Degunotfall

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(Weitergeleitet von Notfalldegus)

Degunotfälle sind ein Phänomen, das in der Öffentlichkeit immer noch viel zu wenig thematisiert und beachtet wird. In der Realität geniesst dieses Thema eine andere Aktualität. Auch wenn in gewissen Kreisen das Wort Notfall für eigennützige, private Vermittlungsversuche denuziert wird, so gibt es doch immer wieder richtige Notfälle, welche dringend auf die Mithilfe eines Netzwerks von freiwilligen Helfer angewiesen sind, welche durch ihre Koordination und Einsatz versuchen die Tiere möglichst gut weiterzuvermitteln und die oft davon betroffenen Tierheime zu entlasten.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Was gilt nun eigentlich als Notfall? Die Grenzen sind hier nicht so klar, dass stets eine eindeutige Beurteilung vorgenommen werden kann. Schwierig ist daran vor allem festzustellen ab wann eine Vermittlung wirklich dringend ist und nicht einfach dem dringenden Wunsch des früheren Halters entspricht, welcher aus Bequemlichkeit endlich seine Tiere vermittelt haben will. Eindeutig ist die beurteilung allerdings gerade bei grossen Notfälle, wo viele Tiere (oft aus einer ausufernden Massenvermehrung stammend) in einem Tierheim landen und dieses dann grosse Platzprobleme bekommt, da Unterkünfte nicht ausreichen um alle Tiere artgerecht unterzubringen und auf Dauer diese Vollauslastung die Resourcen des Tierheims blockiert und es dadurch nicht in der Lage ist, weitere Tiere aufzunehmen. Aus diesem Grund ist es heikel, bei kleinen privaten Vermittlungen von Notfälle zu sprechen, auch wenn diese dringend sein mögen.

Ursachen

Die Ursachen sind sehr verschieden. Die Motive müssen längst nicht immer nur Naivität oder fahrlässige Vermehrung sein. Es können durchaus auch unvorhersehbare Gründe wie z.B. plötzliche Allergien, Veränderungen in der Beziehung und Wohnsituation, etc. zum Tragen kommen.

Letztlich spielt die Ursache vorerst keine Rolle, wichtig ist bei allen Notfällen, dass sie ein gutes Zuhause bekommen und dass sie alle erfolgreich vermittelt werden können.

Wie kann ich helfen?

Jeder kann helfen, indem er seine Mitmenschen, welche sich für Degus interessieren, für die "Vermehrungsproblematik" sensibilisiert. Es besteht noch ein grosser Informationsbedarf, zumal das Thema bei vielen Leuten nicht bekannt ist. Gerade Leute, die sich überlegen neue Degus anzuschaffen können auch einen Schritt dazu beitragen, indem sie ihre Degus z.B. aus Tierheimen holen.

Es gibt jedoch heute schon einige Privatpersonen, die "Second-Hand-Degus" vermitteln. Sie entlasten die Tierheime, in dem sie die Degus entweder vorübergehend selbst aufnehmen und vermitteln, oder vom alten Besitzer gleich zum neuen bringen. Diesen Tieren mag es vielleicht noch ein bißchen besser gehen als jenen in Tierheimen, sie haben vielleicht einen etwas größeren Käfig und können mit ein bißchen Glück ohne Zwischenstation in ihr neues Zuhause ziehen. Eines haben sie mit ihren "Kollegen" im Tierheim jedoch gemeinsam: sie sind unerwünscht, können nicht bleiben, sollen weg. Aus diesem Grund bitte auch die Privatvermittler unterstützen - vorausgesetzt, sie arbeiten nicht mit professionellen Vermehrern zusammen. Das ist zum Glück jedoch sehr, sehr selten der Fall, zum anderen: Schwarze Schafe wird es immer geben. Drum im Zweifelsfall immer nachfragen, woher die zu vermittelnden Tiere kommen.

Ein seriöser Tiervermittler zeichnet sich aus durch Transparenz (gibt auf alle Fragen eine plausible Antwort) und gibt die Vermittlungstiere nur gegen einen Schutzvertrag, ggfs. auch -gebühr ab. Er weist auf eventuelle gesundheitliche Schäden des Tieres hin, bietet ggfs. auch noch eine Untersuchung vor Vermittlung an. Er nimmt sich Zeit für ein Gespräch und weist auch auf eventuelle zu optimierende Umstände hin (Käfiggröße, Ernährung usw.).

In der Tiervermittlung - sowohl über das Tierheim als auch privat - sind Vor- und Nachkontrollen gang und gäbe.

Vorurteile gegenüber Second-Hand-Tieren

Die folgenden Vorurteile lassen sich auf jedes Second-Hand-Tier anwenden. Es gibt leider noch zu viele Menschen, die sich durch die Beschaffung eines Tieres durch einen vermeintlichen Züchter oder durch den Zoohandel in Sicherheit wiegen. Sie glauben, nur hier bekämen sie 100% gesundes Tier verkauft.


  • "Tierheim-Tiere sind oft verhaltensgestört."

Kommt vor, ist aber sicherlich nicht die Regel. Im Umgang mit Hund, Katze oder Kaninchen - wo Verhaltensstörungen sehr schnell offensichtlich werden - werden die Tierheim-Mitarbeiter jedoch sehr schnell herausfinden, ob das Tier einen "Knacks" hat oder nicht. Und diese Tiere werden dann auch nur an entsprechend erfahrene Halter weitervermittelt. Bei Kaninchen, die oft in Einzelhaltung aggressiv und im wahrsten Sinne des Wortes "asozial" werden, kann eine Kastration und Revergesellschaftung mit einem weiblichen Tier helfen.

Speziell was Degus betrifft, sind echte Verhaltensstörungen selten. Bis auf eine Ausnahme ist mir kein Degu bekannt, der eine im Tierheim erworbene Verhaltensstörung aufwies und bis zuletzt nicht mehr ablegte. Tatsächlich sind die meisten Tierheimtiere - übrigens jeder Altersklasse - oft besonders dankbar und legen eine eventuelle Scheu in den allermeisten Fällen sehr schnell ab.


  • "Bei einem Degu aus dem Tierheim weiß man oft nicht, wie alt er ist."

Das ist richtig. Es ist nun mal so, dass bei ausgewachsenen Exemplaren unbekannter Herkunft das Alter oft nicht mehr zuverlässig ermittelt werden kann. Für die einen Degufreunde ist das Alter aber ein sehr wichtiger Punkt, anderen wiederum ist das nicht so wichtig. Sie wollen einem Tier ein schönes Zuhause bieten und es spielt keine Rolle, für welche Zeit das sein wird. Ich kann beide Seiten verstehen. Auch der Wunsch nach möglichst jungen Tieren (Babies) ist nachvollziehbar, man "will lange Zeit was von dem Tier haben". Das Argument mit dem "Zahmwerden" läßt sich jedoch schnell entkräften, da wie gesagt, auch ältere Tiere oft schnell handzahm werden. Andererseits soll es auch Babies geben, die bei einem Halter aufgewachsen sind, aber nie eine richtige Zahmheit entwickelt haben.

Nichtsdestotrotz: Es gibt viele Tierheime und Privatvermittler, und wen es nicht eilt, kann sich viel Zeit lassen bei der Auswahl "seines" bzw. "seiner" Degus. Der eine hat Babies zu vermitteln, der andere ein oder zweijährige oder auch mal ein ganz altes Tier.

In Anbetracht der derzeitigen Fülle an Second-Hand-Tieren bis hin zu wirklichen Notfällen rechtfertigt mittlerweile nicht mehr einen Tierkauf im Zoogeschäft - außer Bequemlichkeit oder Unwissenheit. Oder beides.

Tatsächlich ist es so, dass Degus jeder Altersstufe ihren ganz speziellen Reiz haben. Vom quirlig verspielten Jungtier bis hin zum alten, teilweise richtig weise anmutenden Opi.


  • "Bei Tierheim-Tieren kann ich mir doch nicht sicher sein, ob die gesund sind - und was ist mit der Inzucht?"

Das ist richtig, jedoch spielt die Herkunft keine Rolle. Es ist generell so, dass die Diagnose schwerer wird, je kleiner das Tier ist. Ultraschall, Blutabnahme, bei einem Tier in der Größe alles kein einfaches Unterfangen bzw. schlichtweg unmöglich. Aus dem Grund wird niemand eine 100%ige Garantie dafür geben können, dass die Tiere gesund sind und/oder keinen genetischen Defekt haben (übrigens einer der Hauptgründe, warum sich Degufreunde gegen Vermehrung aussprechen). Man muß sich daher mehr auf Äußerlichkeiten verlassen, dazu sind folgende Untersuchungen ein Muß:


- Zahnkontrolle (vor allem der Molaren (Backenzähne), das kann nur der Tierarzt)


- Fellkontrolle: Liegt das Fell an, ist es dicht und glänzend oder struppig und stumpf? Ektoparasiten kommen bei Degus sehr selten vor, dennoch lohnt es sich, das Fell mal gegen die Wuchsrichtung zu streichen, um auf Nummer Sicher zu gehen. Ohren nicht vergessen! Hier siedeln sich selten, aber gerne Milben ein. Sollte ein Befall vorhanden sein, sieht man das aber auf den ersten Blick.


- Genitaliencheck: Zum einen für eine definitive Geschlechtskontrolle, zum anderen, um eventuellen Durchfall festzustellen


- Krallencheck: Bei jungen bzw. jüngeren Tieren sollten die Krallen nicht wesentlich länger sein als die Zehenbehaarung. Gilt vor allem für die Hinterläufe. Bei älteren Tieren jedoch kommt es oft zu einem übermäßigen Krallenwachstum, hierbei wächst das Nagelbett oft mit heraus. Deshalb Vorsicht beim Schneiden, am besten immer nur die vorderen Spitzen kappen und für genügend Möglichkeiten zum Krallenwetzen (Steine, Äste) sorgen. Manchmal nutzt das aber alles nichts, dann muß trotzdem regelmäßig geschnitten werden.


- Augen- und Nasencheck: Augen müssen klar und glänzend sein, tränende Augen können vielfache Ursachen haben und sollten bei länger als 24 Stunden andauernden Symptomen auf jedem Fall dem Tierarzt vorgestellt werden. Die Nase ist bei einem gesunden Degu trocken, allerhöchstens nur mäßig feucht, es dürfen keine Knack- oder Pfeifgeräusche zu hören sein.


- Kotprobe: Eine Kotprobe ist meines Erachtens mit das Wichtigste. Sie sollte auf darmpathogene Keime, Parasiten und Giardien getestet werden. Bis zum Ergebnis der Kotprobe (zwischen 2 und 5 Tagen), sollte das Tier auf jeden Fall einzeln und in Quarantäne sitzen. Es gibt beim Tierarzt Röhrchen, in denen der Kot des entsprechenden Tieres drei Tage lang gesammelt wird (bei Gruppen Sammelkotprobe). Die Probe muß bis zum Versand kühl gelagert werden, am besten im Kühlschrank. Am dritten Tag bringt man die Probe zum Tierarzt zurück, welcher sie dann an das Labor versendet.


Wenn diese Kontrolluntersuchung erfolgreich durchgeführt wurde und befundlos verlief, kann man davon ausgehen, dass der Degu weitestgehend gesund ist. Gegen latent vorhandene Krankheiten wie Tumoren oder Diabetesgefahr ist man indes nie gefeit. Hierfür kann einem auch niemand eine 100%ige Garantie geben. Wer einem solche Versprechen gibt, ist unseriös.

Infrastruktur und Organisation

Die Vermittlungsbemühungen der deutschen Degucommunity stehen noch am Anfang. Es besteht noch grosses Entwicklungspotential beim Auf- und Ausbau von Strukturen zur Vermittlung. Im Gegensatz z.B. zum VdRD (Verein der Rattenliebhaber und -halter in Deutschland) fehlen zum Beispiel funktionierende Vermittlungsketten, welche den Transport von Vermittlungstiere z.B. aus dem Norden Deutschland bis in die Schweiz oder in andere Länder ermöglichen. Allerdings stellt auch der Zoll der Schweiz zusätzliche Hürden, zumal Degus nur mit Bescheinigung eingeführt werden dürfen, welche mit entsprechendem formalen und finanziellen Aufwand verbunden ist.

Siehe auch

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