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Trypsinhemmer (Lemminge, Kluge Pflanzen)

 
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Wildkaninchen
Freak


Anmeldungsdatum: 29.09.2009
Beiträge: 371

BeitragVerfasst am: 13.03.2010 16:08    Titel: Trypsinhemmer (Lemminge, Kluge Pflanzen) Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit der Giftigkeit einiger Pflanzen, u. a. dem Trypsinhemmstoff in der Luzerne (bin noch totaler Laie auf dem Gebiet, finde das Thema aber sehr interessant). Auf der Suche nach Beiträgen über Luzerne, stieß ich dann auf folgenden Beitrag:

Zitat:
atropa belladonna
Vor einiger Zeit habe ich mal eine Reportage über Lemminge gesehen. Da wurde zum x-ten Mal das seltsame Lemmingsterben unter die Lupe genommen. Forscher scheinen herausgefunden zu haben, woran das liegt. Es sind nicht in erster Linie die Beutegreifer, denen die Tiere zum Opfer fallen, sondern sie verhungern mit vollem Bauch, sozusagen. Das Gras, welches sie fressen, verliert ab einem gewissen Zeitpunkt den Nährwert (oder zumindest einen großen Teil davon, ich weiß es nicht genau. Bitte um Nachsicht, falls ich mich falsch ausgedrückt haben sollte). Damit will es sich vor Kahlfrass schützen. Das heißt, wenn das Gras einmal auf Bodennähe abgesäbelt wurde von den Lemmingen und dann nachwächst, hat es nicht mehr den Nährstoffgehalt, den die Lemminge dauerhaft zum Leben brauchen. Sie sterben dann einfach, obwohl sie fressen und fressen und fressen.

Die Reportage ist schon eine Weile her, und es kann sein, dass ich einiges vielleicht falsch abgespeichert habe in meinem Kopf. Der Grundtenor war aber laut Aussage dieser Sendung wirklich der, dass das Gras den Nährwert eines Blatt Papieres hat zum Schluß und die Tiere dann an Unterernährung sterben.

(Quelle: http://www.degupedia.de/forum/viewtopic.php?t=1456)

Tja, das hat ja eigentlich nicht viel mit Luzerne zu tun. Aber dann fand ich doch einen Zusammenhang. Denn eine ganz andere Theorie zu dem mysteriösen Lemmingsterben las ich gestern in dem Buch „Kluge Pflanzen“ von Volker Arzt.
Die Lemminge verhungern nicht, sondern sie werden quasi von ihrer eigenen Futterpflanze vergiftet. Das Gras, welches sie fressen, produziert ein bestimmtes Gift, einen Trypsinhemmer, den wir ja schon von der guten alten Luzerne kennen.

Zitat:
“Schon dreißig Stunden nach einer Verletzung hätten sich die Pflanzen vollgepumpt mit einem speziellen Gift, das die Verdauung blockiere. Normalerweise werde es wieder abgebaut, aber unter der Dauerattacke in einem Lemmingjahr bleibe der Giftpegel auf Höchstniveau. […] Das Pflanzengift sei ein Trypsinhemmer; er schalte ein Enzymgemisch namens Trypsin aus, das – von der Bauchspeicheldrüse abgesondert – unentbehrlich für die Verdauung von Eiweiß sei. Die Wirkungslosigkeit des Trypsins habe zur Folge, dass die Bauchspeicheldrüse mehr und mehr davon produziere. Natürlich ohne Erfolg. Aber die überforderte Drüse wachse bis auf das Dreifache an.“
Quelle: Volker Arzt: Kluge Pflanzen. C. Bertelsmann Verlag, 1. Auflage 2009

Deshalb findet man nach einem Lemmingjahr jede Menge tote Lemminge mit einer vergrößerten Bauchspeicheldrüse.

Nun aber zu meiner eigentlichen Frage:
Man findet im Internet zwei Wirkungensweisen von Trypsinhemmern: die bauchspeicheldrüsenvergrößernde, verdauungsschädigende Wirkung (z.B. bei Bohnen oder wie hier bei Gräsern) und die blutbildverändernde Wirkung (bei Luzerne).

Gibt es tatsächlich mehrer Trypsinhemmer, mit – je nach Pflanze – unterschiedlichen Wirkungsweisen? Wirkt Luzerne ebenfalls auf die Bauchspeicheldrüse oder wirklich nur auf das Blutbild, indem es die roten Blutkörperchen zusammenballt?

Ich hoffe, es war nicht allzu verwirrend und ihr könnt meine Frage beantworten.


Liebe Grüße von Wildkaninchen Smile
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 13.03.2010 19:41    Titel: Re: Trypsinhemmer Antworten mit Zitat

Luzerne wirkt auch auf die Bauchspeicheldrüse ... aber auch auf den Verdauungstrakt, verändert in den natürlichen Fermentierkammern seiner Feinde die Organismengesellschaft, läßt die roten Blutplättchen zusammenklumpen und und und ...

In der Biologie gibt es keine Wirkstoffe mit nur einer Wirkung, jeder Wirkstoff hat etliche Wirkungen und wird von etlichen Wirkstoffen in seiner Wirkung beeinflußt.

Die meisten Trypsinhemmer sind Eiweiße, genauer gesagt Enzyme - und hier gibt es einen wirklich guten Schutz gegen diesen Fraßschutzstoff, den viele Nager und Kaninchen auch nutzen: Gerbsäure - es wird also einfach, wenn der Trypsinhemmergehalt in den Nahrungspflanzen ansteigt, auch mehr Laub und Rinde gefuttert, wo viel Gerbsäure drin ist und schon wird dieses Enzym an die Gerbsäure gebunden und kann nicht mehr arbeiten. Dieses entstehende Riesenmolekül kann dann prima mit den sonstigen Ballaststoffen ausgeschieden werden.

Es sind jedoch noch etliche Nichteiweiße bekannt, welche auch eine hemmende Wirkung auf Trypsine ausüben.
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 14.03.2010 23:54    Titel: Re: Trypsinhemmer Antworten mit Zitat

Huhu,

das Thema habe ich hier schon mal aufgegriffen (allerdings ohne das spezielle Thema Bauchspeicheldrüse, mehr allgemein):
http://www.degupedia.de/forum/viewtopic.php?t=673

Wobei damals hatte ich nicht so klar unterschieden zwischen Trypsininhibitoren (hemmen die enzymatische Verdauung) und Hämagglutinine (wirken negativ auf das Blut, führen zu Verklumpungen). Eine klare Entwirrung wäre hier sicher auch noch vorteilhaft, wenn wir das nochmals durchgehen würden, dieses Thema, ich schmiss damals alles in einen Topf, Lektine/Lectine, Trypsininhibitoren, Hämagglutinine...

Meine Meinung zum Thema?
Die Tiere kommen mit solchen Stoffen in der Regel zurecht und das Problem bei ihnen ist ja in der Regel auch erst die Menge. Unter normalen Umständen, fressen sie nicht zuviel davon und sollten daher unproblematisch sein.
Schwierig wird es, wenn die Tiere eine zu einseitige Ernährung haben, in Notsituationen, wenn Nahrung knapp ist und die Pflanzen zusätzliche Frasschutzstoffe produzieren um sich vor den Herbivoren zu schützen.

Zitat:

Die Lemminge verhungern nicht, sondern sie werden quasi von ihrer eigenen Futterpflanze vergiftet. Das Gras, welches sie fressen, produziert ein bestimmtes Gift, einen Trypsinhemmer, den wir ja schon von der guten alten Luzerne kennen.

Laughing das erinnert mich an einen Film über Pflanzen, den ich kürzlich gesehen habe. Es ging dort um Elefanten, die starben als sie zuviel Akazie frassen, wenn sie in hohen Dichten vorkamen und es wenig Nahrung sonst hatte und führte zu einem mysteriösen Elefantensterben, dem die Wissenschaftler erst nach und nach auf die Schliche kamen.
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