja doch die richtigen Worte gefunden zu haben Smile

Zitat:

nun frage ich mich aber, was tut man bei populationen von tiere, bei denen von der grössenordnung gar nicht möglich ist, inzucht zu vermeiden? ich meine, eine population von wenigen tiere, die vom aussterben bedroht sind und nun möchte man die erhalten und ggf. deren verstand wieder vergrössern. da kann man nicht einfach dann andere tiere von einer anderen (nicht existierenden) population nehmen und einkreuzen und so den genpool zu vergrössern. das ist doch eine sehr heikle angelegenheit, oder?

Ich muß ganz ehrlich sagen - wenn ich jemals in ein Erhaltungszuchtprogramm mitmache, werde ich mir die Verpaarungen vorschlagen lassen, da ich weder die notwendigen Kenntnisse habe noch das notwendige Fingerspitzengefühl dafür hab.

Du hast das Problem, du hast ja auch in deiner Restpopulation erwünschte Eigenschaften und unerwünschte Eigenschaften. Dabei ist aber überhaupt nicht bekannt, welche Eigenschaften erwünscht sind und welche nicht - noch schlimmer, es sind nicht mal die für die erwünschten Eigenschaften nötigen Genkonstellationen bekannt.
Du kannst im Grunde genommen also nur versuchen, möglichst viele Nachkommen mit möglichst vielen Elternkombinationen zu produzieren. Garantiert unerwünschte Merkmale kannst du dann wie die Natur auch bei Sichtbarwerden raussortieren (Albinismus und andere Farbmutationen, nicht lebensfähige, verstümmelte, kranke oder unfruchtbare Nachkommen etc), was du aber nicht kannst, ist, die Trägertiere dieser Eigenschaften aussortieren, denn JEDES Zuchttier ist bei einer solchen Erhaltungszucht enorm wichtig, man kann also nicht mal drauf verzichten, wenn man weiß, daß häufige Fehlgeburten, Zahnfehlstellungen oder ähnliches vererbt werden.
Leider führt aber eine solche Zucht sehr schnell zur Anreicherung diverser Eigenschaften, die eigentlich unerwünscht sind.
Selektiert man aber, verändert man die Restpopulation. Das ist bei alten Haustierrassen noch ok, aber da bei Wildtierarten kann man ja gar nicht die Natur mimen, sondern man paßt ungewollt die Wildtiere den Haltungsbedingungen an! Dies führt meist zu einer Superart, die sich nun nach Aussetzen als besonders fit erweist und die über jahrtausende entstandene und eventuell noch vorhandene Restpopulation endgültig vernichtet. Auch wenn das nicht gerne so gesehen wird, und das Biberprojekt als absoluter Erfolg dargestellt wird, hier ist genau das passiert!
Wir hatten noch Restpopulationen von europäischen Bibern in Deutschland. Es wurden mit Hilfe von spanischen, englischen und sonstigen Bibern Gefangenschaftspopulationen aufgebaut und diese Tiere dann in Bibergebieten zur Stützung der wilden Biber ausgesetzt. Die gezüchteten Biber haben sich nun vollständig gegenüber den reinen Wildbiberlinien durchgesetzt, der über jahrtausende entstandene europäische Biber mit seinem gegenüber Gefangenschaftspopulationen reichhaltigeren sozialen Verhalten existiert nur noch in Nordamerika, insbesondere Kanada, wo man zur Stützung der dortigen Wildpopulation wilde europäische Biber ausgesetzt hat.
In Nordamerika wiederum haben sich die nordamerikanischen Biber nicht mit den Europäern vermischt - bis man davon ausging, daß sind zwei Arten und kurzerhand für die Stützung der nordamerikanischen Biber nachgezüchtete Tiere freisetzte - die haben sich wiederum munter mit Nordamerikanern und Europäern gekreuzt und sind in den Gebieten, in denen sie ausgesetzt wurden, dabei, die ursprünglichen Wildpopulationen endgültig zu verdrängen!

Aber damit nicht genug - es gibt ja auch Arten mit einer geringen Nachkommenzahl, die zudem auch noch Inzest- oder sogar Inzuchtschranken aufgebaut hat.
Was macht man also nun mit den Elefanten, wo man nur eine Elefantenkuh mit zwei Töchtern und einem Sohn hat?
Man muß die angeborene Inzestsperre umgehen, und den Sohn über künstliche Besamung dazu bringen, seine Mutter und seine Geschwister zu decken! Nicht nur das - da man das über die nächsten Generationen machen muß, wird nun das Paarungs- und Werbungsverhalten der Elefanten stark verändert, denn Elefanten, die sich weniger zieren bei der Samenabnahme, werden auch zwangsweise häufiger Samen geben und deshalb eben verstärkt zur Zucht kommen - also genau eine unerwünschte Eigenschaft, auf die unbewußt, bzw weil es anders gar nicht geht, hinselektiert wird! Zudem kommt, daß damit sehr schnell eine Änderung der Fruchtbarkeit einherkommt, denn man will ja möglichst viele Elefanten von der Restpopulation herausbekommen. Es werden also Kühe mit unnatürlich kurzen Geburtsabständen bevorzugt - eine weitere Förderung unerwünschter Eigenschaften.
Nacht etlichen Jahrzehnten dieser ungewollten, aber nicht vermeidbaren Selektion hat man eine neue Elefantenvariante geschaffen, die eventuell gar nicht mehr in der Natur überlebensfähig ist - oder, das häufigere Phänomeen - eine Superart geworden ist, die sich unkontrolliert vermehrt und somit ihren Lebensraum zerstört, was bei der ursprünglichen Population nicht möglich war.
Beim Aussetzen einer solchen Art stört man nun also wiederum die im Aussetzungsgebiet vorhandenen Pflanzen, was wiederum zum Aussterben weiterer Organismen nach sich ziehen kann. Dies passiert um so eher, je mehr das Zielgebiet ein abgeschlossenes System darstellte, bei der nur selten bis gar nicht Zuwanderungen neuer Arten stattfanden (Inseln, Oasen etc).

Und es geht noch weiter - hier kommt etwas relativ unerforschtes ins Spiel, was durch die Gentechnik aktueller geworden ist, wie uns lieb sein kann: der horizontale Gentransfer.
Beim horizontalen Gentransfer werden Gene von einer Art auf eine ganz andere Art übertragen. Das passiert nicht nur über Gentechnik, die hat sich die Mechanismen auch nur in der Natur abgeschaut, sondern das passiert tagtäglich auch natürlicherweise. So ist ein bestimmtes Bodenbakterium, Agrobakterium tumefasciens, in der Lage, Gene aus Pflanzen herauszuschneiden und über die Infektion weiterer Pflanzen die Gene dort wieder einzubauen. Das klappt so gut, daß es in einer meßbaren Anzahl von Pflanzen zu neuen Genkonstellationen kommt, d. h. es kann beispielsweise ein Gen aus dem Wildweizen ausgeschnitten werden und in eine andere Grasart, nehmen wir einfach mal den Wildroggen, wieder eingebaut werden. Das braucht nur bei einer Pflanze zu passieren, wo das Gen in die Keimbahn gelangt und fest eingebaut wird, und schon wird das Gen über Windbestäubung auf die umliegenden Roggenpflanzen übertragen.
Wie oft so etwas stattfindet und ob es ein generelles Phänomeen ist, ist unbekannt, aber es gibt immer mehr Hinweise dafür, daß dieser horizontale Genverkehr auch bei Säugetieren funktioniert, nur daß hier wiederum Gene meist durch Vireninfektion in Darmbakterien eingebaut werden und durch anschließende Wurminfektion die Gene weiterverbreitet werden können. Bei Verbreitung der Würmer muß nun wieder eine Virusinfektion die Gene auf die neue Säugerart übertragen.
Man weiß, daß es dagegen Schutzmechanismen gibt - daher stärkt z. B. eine Wurminfektion das Immunsystem generell, aber man weiß nicht, ob und wie häufig natürlicherweise so etwas stattfindet und ob es nicht sogar direktere Methoden der Übertragung von Genen zwischen den Säugerarten gibt.
Wird nun also eine australische Art in Europa vermehrt, kommen unter Umständen hier durch horizontalen Genverkehr fremde Gene in die Art, die es in Australien noch gar nicht gibt - sie verfälschen die Art noch zusätzlich und niemand kann was gegen tun, weil die Mechanismen, die dahinterstecken, schlichtweg unbekannt sind!

Arterhaltung über Zucht ist deswegen äußerst heikel!

Zitat:

wenn wir jetzt das thema zucht öffentlich ansprechen würden, wie wäre das risiko zu beurteilen, wenn wir jetzt klar erwähnen würden, dass beste zuchtresultate eben beides brauchen, zeitweise gezielte inzucht, bei der streng selektiert wird und versucht wird ungeeignete merkmale herauszuzüchten und perioden, bei denen wiederum der genpool der zuchtpopulation angereichert wird und auf inzucht also strikt verzichtet wird. könnte das vielleicht dazu führen, dass sich leute in ihrer willkür bestätigt fühlen verantwortungslos zu züchten, mal inzucht mal wieder nicht, ist doch egal, ich bin eben ein professioneller züchter (einfach mit dem unterschied, dass sie nicht verstanden haben, dass sie von der professionellen zucht unterscheidet, dass letztere gezielt eine strenge selektion betreiben und verpaarung auf ein bestimmtes ziel hin vornehmen).

Du änderst mit einer Aufklärung in der Richtung bei Ignoranten gar nix, weder positiv noch negativ. Es ist einfach wurscht, ob der Ignorant nun mit deinem zahnkranken Rammler eine unter Haarausfall leidende Häsin deckt oder nicht, er wird kranke Tiere produzieren - aber du erreichst vielleicht den ein oder anderen, der eine ernsthafte Zucht betreiben will und nicht weiß wie.
Wenn du eine solche Person dazu bekommst, sich einen gut durchgezüchteten Inzuchtstamm zuzulegen, kann nun auch erstmal für die nächsten Generationen nicht mehr viel passieren, derjenige kann intuitiv erlernen, was Geburt und Aufzucht bedeutet ... kommt der/diejenige auf den Geschmack und will richtig züchten, wird von allein angefangen, zu selektieren, es werden neue Tiere eingekreuzt und Mutationen ausgenutzt - und hier zeigt sich dann, wie lernfähig der Neuzüchter ist. Denn schafft er es, in seiner Zucht vorwärtszukommen, dann hat er die Grundprinzipien der Selektion intuitiv verstanden und kommt damit klar, auch wenn er weder von Mendel noch von Freud oder Gentransfer und Zuchtmethoden jemals was gehört hat ... kommt er in der Zucht nicht voran, gibt er irgendwann auf und schimpft auf den inkompetenten Züchter, der ihm die ersten Zuchttiere gegeben hat - ist also bestenfalls noch ne Witzfigur!
Ein Schaden entsteht daraus nur selten.
Tabuisiert werden muß die mangelnde Selektion ... "Mein Tier kommt aus Vermehrung, die haben mit kranken Tieren gezüchtet ..." oder "Böser Kinderzimmerzüchter - die Eltern hatten schon Zahnprobleme"

Zitat:

und noch eine fragestellung, die mich interessieren würde. der positive effekt von inzucht und inzuchtfreien perioden würde zerstört, wenn man jetzt entweder diese interwalle zu kurz wählen würde oder wenn man abwechslungsweise einmal inzucht und wieder einmal neues blut einkreuzen würde, oder?

Die Natur arbeitet ungerichtet - du kannst einfach nicht sagen, wie viele Generationen die Inzuchtlinie braucht und wann ein Outcrossing vorgenommen werden muß. Das ist das Fingerspitzengefühl des Züchters, hier schneller wie die Natur zu sein ...
Ich hatte mir beispielsweise angefangen, bei meinen Kaninchen in dritter und vierter Generation die ersten reinstämmigen Linien aufzubauen. Besonders vielversprechend fand ich eine Weißlingshäsin, die keinerlei Probleme mit den Magen hatte, aber dafür aussergewöhnlich fruchtbar war, zwei Mischlingsrammler und natürlich ein paar reinerbige Tiere, die besondere Eigenschaften zeigten. Sie alle waren für mich eine Verbesserung und hatten weniger unerwünschte Eigenschaften wie die Ausgangstiere und mehr erwünschte. Die Fruchtbarkeit war enorm gestiegen, die Futterverwertung war bei allen Tieren enorm.

Mit der Weißlingshäsin hatte ich sogar etwas besonderes in der Hand - die Magenempfindlichkeit, die bei reinerbigen Punktschecken die Fitnes drückt, war bei ihr auf einem anderen Gen gelangt. Ich hätte nun nur noch über eine solidfarbenen Rammler mir Punktschecken ziehen müssen, aus denen ich über Inzest mir dir reinerbig magenresistenten Weißlinge vorgeholt hätte. Die wiederum hätten als Linie zur Hybridisierung herhalten müssen, damit ich meine Fleischproduktion weiter steigern kann bei minimalem Fütterungsaufwand.

Mir kam RHD, eine Seuche, dazwischen und ich habe fast alle Zuchttiere, die ich mir ausgeguckt hatte, verloren. Die Weißlingslinie ist für mich zur Utopie geworden, ich habe diese Genkombination verloren, alle entstehenden Weißlinge werden magenempfindlich sein und sind also zu vermeiden bzw taugen nur zur Fleischproduktion.
Ich habe von den Zuchttieren nur noch eine reinerbige Häsin sowie ein paar Tiere, die zu viele negative Eigenschaften tragen und deshalb eigentlich nicht in die Zucht sollten - ich muß nun wieder, ob ich will oder nicht will, ein Outcrossing machen, wenn ich retten will, was noch zu retten ist! Damit wird aber vorraussichtlich in den nächsten zwei bis drei Generationen alles verschwinden, was ich erreicht habe - ich kann also die Scherben zusammenkehren und wieder von vorn anfangen. Der einzige Vorteil, denn ich nun habe, ist der, daß ich weiß, worauf ich bei meinen Linien achten muß, um die unerwünschten Eigenschaften schnell wieder draußen zu haben und daß ich weiß, was möglich ist ...
Das sind innerhalb von acht Generationen gleich zwei Outcrossings! Linien kann ich mom auch vergessen - es geht erst mal darum, überhaupt wieder so viele Kombinationen zu sammeln, daß ich endlich wieder schauen kann, auf was ich die Linien aufbauen will. Das sind nun wieder drei bis fünf Generationen wildes Herumgepaare! Dann erst kann ich überhaupt daran denken, über Inzucht wieder meine Linien aufzubauen, die ich dann wieder bei Bedarf kombinieren kann.
Mein Problem dabei - im Gegensatz zu vorher, wo ich die kombination zwei eng miteinander verwandter Inzuchtlinien vereint bekommen hab, die Tiere also "erbstabil" waren und keine großen Überraschungen brachten, hab ich nun eine reinerbige "erbstabile" (welch blödes Wort!) Häsin und drei Hybriden, bei denen sich erst erweisen muß, was sie alles für erwünschte und unerwünschte Eigenschaften mitbringen. Dazu kommt, daß ich vor der RHD ein sehr zweifelhaftes Outcrossing über einen Zwergwidderrammler gemacht hab und damit ein furchtbares genetisches und unüberschaubares Gewusel an neuen Eigenschaften hab. Das kann positiv aber auch negativ sein.

Wenn ich mehr Platz hätte, gäbe es noch eine andere Möglichkeit - ich würde auf Deibel komm raus aus den noch vorhandenen Tieren Nachwuchs produzieren und dann mit diesem geordnet weiterzüchten. Eventuell wäre es mir dann möglich, gleich Inzuchtlinien aufzubauen, mit denen ich dann weiterkomme. Wenn allerdings durch die RHD zu viele Eigenschaften verloren gegangen sind, wäre genau das eine Sackgasse - ich würde meine Tiere nicht verbessern können.

Zitat:

dazu käme, dass das einkreuzen von nicht verwandten tiere dazu führt, dass die zucht erst mal wieder etwas zurückgeworfen wird und merkmale, die man in vergangener zeit mühsam gefestigt hat, müssen wiederum in der kommenden zeit durch gezielte verpaarungen gefestigt werden, ist das richtig?

Jap!

Zitat:

(ich habe weder die zeit, noch den platz und merke ich jetzt je länger je mehr, wie wenig ich wirklich wüsste um das thema seriös anzugehen).

Zeit brauchst du, ohne eine Aufzeichnung deiner Züchtungsschritte und genauem Verfolgen der Entwicklung deiner Tiere ist eine Zucht nicht möglich. Dabei ist es egal, ob du deine Aufzeichnungen nur im Kopf hast, wie die Berber, oder ob du das ganze Computergestützt machst oder ne Blättersammlung anlegst.
Platz brauchst du nur wenig, wenn du dich auf entsprechende Arten beschränkst, ideal sind da Guppy und Kampffisch. Vom ersteren kann man sich innerhalb von sieben bis zehn Generationen inzuchtresistente Stämme aufbauen, die keine herabgesetzte Fitnes unter wechselnden Bedingungen aufweisen, bei zweiterem hat man schon eine inzuchtresistente Art. Man kann sich also an das Schaffen von neuen Formen oder ähnlichem machen.

Zitat:

was mir aber je länger je mehr klar wird, all diese kinderzimmervermehrer, sie wissen zum einen gar nicht, was sie anstellen mit ihrem handeln und zum anderen bei all diesen komplexen fakten, da würde sich der kreis der leute, die tatsächlich seriös züchten auf eine
kleine hand voll leute schrumpfen...

Ich hab als Kinderzimmerzüchter mit Zwergwachteln angefangen - und innerhalb kürzester Zeit einen erbstabilen, winterharten Zwergwachtelstamm aufgebaut. Ich hatte keine Ahnung von Zucht - aber ich hatte gut beobachtet und entsprechend meine Tiere zusammengestellt, der Rest war Intuition.
Wenn ich bedenke, daß ich damals nur ganze drei bis vier Generationen gebraucht hatte, ohne das Fruchtbarkeit oder Krankheitsresistenz irgendwie heruntergingen, möchte ich im nachhinein gerne wissen, WIE ich es gemacht hab ... schließlich hab ich nicht mal gezielt verpaart, sondern zum Teil die Tiere mitentscheiden lassen bei der Partnerwahl.

Andere wälzen Bücher, setzen das Gelesene buchstabengetreu um und kommen und kommen einfach nicht zum Ziel.

Dazwischen hast du alles ... und hier wäre wichtig, die Kinderzimmerzüchter anzusprechen, die zwar Talent haben, aber nicht wissen, worauf sie achten sollen. Damit wär schon ne Menge getan. Der Rest müßte eigentlich abgeschreckt werden - Zucht ist gaaaaanz schwer und kompliziert! Auch das würde eine Menge Tierleid helfen zu verhindern, weil dann im Idealfall nur noch die Leute züchten, die entweder Talent haben oder aber genügend Wissen zusammentragen.
In Foren könnte man Zuchtprobleme gut ansprechen und gemeinsam individuell lösen, dadurch würde Wissen weitervermittelt werden aber auch die Intuition gefördert werden. Wir machen das ja jetzt schon mit dem Deguforum mit Erfolg, es gibt ja ein paar Newbies, die sich zutrauen, jetzt schon selbst zu mischen - wer sich das nicht zutraut, kauft halt Fertighappahappa.

Zitat:

und noch zum verständnis, inzest bei menschen ist gesetzlich ja verboten. könnte es sein, dass daher auch die grosse abneigung und skepsis gegenüber inzucht bei tiere stammt, vor allem von unerfahrenen tierhalter bezüglich zucht. bei menschen wäre es ja quasi undenkbar, dass man da sowas wie testverpaarungen und selektion durchführen würde, mittel die bei der tierzucht nötig sind, um mit inzucht sinnvolle ergebnisse zu bekommen. daher ist es nur verständlich, dass dieses verbot existiert.

Menschen sind Tiere mit einer geprägten Inzestschranke. Das haben Menschen mit fast allen Primaten gemeinsam, es gibt da nur wenige Ausnahmen. Du kannst es innerhalb indigener Kulturen beobachten - wer als Geschwister in einer Vater-Mutter-Kind-Familie aufwächst, wird sich weder in den Vater, noch in die Mutter, noch in die eigenen Geschwister verlieben können. Ausnahme sind nur sehr wenige, meist Hochkulturen, wie z. B. die Spartaner.
Bei denen wuchsen die Männer ab dem dritten bzw ab dem fünften Lebensjahr in reinen Männergesellschaften auf. Die Folge:
1. Das Verlieben innerhalb des Geschlechtes war bei den Spartanern so ungewöhnlich häufig, daß andere Griechen immer wieder davon berichtet hatten.
2. Zwangsheiraten und Vergewaltigungen waren in Sparta an der Tagesordnung und wurden kulturell gestützt.
3. Geschwisterpaarungen waren häufig und wurden deshalb irgendwann verboten - dieses Verbot war in keiner anderen griechischen Stadt notwendig! Es kam in keiner anderen griechischen Stadt vor!
Paarungen zwischen Elter und Kind dagegen blieben in Sparta weiterhin legal und waren so häufig zu beobachten, daß auch dort viel bei den andern Griechen drüber geschrieben wurde, in Sparta selbst dagegen gibt es dafür keine Hinweise im Schriftverkehr! Es muß also alltäglich gewesen sein!
4. Die Frau galt nur als Produzentin für Kinder ...

Inzucht dagegen, wie die Verpaarung zwischen dem Sohn von der Mutter und der Tochter von der Schwester der Mutter ist bei Menschen natürlicherweise möglich, aber schon seltener. Häufig ist die durch kleine Populationen nötige weite Inzucht, teilweise waren die Zuchtgemeinschaften (Horden) nur zwischen 50 und 300 Menschen groß.
Das deckt sich auch mit den meisten anderen Primaten, wobei es da sowohl strengere Inzuchtgrenzen gibt, wie bei den Löwenäffchen oder weniger strenge, wie bei den Nachtaffen.

Das ist aber nicht der Grund, daß man sich überhaupt Gedanken um Inzucht macht - denn das ist nur aus gesellschaftlichen Gründen notwendig. Die Inzestschranken wirken in den meisten Kulturen so gut, daß niemand auch nur darüber nachdenkt, weshalb es niemanden gibt, der seine Schwester heiratet.
Der Grund der Ablehnung der Inzucht ist die seit dem 15. Jhr. andauernde Belehrung der Kirche, die im 16. Jhr. sogar lokal versuchte, alles unter Inzucht zu definieren, was bis ins siebte Glied ging - dabei wurde nicht einmal zwischen genetischer und familiärer Verwandschaft unterschieden.
Diese starke Werbung gegen Inzucht im weitesten Sinne ging übrigens Hand in Hand mit der Ausrottung des Wissens über natürliche Empfängnisverhütung, Verdammung der Hebammen, Schlecht machen von Stiefmüttern und Stiefvätern, Ächtung der Scheidung und der Hexenverfolgung.
Das ganze wirkt auch heute noch nach - alleine nur, wenn ein Mann seine adoptierte Stiefschwester heiraten will, ist das in Europa, wenn überhaupt, nur mit Schwierigkeiten möglich. Gleichzeitig war und ist die Inzucht auch in der Tierzucht verpönt - erst Trumler hatte aufgezeigt, daß Inzucht zumindest bei Tieren durchaus auch positive Aspekte haben kann.
Allerdings wurde Inzucht bei Haustieren auch in Europa schon immer praktiziert, zum Teil auch sehr bewußt! Nur wurde darüber wenig bis gar nicht gesprochen ...

Allerdings sind wir hier in einem ganz anderen, fast noch interessanterem Themenkreis angelangt.
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BeitragVerfasst am: 23.03.2006 02:40    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

hallo,

ich hätte noch einen interessanten und sehr umfangreichen text zum thema zucht. allerdings ist er nicht öffentlich und ich möchte ihn sicher nicht einfach so publizieren. er stammt aus einem anderen forum.

was mir bis anhin gar nicht so bewusst war, dass eben all die theorie bloss ein teil der ganzen geschichte ist und die erfahrung selber ja auch wichtig ist. um eine gesunde zucht aufzubauen braucht man wirklich nicht zwingend all das fachwissen zu genetik und vererbung... mit glück und einem guten händchen für die auswahl und aussortierung der richtigen tiere kann man wie schon erwähnt unter umständen erfolgreicher sein. daran hatte ich erst gar nicht gedacht.

Zitat:

Zeit brauchst du, ohne eine Aufzeichnung deiner Züchtungsschritte und genauem Verfolgen der Entwicklung deiner Tiere ist eine Zucht nicht möglich. Dabei ist es egal, ob du deine Aufzeichnungen nur im Kopf hast, wie die Berber, oder ob du das ganze Computergestützt machst oder ne Blättersammlung anlegst.

ja, das ist mir auch klar. das gehört eben dazu, wenn man sich seriös der sache widmen will und nicht bloss mit willkür etwas pfuscht.

Zitat:

Platz brauchst du nur wenig, wenn du dich auf entsprechende Arten beschränkst, ideal sind da Guppy und Kampffisch. Vom ersteren kann man sich innerhalb von sieben bis zehn Generationen inzuchtresistente Stämme aufbauen, die keine herabgesetzte Fitnes unter wechselnden Bedingungen aufweisen, bei zweiterem hat man schon eine inzuchtresistente Art. Man kann sich also an das Schaffen von neuen Formen oder ähnlichem machen.

gut an solche arten hab ich jetzt ehrlich nicht gedacht und es liegt mir auch nicht wirklich nahe. mit wassertiere kann ich irgendwie nicht viel anfangen... dann schon eher etwas spinnen- oder insektenmässiges... Augenrollen wobei, ob sich sowas sinnvoll züchten lässt? aber im ernst, das thema zucht im praktischen sinne hat für mich zur zeit keine relevanz noch reiz. da vermehre ich lieber ohne schlechtes gewissen pflanzen *g* (und verfüttere sie dann den degus Very Happy).

Zitat:

Das ist aber nicht der Grund, daß man sich überhaupt Gedanken um Inzucht macht - denn das ist nur aus gesellschaftlichen Gründen notwendig. Die Inzestschranken wirken in den meisten Kulturen so gut, daß niemand auch nur darüber nachdenkt, weshalb es niemanden gibt, der seine Schwester heiratet.
Der Grund der Ablehnung der Inzucht ist die seit dem 15. Jhr. andauernde Belehrung der Kirche, die im 16. Jhr. sogar lokal versuchte, alles unter Inzucht zu definieren, was bis ins siebte Glied ging - dabei wurde nicht einmal zwischen genetischer und familiärer Verwandschaft unterschieden.

hmm, ich hätte es mir eigentlich denken können... es ist schon erstaunlich, dass trotz aufklärung und so viele jahre/jahrhunderte später das immer noch so stark nachwirkt. mir wäre es lieber, das wäre bei dem wissen unserer vorfahren im umgang mit der natur so und die leute würden nur mit grosser abscheu all dieser verpackungswahn und diese plastiktüten akzeptieren und statt dessen lieber naturbelassenen produkte den vorzug geben...

Zitat:

Dazwischen hast du alles ... und hier wäre wichtig, die Kinderzimmerzüchter anzusprechen, die zwar Talent haben, aber nicht wissen, worauf sie achten sollen. Damit wär schon ne Menge getan. Der Rest müßte eigentlich abgeschreckt werden - Zucht ist gaaaaanz schwer und kompliziert! Auch das würde eine Menge Tierleid helfen zu verhindern, weil dann im Idealfall nur noch die Leute züchten, die entweder Talent haben oder aber genügend Wissen zusammentragen.
In Foren könnte man Zuchtprobleme gut ansprechen und gemeinsam individuell lösen, dadurch würde Wissen weitervermittelt werden aber auch die Intuition gefördert werden. Wir machen das ja jetzt schon mit dem Deguforum mit Erfolg, es gibt ja ein paar Newbies, die sich zutrauen, jetzt schon selbst zu mischen - wer sich das nicht zutraut, kauft halt Fertighappahappa.

meinst du, es wäre sinnvoller statt bei der zucht das thema notfalltiere als vorwand zu bringen es besser wäre gleich zu sagen, dass zucht eben etwas sehr schwieriges und kompliziertes ist, will man es seriös machen und bei degus nahezu utopisch.
gerade in der schweiz wo es wirklich nur wenig notfalltiere hat (wir hatten allerdings mal vor fast zwei jahre eine relativ grosse häufung von notfälle, die inzwischen wieder nahezu alle vermittelt wurden), da ist das nicht gerade ein sehr einleuchtendes argument. erschwerend kommt noch dazu, möchte man wirklich nun von einem notfall in deutschland tiere aufnehmen, dann müsste man diese entweder schmuggeln oder kann man dann papierkram erledigen und viel geld bezahlen, dass man die tiere überhaupt einführen darf.
auf jeden fall auf basis dieses verständnisses finde ich, kämen wir bei der ganzen thematik weiter ohne gross sich in widersprüche zu verwickeln (was tun, wenn es keine notfälle gäbe? auf degus verzichten wäre für mich auf jeden fall keine ehrliche antwort und für viele andere auch nicht...). dabei fände ich es auch noch wichtig dass sehr deutlich abstand genommen wird von der ganzen farb- und felltypenzucht. dadurch wird eine anfällige verkleinerung des genpools unter der förderung von eher ungeeigneten merkmale gefördert und wenn man das dann nicht gezielt mit inzucht und testverpaarungen macht werden sich auf die dauer bestimmt erbkrankheiten bestimmende allele ansammeln, die rezessiv weitervererbt werden und so lange zeit unentdeckt bleiben.

edit:
btw. kennst du eigentlich schon diese quelle?
http://www.informatics.jax.org/silver/index.shtml

es soll eine gute quelle für infos über zucht sein. ich habs noch nicht genauer studiert, geht auch relativ mühsam zum drucken... vielleicht versuche ich es mittels eines kleinen skript zu grabben... mit php sollte der aufwand diesbezüglich nicht so gross sein.
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BeitragVerfasst am: 23.03.2006 10:28    Titel: Re: [Artikel] Vielfalt von Cavia porcellus und C. tschudii Antworten mit Zitat

Zitat:

meinst du, es wäre sinnvoller statt bei der zucht das thema notfalltiere als vorwand zu bringen es besser wäre gleich zu sagen, dass zucht eben etwas sehr schwieriges und kompliziertes ist, will man es seriös machen und bei degus nahezu utopisch.

Genau so ist es ... das Argumten Notfalltiere ist was für das gute Gewissen, aber nun wirklich kein Argument! Das ist innerhalb von fünf Minuten widerlegt!

Zitat:
auf degus verzichten wäre für mich auf jeden fall keine ehrliche antwort und für viele andere auch nicht...

Warum nicht?
Degus lassen sich eh nicht im Sinne des deutschen Tierschutzgesetzes in der Wohnung halten, die brauchen zu viel Platz, damit sie immerhin nur 80% ihres Verhaltensinventars ausleben können. Oder woher kommen die vielen seelischen Störungen beim Degu? Schließlich kommt doch auch niemand auf die Idee, Elefanten, Pferde oder Delphine in der Wohnung halten zu wollen, so faszinierend diese Tiere auch sein mögen ...

Zitat:
dabei fände ich es auch noch wichtig dass sehr deutlich abstand genommen wird von der ganzen farb- und felltypenzucht. dadurch wird eine anfällige verkleinerung des genpools unter der förderung von eher ungeeigneten merkmale gefördert und wenn man das dann nicht gezielt mit inzucht und testverpaarungen macht werden sich auf die dauer bestimmt erbkrankheiten bestimmende allele ansammeln, die rezessiv weitervererbt werden und so lange zeit unentdeckt bleiben.

Du kannst beim Degu mit Testverpaarungen das Wichtigste am Degu nicht beurteilen, und das ist das Wesen! Testverpaarungen heißt, man setzt die Tiere zeitweise für einen Wurf zusammen und schaut, was bei rauskommt. Sind die Tiere geeignet, werden sie mit dem Partner, der zu paßt verpaart - kannst du dir vorstellen, was das für den Degu heißt?
Eine Zucht auf Felltypen und Farben ist vollkommen unmöglich beim Degu, wenn man das Individuum nicht quälen will. Du kannst höchstens bewußt die veränderten Formen in den Gruppen lassen und sie selbst Junge produzieren lassen - aber selbst da wirst du nach und nach das falsche am Deguwesen wegselektieren, denn unter beschränktem Platz sind es stets die Machthungrigen und total abgedrehten, die sich durchsetzen. Das ist sehr gut an Affen und Mungos dokumentiert und ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beim Degu nicht anders ...
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Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
"Der Besitzer dieses Dokumentes ist berechtigt, sich seines Verstandes zu bedienen, Informationen zu produzieren, replizieren und konsumieren, sich frei und ohne Kontrolle zu entfalten in Privatsphäre und Öffentlichkeit.

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