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Schnaitelbäume, Futterlaub und Laubwirtschaft
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   Degupedia-Forum » Tierernährung und Pflanzen » Schnaitelbäume, Futterlaub und Laubwirtschaft Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
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BeitragVerfasst am: 13.05.2012 21:47    Titel: Schnaitelbäume, Futterlaub und Laubwirtschaft Antworten mit Zitat

Huhu,

das Thema ist keineswegs neu und geistert schon seit längerem durch unser Forum. Murx erwähnte es schon vor längerer Zeit, dann kürzlich verhalf "maica" dem Thema zum Durchbruch als sie nach dem Buch "Laubgeschichten" fragte. Ich habe nun auch etwas nachrecherchiert, ob ich was zum Thema finden könnte.

Bedeutung von Laubfutter - Landwirtschaftslexikon 1888
Zum Thema Schneiteln oder Schnaiteln findet man im Internet relativ wenig brauchbares. Ich kam daher auf die Idee in meinem uralten Landwirtschaftslexikon zu suchen. Nun dieses kennt den Begriff zwar nicht, man kann aber mit anderen Begriffen dem abhelfen und siehe da:

Zitat:

Laubfutter (Füttgl.) wird namentlich von den Schafen gern gefressen und ist bei diesen Tieren oft schon in kleineren Quantitäten als diätetisches Mittel vorteilhaft, besonders, wenn das sonstige Futter ein ziemlich wässeriges und weichliches ist. Das Laub der Bäume hat im lufttrockenen Zustand einen dem Wiesenheu ähnlichen Gehalt an Rohprotein (8-12 %), dagegen enthält es bedeutend weniger Rohfaser (nur 14-18 %) und gewöhnlich mehr an Rohfett (3 und manchmal, z. B. Pappellaub, bis zu 9 %). Am häufigsten werden die Blätter von Pappeln, Linden, Eschen, Weiden und Erlen, auch Reblaub verfüttert; die von Birken und Buchen sollen weniger günstig, grüne Nadeln oft schädlich wirken, diejenigen des Eibenbaumes sogar in dem Grade, dass schon 150-180 g imstande sind, ein kräftiges Pferd rasch zu töten. Die grösste Nährwirkung haben die Blätter, wenn sie frühzeitig, schon im Juli und August gesammelt worden sind; aber auch noch zu Anfang Oktober zeigt das Pappellaub eine derjenigen des mittelguten Wiesenheues entsprechende Verdaulichkeit, indem nach Versuchen in Kuschen mit Hammeln die gesamte organische Substanz darin zu 58, das Rohprotein zu 56 % verdaut wurde.

Quelle: S. 552, in: Krafft, G. (1888): Illustriertes Landwirtschafts-Lexikon. 2. Auflage. Paul Parey, Berlin.


Füttgl. = Fütterungslehre

Buch von Machatschek: Laubgeschichten
Für viel mehr als eine kurze Vorstellung dieses Buches reicht es nicht. Zu umfrangreich ist es, aber ich will einen kurzen Überblick über das Inhaltsverzeichnis geben und ggf. die eine oder andere interessante Sache aufgreifen... es kann aber nicht mehr als ein Kratzen an der Oberfläche sein:

Vorbemerkungen
Methodisches Vorgehen - Beobachtungen und Forschung S. 15-52
Die "Luftwiesenwirtschaft" in Baumgärten und auf Angern S. 53-88
Die Schnaitelwirtschaft zur Gewinnung von Futter S. 89-188
Laub und Reisig in der Fütterung S. 189-258
Die Fall-Laub-Wirtschaft S. 259-290
Die geschnaitelten Baum- und Straucharten S. 291-334
Esche, Ulme, Zürgelbaum, Holunder, Ahorn, Hasel, Edelkastanie, Eichen, Linden, Schwarzpappel, Rosskastanie, Rotbuche, Birken, Weiden, Grünerle, verschiedene Zwergsträucher, Mistel, Kulturobstgehölze
Der Haus- und Hofbaum und die Nutzung der "abfallenden" Produkte S. 335-340
Über Speiselaubbäume S. 341-366
Die Nadelbaumbewirtschaftung S. 367-396
Die Bodenstreunutzung S. 397-416
Laub und Macht - Anmerkungen zur Waldenteignungsgeschichte S. 417-434
Laubgehölze dienen der Existenzsicherung 435-488
Schlussbemerkungen (Wert des Laubes, Ortsübersicht zur Futterlaubwirtschaft, Quellen- und Literaturangaben, Danksagung, Über den Autor)

Weitere Literatur

Brockmann-Jerosch, H. (1936): Futterlaubbäume und Speiselaubbäume. Bericht der Schweiz. Botanischen Gesellschaft 46: 593-613. Festschrift Rübel. Zürich.

Cieslar, A. (1917): "Laubheu" und Grassmehl als Futtermittel. Centralblatt f. d. ges. Forstwesen. 43. Jg. 107-112. Wien.

Dimitz, L. (1894): Futterlaub und Futterreisig. Separatdruck Centralblatt f. d. ges. Forstwesen. Wien.

Ebermayer (1876): Die Lehre der Waldstreu. Berlin.

Girard, A. (1892): Benutzung der Baumblätter zur Ernährung des Viehs. In. annales agronomiques.

Haas, J.N. (1993): Viehfutter, das von den Bäumen kommt. Neue Zürcher Zeitung. 6/7. November S. 21. Zürich.

Haas, J.N. Rasmussen, P. (1993): Zur Geschichte der Schneitel- und Laubfutterwirtschaft in der Schweiz - eine alte Landwirtschaftspraxis kurz vor dem Aussterben. In: Brombacher, C. Jacomet, S. & Haas, J.N. (Hg.): Festschrift Zoller. Dissertationes Botanicae 196: 469-489. Berlin, Stuttgart.

Heringer, J.K. (1981): Die Eigenart der Berchtesgadener Landwirtschaft. Hg.: Akademie f. Naturschutz u. Landschaftspflege. Beiheft 1 z. d. Berichten. Laufen.

Pässler, J. (1891): Futterwerth und Gerbstoffgehalt des Laubes, der Triebe und schwächsten Zweige der Eiche während der verschiedenen Monate. In: Tharander forstl. Jahrbuch, Band 41.

Pässler, J. (1893): Untersuchungen über den Futterwerth der Blätter, Triebe und schwächsten Zweige verschiedener Laub- und Nadelhölzer, sowie einige anderer Waldgewächse. In: Tharander forstl. Jahrbuch 43: 212-252.

Ramann, E. Jena-Köthen (1890): Holzfütterung und Reisigfütterung ein neues einfaches und billiges Verfahren der Tierernährung. Bd. 19. Berlin

Schneider, M. (1990): Acorns as a Staple Food - Different Types and Change of Exploitation Trough Time. In: Die Bodenkultur. Journal für landw. Forschung. 41. Band, Heft 1: 81-88. Wien.

Schwarz, F. (1918): Der Fettgehalt des Herbstlaubes. In: Zeitschr. f. Forst- und Jagdwesen. 50. Jg.: 1-32. Berlin.

Trientl, A. (1887): Die Ziege ist der Hauptfeind der Aufforstungen. In: Bote für Tirol und Vorarlberg. S. 1699.

Trier, J. (1963): Venus. Etymologien um das Futterlaub. Münstersche Forschungen (Köln) 15: 1-207.

Wessely, J. (1864): Der Wald als Retter in der Futternoth. In. Oesterr. Monatsschr. f. Forstwesen. Bd. 14. Wien.

Wessely, J. (1876a). Futterlaub und Futterlaubwald. In: Oesterr. Monatsschr. f. Forstwesen. Bd. 26: 583-590. Wien.

Wessely, J. (1876b). Die Ziege als Waldverwüsterin. Bd. 26: 604-616. Wien.

Wessely, J. (1877a). Das Futterlaub, seine Zucht und Verwendung. Wien.

Wessely, J. (1877b). Die Zucht des Futterlaubgehölzes. Wien. In: Oesterr. Monatsschr. f. Forstwesen. Bd. 27: 583-590. Wien.

Die Quellen habe ich aus Machatschek (2002) entnommen und selektiv zusammengestellt mit Fokus auf Laubwirtschaft. Die Idee, dass ich das hier zitiere, wäre, dass Interessierte die Gelegenheit bekommen, selber nach der Originalliteratur zu recherchieren und dass wir hier mehr zum Thema zusammenbringen können.
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BeitragVerfasst am: 21.07.2012 01:36    Titel: Re: Schnaitelbäume, Futterlaub und Laubwirtschaft Antworten mit Zitat

Nachtrag:
Irgendwie hatte ich bei meinem ersten Posting das wichtigste Vergessen, die volle Quellenangabe von Machatschek:

Machatschek, M. (2002): Laubgeschichten. Gebrauchswissen einer alten Baumwirtschaft, Speise- und Futterlaubkultur. Böhlau Verlag, Wien. 542 S.

Man würde sie natürlich auch über den eingangs erwähnten Link finden, aber der Vollständigkeit halber habe ich sie hier nun auch noch erwähnt.

Machatschek zur von ihm zitierten Literatur
Literaturangaben sind zwar grundsätzlich interessant, weitere Hinweise zum Inhalt und eine Wertung oder Behandlung innerhalb eines thematischen Kontextes helfen jedoch dabei, diese besser einzuordnen und die Bedeutung besser zu erkennen. Dazu ist der Titel alleine oder die Zeitschrift in der publiziert wurde, bzw. die gewählte Publikationsform häufig zu wenig aussagend.

Im Vorwort bemerkte der Autor schon, dass eine systematische Betrachtung der Futterlaubwirtschaft in der Literatur weitgehend fehle und erwähnte als positive Ausnahmen die Arbeiten von Jost Trier, Heinrich Brockmann-Jerosch, Ludwig Dimitz, J. Pässler und eingeschränkt Josef Wesselys.

Brockmann-Jerosch (1936): Eine Überschau, welche die Futterwirtschaft zusammenfasste. Machatschek erwähnt jedoch auch, dass zwischen den Zeilen festzustellen wäre, dass der Autor diese Wirtschaftsform lediglich als Notfutterhilfe betrachtete.

Jost Trier (1963): ging in seiner Arbeit der Bedeutungen der Wörter rund um das Futterlaub nach. Machatschek erwähnt jedoch auch hier die Einstellung des Autors und zitiert ihn, wie er ausdrückt, dass er diese Wirtschaftsform als Rückfall in altertümliche Zustände betrachte.

Er zitiert ihn jedoch gerne zum beispiel auch wie folgt zum Thema "laublüsteres" Vieh:

Zitat:

Es ist eben nicht nur der Hunger, der das Vieh zum Laub treibt. Auch bei durchaus befriedigendem Ernährungszustand zeigen die Tiere eine wahre Gier nach Laub. Es müssen sich in blatt und zartem Zweig besondere Stoffe befinden, die von Kraut und Gras dem Tier nicht geboten werden und die es sich mit geradezu lechzender Lust dort holt, wo es sie bekommen kann.

Quelle: Trier 1963, zitiert in Machatschek 2002: 27-28.

Und diese Stoffe sind heute wohl bekannt, sie nennen sich sekundäre Pflanzenstoffe. Wir hatten diesbezüglich erst kürzlich eine interessante Diskussion zum Thema "Browser" (sinngemäss übersetzt Laubfresser) und "Granzer" (=Grasfresser):
http://www.degupedia.de/forum/viewtopic.php?p=20593&highlight=browser#20593
und schon etwas älter:
http://www.degupedia.de/forum/viewtopic.php?p=4024&highlight=browser#4024

Apropos "laublüsternes" Vieh, ich habe erst kürzlich Kühe beobachtet, wie sie belaubte Apfelzweige ab dem Baum äsen und das trotz reichlich vorhandener, fetter Weide.

Der Autor ist übrigens ein Verfechter vom gelebten Wissen, dass man ausprobiert und dass Wissen nicht nur in Büchern niederschreibt, sondern dass es einen Nutzen hat und deshalb mehr und mehr verbessert und angewandt wird. Damit decken sich seine Vorstellungen sehr gut mit dem, was wir hier in der Degupedia fördern und pflegen. Auch wenn wir Theorie und Literatur eine wichtige Bedeutung zuschreiben, so ist es letztlich die Praxis, welche hier das letzte Wort hat und schliesslich zählt. Papier ist geduldig und ersetzt persönliche Erfahrung nicht. Tierhaltung funktioniert letztlich nicht ohne ausgiebige eigene Erfahrung und die kann man sich in keinem noch so guten Buch anlesen Wink.

Und noch etwas will ich an dieser Stelle hervorheben, passt es auch sehr schön zum Forum hier, jaa der gute Biotrend: Alter Wein in neuen Schläuchen... wenn sich die Denkweise nicht ändert und man nur das selbe aber eben jetzt "mit Bio" macht, dann ist es auch nicht viel mehr wert, als als Konventionell ausser halt weniger belastet (aber eben genauso eine lieblose, industrialisierte Landwirtschaft, die dadurch viel an Qualität eingebüsst hat). Der Autor zum Thema:

Zitat:

Unsere naturschützerische Betrachtung der Natur und die romantische Sicht vom Land enteignet die Landnutzer und macht sie zu Landschaftspflegern, die nach Rezepten arbeiten sollen. [...] Das Bäuerliche dient dem Kaschieren der industriellen und der sich ökologisch-wirtschaftend nenenden Landwirtschaft. "Bauern" steht im Gegensatz zum "Powern" der "Landwirtschaft". Mit der "Ökologisierung der Industrialisierung" hat sich nur eines verändert, die Systemperfektionierung unter dem grünen Deckmäntelchen (vgl. Machatschek, M. 1990).

Quelle: Machatschek 2002: 29-30.


Ich glaube dieses Zitat zeigt auch sehr schön das Querdenkende, das hier auch immer wieder gerne gesehen wird und mit dem wir Schwung in festgefahrene Themen und Denkmuster bringen können.
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BeitragVerfasst am: 26.12.2012 11:37    Titel: Re: Schnaitelbäume, Futterlaub und Laubwirtschaft Antworten mit Zitat

Ein weiteres Buch, das hier gut dazu passt:

Franz Lippert (1953):
Vom Nutzen der Kräuter im Landbau für Boden, Kompost, Fütterung, Ernährung. Ein Weg zum Verständnis biologisch-dynamischer Landwirtschaft. 2. Auflage. Schriftenreihe "Lebendige Erde". Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise, Darmstadt. 100 S.


Interessant wird es insbesondere ab Seite 71 mit dem Kapitel "Wirtschaftseigenes Würzfutter". Das Inhaltsverzeichnis auf selbiger Seite stimmt jedoch mit den Seitenzahlen nicht überein, wohl weil es mal als eigenes Werk veröffentlicht wurde und im Sammelband die Seitenzahlen nun anders sind:

Inhalt:
Vorbemerkungen zur zweiten Auflage 5 [Seiten fehlen bei mir]
Vorbemerkungen zur ersten Auflage 8 [Seiten fehlen bei mir]
1. Verwendung und Anbau unserer wichtigsten Gewürzfutterpflanzen (Allgemeine Gesichtspunkte) [leider fehlt mir da eine Seite]
2. Hauptsächlichste Pflanzengruppen
A. Doldengewächse 11 [S. 79]
B. Lippenblütler 15 [S. 83]
C. Leguminosen 17 [S. 85]
D. Brennessel 19 [S. 87]
3. Flächenbedarf für den Kräuter-Anbau 20 [S. 88]
4. E. Laubheu und Rinden 21 [S. 89]
5. Zur Verwendung von Laubheu und Feinreisig 22 [S. 90]
6. Klee-Gras-Kräuter-Mähweide im Fruchtwechselkreislauf 24 [S. 92]
7. Schluss 26 [S. 94]

Zitat:

E. Laubheu und Rinden
Hasel, Weide, Erle, Pappel, Birke, Linde, Schlehe, Kastanie.
Auf das Sammeln von Laubheu und Rinden, wie es uns von den Heckensträuchern und Bäumen zur Verfügung steht und ihrer Verwendung im Viehstall, besonders zur Winterzeit, muss noch hingewiesen werden.
Vor allen Dingen sind es die Blätter der Hasel, Weide, Erle, Pappel, Birke und Linde und die Rinde von abgeschnittenen Obsthölzern, sowie von Birke, Weide, Schlehe und Kastanie, welche als gesundheitsfördendes Beifutter im Stalle zu gebrauchen sind.

Quelle: Lippert 1953, S. 89


Interessant ist unter anderem der Hinweis auf eine Schrift von Professor Liese-Eberswalde aus dem Jahre 1942:

Zitat:

Zur Verwendung von Laubheu und Feinreisig
(Ergänzung durch Nicolaus Remer)

[...]

Noch zu wenig beachtet ist aber der Heckenschnitt als Feinreisig zur Viehfütterung. Prof. Liese-Eberswalde wies 1942 in der Zeitschrift "Der Deutsche Forstwirt" auf die Untersuchungen der Eberswalder Forstakademie hin. Die Erfahrungen sind durch Dr. E. Ramann und von Jena-Köthen in der kleinen Schrift "Holzfütterung und Reisigfütterung ein neues einfaches und billiges Verfahren der Tierernährung", Verlag Springer, Berlin, 1890, niedergelegt. Die Erfahrungen wurden damals von einigen Landwirten aufgegriffen. Von Salisch-Postel schrieb im Mai 1894: "Wir verwenden vom November bis Mai jeden Jahres täglich 8 bis 12 Ztr. Reisig für 80 bis 100 Stück Rindvieh. Das Reisigfutter wird vom Vieh gern aufgenommen, und wir glauben einen günstigen Einfluss des Futters auf Menge und Güte der Milch wiederholt bemerkt zu haben. In der ganzen Zeit hat sich nicht der geringste Nachteil dieser Fütterung bemerkbar gemacht."
Von Salisch hat das Reisig durch Dampf oder heisses Wasser erwärmt und einem biologischen Gärprozess vor der Fütterung unterworfen.
Amtsmann Biebrach-Heidele teilte 1894 mit: "Seit drei Jahren füttere ich an Pferde und Rinder den Häcksel von ca. 8000 Rm. Reisig und ich würde noch mehr verfüttert haben, wenn ich gleich eine gute Maschine gehabt hätte. Pferde erhielten pro Kopf und Tag 12 bis 30 Pfund, Rinder 10 bis 15 Pfund und zwar vorwiegend Häcksel von Buchenreisig, zeitenweise auch von Eichen. Bei Pferden ersetzte es zeitweilig alles Rauhfutter, bei Rindern einen grossen Teil desselben. Und ich erachte es nach der Holzart und der Zeit des Werbens gleichwertig mit Strohhäcksel und mittelgutem Heu."

Quelle: Lippert 1953, S. 90-91


Ich kann jetzt da nicht alles zitieren, da das Thema doch etwas umfangreicher im Büchlein abgehandelt wird, ich denke aber diese Zitate dürften hilfreich sein, insbesondere das zweite in Hinblick auf weitere interessante Namen und Literatur, die sich mit dem Thema beschäftigt haben. Von Salisch wird meines Wissens auch von Machatschek erwähnt... es gibt da also auch Überschneidungen.
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BeitragVerfasst am: 04.02.2013 02:29    Titel: Re: Schnaitelbäume, Futterlaub und Laubwirtschaft Antworten mit Zitat

Ich hab noch etwas Interessantes gefunden über die Waldwirtschaft/Waldweide:
http://books.google.de/books?id=HWEAAAAAcAAJ&pg=PA101&dq=forstlichen+Verh%C3%A4ltnisse+Waldmast+Bucheln&hl=de&sa=X&ei=1pafUIb0EtHHtAbokYH4CQ&ved=0CC4Q6AEwAA#v=onepage&q&f=false

Heinrich Burckhardt: Die forstlichen Verhältnisse des Königreichs Hannover, 1864

Ab Seite 99 Forstnebennutzungen wird es interessant. Mit Nebennutzung ist gemeint die Nutzung neben dem Holz. Es wird zwar erwähnt, dass der Nutzen der sonstigen Nutzungen ausser der Holznutzung noch bedeutender seien, vor allem für die arme Bevölkerung, damit schwingt aber auch etwas mit, was letztlich zur Abwertung der Laubwirtschaft führte: die vielseitige Waldnutzung wurde mehr und mehr als etwas angesehen, auf das nur die Armen angewiesen wären, also so quasi ein Gegenstück zu einem Statussymbol, welches mit zunehmendem Wohlstand verdrängt und vergessen wurde.

Interessant finde ich unter anderem eine Schätzung des Wertes der Waldnebenprodukte:

Zitat:

Nach einer Überschlagung des verstorbenen Forstrahts Drechsler in seiner Schrift "die Forsten des Königreichs Hannover" (bei Helwig 1851) wird der Werth der nachstehend genannten Forstnebennutzungen, die sämmtlichen Forsten des Königreichs zusammen genommen, also beziffert:

a. für Waldweide und Gräserei . . 301,290 Thlr
b. " Waldstreu . . . . . . . . . . . . . 116,660 "
c. " Leseholz . . . . . . . . . . . . . . 92,000 "
d. " Baumfrüchte . . . . . . . . . . . 86,470 "
e. " Waldbeeren . . . . . . . . . . . 145,000 "
-----------------------------------------------
Summa 741,420 Thlr


Bedeutung: Thlr = Thaler

Ferner wird nochmals explizit die Waldmast erwähnt, jedoch mit dem klaren Hinweis
auf die Mästung von Schweinen:

Zitat:

und die Forstwirthschaft ihrerseits denkt mehr an Schiffbau-Eichen als an den alten Mastwald mit seinen astreichen, morschen Bäumen. Gleichwohl gilt auch heute noch eine gute Eich- oder Buchmast als ein Segen.


Sehr interessant wird es dann auf S. 102 beim Thema Waldweide:

Zitat:

Die Waldweide zeigt sich im Allgemeinen im Abnehmen. Die Fortschritte der Landwirthschaft, die Gemeinheitstheilungen und Verkoppelungen führen zur besseren Wirthschaft und haben mehr oder weniger Stallfütterung im Gefolge; ...


Die Nutzungen sind recht vielfältig beschrieben, was das Buch interessant macht neben dem Buch von Machatscheck.
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maica
Süchtig


Anmeldungsdatum: 23.08.2010
Beiträge: 65

BeitragVerfasst am: 06.02.2013 18:35    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für diese tolle Recherche,
denn ich bin nach wie vor begeistert von der Laub und Reisigfütterung.
Werde Ausschau nach dem Buch halten.

Auch wenn es nur für meine Meerschweinchen ist, die Tiere futtern es mit Begeisterung bereits den ganzen Winter und es ist bestimmt auch ein ideales Winterfutter für Kaninchen und Co.

Was mir nur auffällt, das es zum Teil sehr alte Bücher und Futterempfehlungen sind.
Warum wird heute nicht mehr so gefüttert ?
Weil es heute bequemer ist und weil man damals noch geschaut hat wie man seine Nutztiere mit wenig Geld dafür mit viel Aufwand über die Runden bringt, speziell in den kargen Wintermonaten , oder ?
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lG Maica
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Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 07.02.2013 12:05    Titel: Re: Schnaitelbäume, Futterlaub und Laubwirtschaft Antworten mit Zitat

Du kannst es als PDF bei Google herunterladen. Damit ist es möglich interessante Seiten auszudrucken.
Natürlich ist die Buchform auch interessant, aber ich würde ein Neudruck wahrscheinlich schon vorziehen.
Der Vorteil davon finde ich auch, dass man nach Belieben Kommentare reinschreiben und Textstellen markieren kann.

Zitat:

Danke für diese tolle Recherche,
denn ich bin nach wie vor begeistert von der Laub und Reisigfütterung.

Ja danke, ich finde das Thema auch sehr spannend und finde es gut, wenn es auf ein grösseres Interesse stösst Smile.
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BeitragVerfasst am: 08.06.2013 22:05    Titel: Re: Schnaitelbäume, Futterlaub und Laubwirtschaft Antworten mit Zitat

Kurzer Input von meiner Spanien-Reise... ich habe es zwar nicht geschafft so einen Wald zu sehen, aber bei der Vorbereitung bin ich immer wieder auf die Eichenwälder und die mit Eicheln gemästeten Schweine gestossen. Auch das passt zur Laubwirtschaft, wenn auch es nicht direkt mit der Laubnutzung was zu tun hat, aber eben mit den bereits schon erwähnten "Waldnebenprodukte".

Beim Schinken ist es übrigens wichtig, dass man auf die Bezeichnung achtet. Es gibt verschiedene Namen, die längst nicht alle das Selbe meinen, z.B. häufig ist:

Jamón Iberico de Cebo, Cebo für Mast, wobei damit Getreidemast gemeint ist
Jamón Iberico de Bellota, Bellota für Eichel (der Steineiche)

Laut Wikipedia gibt es noch:
Jamón Ibérico de Recebo, das ist Eichelmast mit einer reinen Getreide-Endmästung

Jamón heisst Schinken und Iberico bezeichnet die Schweinerasse (Iberisches Schwein) und deutet nicht etwa auf die Herkunft des Schinkens hin.

http://de.wikipedia.org/wiki/Jam%C3%B3n_Ib%C3%A9rico

Sehr interessant ist übrigens der Beitrag zum Thema Eichelmast in Bezug auf dieses Thema, da er nämlich erstaunlich detailiert auf den Waldwert eingeht:

Zitat:

Bereits im Frankreich der Karolinger wurde der Wert eines Waldes danach beurteilt, wie stark er zur Weidewirtschaft genutzt werden konnte. Die Bewertung des Waldes nach seiner Weidekapazität setzte sich bis ins frühe 19. Jahrhundert fort. Forstwirtschaftliche Lehrbücher berechneten den Wert eines Eichenwaldes nicht nach dem mutmaßlichen Holzertrag, sondern nach dem kapitalisierten Eichelerlös, dem Dehme.

In Ländern wie beispielsweise der Schweiz, in denen der Wald in Gemeindebesitz war, war genau festgelegt, wer wie viele Schweine in den Wald treiben durfte. Dies hing häufig auch davon ab, wie es um den Fruchtansatz der Eiche bestellt war. In Jahren der Vollmast konnten alle Schweine im Wald geweidet werden, in Jahren mit nur magerem Fruchtansatz waren es nur ausgewählte Tiere. In den englischen Sprachbereich beinhaltet der Ausdruck Commons (deutsch Allmende) ein der Krone oder der Gemeinde gehöriges Waldstück, welches zur Eichel- oder Ahornmast zur Verfügung stand.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Eichelmast


Und noch ein interessantes Thema wird dort angesprochen, das hier aber nur am Rande noch erwähnt werden soll, da es mit dem Wald selbst nicht mehr viel zu tun hat, dafür mit der Entstehung der Haustierschweine, nämlich, dass früher die Schweine im Wald lebten und teilweise von Wildschweinen gedeckt wurde, was dazu führte, dass sie ihnen lange sehr ähnlich sahen. Die heutigen modernen Schweinerassen sind also sehr junge Züchtungen und entstanden innerhalb weniger Jahrzehnte... ich will das Thema aber hier jetzt nicht weiter ausführen. Bei Bedarf kann das ja in einem separaten Thread (unter Mensch/Tier/Kultur oder so) getan werden.

Noch ein kurzer abschliessender Kommentar, ich wollte dieses Thema (Eichelmast) hier im Forum schon seit längerem gerne mal ansprechen. Jetzt bot sich eine gute Gelegenheit und was mir besonders gefällt, dass der Wikipedia-Eichelmast-Beitrag so schön den Bogen schliesst zum Thema alternative Waldnutzung und somit einen weiteren Einblick in die historische Waldnutzung bietet.
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BeitragVerfasst am: 13.10.2013 17:52    Titel: Re: Schnaitelbäume, Futterlaub und Laubwirtschaft Antworten mit Zitat

Es geht noch weiter:
Auch wieder Spanien. Desha:
http://de.wikipedia.org/wiki/Dehesa
"Dehesa (port. Montado) ist die spanische Bezeichnung für beweidete Eichenhaine (Hutewälder), die vor allem im Südwesten Spaniens (Autonome Gemeinschaften Extremadura und Andalusien) und in Portugal ausgedehnte Flächen einnehmen. Die Dehesa wurde traditionell als Gemeineigentum (ähnlich einer Allmende) gemeinsam bewirtschaftet; noch heute befinden sich die Ländereien oft im Eigentum der Gemeinde."

Und Fundstück Nummer 2: "Hutewald"
http://de.wikipedia.org/wiki/Hutewald
"Ein Hutewald, auch Hudewald oder Hutung genannt, ist ein als Weide genutzter Wald.

Die Nutzung eines Waldes als Waldweide (Hute/Hude) fand überwiegend in Gebieten statt, wo es keine oder nur wenige offene Weideflächen – wie früher üblicherweise im westlichen Mitteleuropa – gab. Auch waren Rodungen oftmals zu aufwendig, um diese Flächen später nur als Weide zu nutzen. Hierdurch entstanden im Laufe der Zeit durch die Beweidung ein deutlich unterdrückter oder reduzierter Nachwuchs von Bäumen und Unterholz und dies unter Behalt einiger, schließlich sehr alter Nährbäume. Lichte bis fast offene, parkartige Wälder bis hin zu baumbestandenen Weiden entstanden, so dass sich allmählich ein fließender Übergang zur Hutweide ergab."
Apropos Hute = hüten, Tiere hüten, sprich also ein behüteter Wald
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BeitragVerfasst am: 29.05.2016 00:34    Titel: Re: Schnaitelbäume, Futterlaub und Laubwirtschaft Antworten mit Zitat

Es gibt noch ein paar Updates.

Stichwort Hutewald:
In Deutschland gibt es angeblich kaum noch Hutewälder, seit etwa 2000 aber wurden eine Reihe von Projekten neu lanciert, um wieder Hutewälder aufzubauen. Bei meiner Recherche vor einiger Zeit bin ich etwa auf 3 Projekte für Deutschland gestossen.

Interessant war es daher, dass ich kürzlich, als ich im April in Wien war, eher per Zufall dort auf einen Hutewald stiess. Ich konnte dann auch Fotos machen:
http://www.degupedia.de/wiki/index.php/Bisamberg_%28Wien%29
Einen eigenen Wiki-Beitrag gibt es noch nicht zu den Hutewäldern (Stand: Mai 2016), aber geplant wäre es natürlich schon, dass ich das noch ändern werde. Zur Laubwirtschaft gibt es dagegen schon seit einiger Zeit einen Beitrag:
http://www.degupedia.de/wiki/index.php/Laubwirtschaft
Ich werde wohl in der nächsten Zeit versuchen, da auch noch etwas weiter zu arbeiten.

Stichwort Schnaitelbäume:
Dass sie auch in der Schweiz nichts so ungewöhnliches sind (ebenso wie in Österreich), das war mir zwar bekannt, aber wenn man sich nicht achtet, so ist das kaum ein Thema. Beim Wandern war mir dann aufgefallen, als ich in der Ostschweiz im Appenzellerland war, dass es da Bäume entlang einer Allee gab, die den Berg hoch zu einem Bauernhof führte, dass diese vom Schnitt so aussehen, als ob sie zur Schnaitellaubgewinnung genutzt werden könnten. Gewissheit darüber bekam ich zwar nicht, aber vor einiger Zeit stiess ich dafür in einem Wanderbuch auf einen interessanten Kommentar zur Schnaitelbaumnutzung in einer ganz anderen Region der Schweiz:

Der Titel ist zwar nicht ganz so spektakulär "Wetterbäume und Wetterahorn", aber der Untertitel machte mich dann doch neugierig:
Zitat:

Futter fürs Vieh, Schutz für die Menschen

Die Verehrung des Bergahorns kam nicht von ungefähr, hatte der stattliche Baum früher doch zahlreiche Nutzen für den Menschen. Das Laub diente als Futter für Ziegen und Schafe und als Streu im Stall. Aus dem Saft liess sich Zucker gewinnen. Mindestens ebenso wichtig war aber der Schutz vor allem möglichen Unheil- Ahornzweige oder Holzstücke schützten Ställe vor Hexen und Blitzschlag. Wohngebäude vor Fledermäusen und Felder vor Maulwürfen. Viele Ortsnamen zeugen heute noch davon, wie wichtig der Bergahorn für die ansässige Bevölkerung war. Das Gebiet "Ahoren", das wir auf unserer Wanderung durchstreifen, entpuppt sich als eine weitere Bergwiese mit zahlreichen alten Bergahornen - eine parkähnliche Landschaft, welche die Bauern schufen, indem sie alle Bäume ausser den geschätzten Ahornen fällten.

Quelle: S. 17, in: Barbara Leuthold Hasler (2012): Blütenwandern. 20 Ausflüge zu Blüten, Bäumen und Urpflanzen. 1. Auflage. Coop Presse Basel/Rothus AG Solothurn. (www.coopzeitung.ch/buchverlag)


Die erwähnte Wanderung führt von Rosenlaui (Beim Wellhorn und Rosenlauigletscher) über Rufenen, Brock und von da führt der Weg eben über die "Ahoren" nach Pfanni und von da gibt es einen kleinen Rundweg über Gibelplatti, Scheidegg Oberläger und Bidem nach Schwarzwaldalp. Das Wandergebiet befindet sich im Kanton Bern zwischen Meiringen und Grindelwald.

Für mich interessant ist die hohe Wertschätzung des Bergahorns und dessen wichtige Nutzung auch als Futterbaum.
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BeitragVerfasst am: 29.05.2016 17:40    Titel: Re: Schnaitelbäume, Futterlaub und Laubwirtschaft Antworten mit Zitat

Das ausgerechnet der Bergahorn, der bei meinen Tieren unter "Nicht schon wieder Bergahorn, das Zeug schmeckt doch nicht, mußt du doch langsam wissen!" liefen, eine derartig hohe Bedeutung in der Schweiz als Futterbaum hatte, find ich faszinierend.
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BeitragVerfasst am: 16.06.2016 05:55    Titel: Re: Schnaitelbäume, Futterlaub und Laubwirtschaft Antworten mit Zitat

Ja ich fand das auch faszinierend, eben aus diesem Grund. Bei mir war Ahorn bisher auch in der Kategorie wenig beliebtes Futterzeug verbucht.
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BeitragVerfasst am: 15.04.2017 11:06    Titel: Antworten mit Zitat

Ich habe nochmals ein Fundstück, auf das ich gestossen bin, als ich nach Jost von Trier und seiner Literatur suchte...

Stuber, M. Bürgi, M. (2001): Agrarische Waldnutzungen in der Schweiz 1800–1950. Waldweide, Waldheu, Nadel- und Laubfutter. Schweiz. Z. Forstwes. 152: 490-508. (Abstract | PDF)
Stichworte: forest history; agricultural history; woodpasture; pollarding; Switzerland

Zusammenfassung:

"Eine der Grundvoraussetzungen für die erfolgreiche Realisie-
rung nachhaltiger Holzproduktion im 19. und frühen 20. Jahr-
hundert war die Verdrängung der agrarischen Waldnutzun-
gen. Heute erhalten diese forstlich lange Zeit geächteten tra-
ditionellen Waldbewirtschaftungsformen teilweise eine Neu-
bewertung, weil sie tendenziell zu vorratsärmeren und lichte-
ren Wäldern führen, was aus artenschützerischer Sicht durch-
aus positiv gesehen wird. Die vorliegende Literatursynthese
gibt einen historischen Überblick zu Ausführung und Inten-
sität der agrarischen Waldnutzungen in der Schweiz. Ein
besonderes Augenmerk gilt den vielfältigen Wechselwirkun-
gen zwischen den lokalen Nutzergruppen, den Interessen des
Forstdienstes, den übergeordneten Prozessen wie Agrarmo-
dernisierung oder Eisenbahnbau sowie den konkreten histo-
risch-ökologischen Waldstrukturen. Im speziellen geht es in
diesem ersten Teil der Untersuchung um Waldweide und Wald-
heunutzung, die beide nicht nur mit der Holzproduktion, son-
dern auch mit dem Schutzwald in stärksten Konflikt geraten,
sowie um die Nadel- und Futterlaubnutzung. Im später fol-
genden zweiten Teil des Aufsatzes sollen dann die Streu-
entnahme und die landwirtschaftliche Zwischennutzung im
Vordergrund stehen."

Sehr wertvoll an dem Beitrag finde ich das begleitende Bildmaterial, unter anderem von Schneitelbäumen und Informationen über verschiedene Schnittarten. Neben Fotografien gibt es auch Zeichnungen und alte Kupferstiche, alle in Schwarz/Weiss.

In eine sehr ähnliche Richtung geht zudem folgender Beitrag:

Konol, W. Reeg, T. (2010): Historische agroforstliche Nutzungsformen in Mitteleuropa, S. 173ff. In: Alemannisches Jahrbuch 2007/2008. Alemannisches Institut, Freiburg im Breisgau.

http://www.agroforst.multifunktion.uni-freiburg.de/Downloads/Agroforst_Konold.pdf
(die Quellenangaben zum Text fehlen leider weitgehend, können aber teilweise aus den in den Fussnoten erwähnten Kurzangaben von Autoren und Jahr erraten werden)

Die reichlichen Illustrationen sind hier aber überwiegend farbig, einerseits gibt es aktuelle Farbfotos von Schneitelbäumen, andererseits farbige Zeichnungen, Pläne etc. teilweise auch Grundrisskarten von Schlossgrundstücke und ähnliches. Die Schnittmenge des Bildmaterials zu Stuber und Bürgi ist daher nicht so gross, wodurch das Themenfeld erweitert wird.
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BeitragVerfasst am: 06.09.2017 00:49    Titel: Re: Schnaitelbaeume, Futterlaub und Laubwirtschaft Antworten mit Zitat

davX hat Folgendes geschrieben:

Der Titel ist zwar nicht ganz so spektakulär "Wetterbäume und Wetterahorn", aber der Untertitel machte mich dann doch neugierig:
Zitat:

Futter fürs Vieh, Schutz für die Menschen

Die Verehrung des Bergahorns kam nicht von ungefähr, hatte der stattliche Baum früher doch zahlreiche Nutzen für den Menschen. Das Laub diente als Futter für Ziegen und Schafe und als Streu im Stall. Aus dem Saft liess sich Zucker gewinnen. Mindestens ebenso wichtig war aber der Schutz vor allem möglichen Unheil- Ahornzweige oder Holzstücke schützten Ställe vor Hexen und Blitzschlag. Wohngebäude vor Fledermäusen und Felder vor Maulwürfen. Viele Ortsnamen zeugen heute noch davon, wie wichtig der Bergahorn für die ansässige Bevölkerung war. Das Gebiet "Ahoren", das wir auf unserer Wanderung durchstreifen, entpuppt sich als eine weitere Bergwiese mit zahlreichen alten Bergahornen - eine parkähnliche Landschaft, welche die Bauern schufen, indem sie alle Bäume ausser den geschätzten Ahornen fällten.

Quelle: S. 17, in: Barbara Leuthold Hasler (2012): Blütenwandern. 20 Ausflüge zu Blüten, Bäumen und Urpflanzen. 1. Auflage. Coop Presse Basel/Rothus AG Solothurn. (www.coopzeitung.ch/buchverlag)


Die erwähnte Wanderung führt von Rosenlaui (Beim Wellhorn und Rosenlauigletscher) über Rufenen, Brock und von da führt der Weg eben über die "Ahoren" nach Pfanni und von da gibt es einen kleinen Rundweg über Gibelplatti, Scheidegg Oberläger und Bidem nach Schwarzwaldalp. Das Wandergebiet befindet sich im Kanton Bern zwischen Meiringen und Grindelwald.

Für mich interessant ist die hohe Wertschätzung des Bergahorns und dessen wichtige Nutzung auch als Futterbaum.

Hier kann ich noch ergänzen durch meine 14 Tage auf der Schweibenalp (in der Nähe der Axalp bei Brienz). Die Schweibenalp liegt etwas über 1000 m Höhe an einem Nordhang zwischen Axalp (welche zwischen 1600 und 2400 m Höhe liegt, wobei 2400 m der Kamm, bzw. Axalphorn ist) im Süden und dem Brienzersee im Norden. Die Felswand zum See fällt recht steil ab und ist dicht mit Nadelgehölz bewachsen. Bemerkenswert ist, dass die Alp, welche einst eine Kuhweide ist und jetzt eben eine Permakultur, zahlreiche alte Bergahorne aufweist. Diese wurden entlang eines alten Weges gepflanzt, aber auch sonst findet man sie auf dem Gelände, insbesondere aber in Aleen angepflanzt, was ich so deute, dass dort früher (schon) Wege gab und man bewusst diesen Baum wählte, wohl als Futterbaum, wohl als Schattenspender. Der dichte Bewuchs der Stämme mit Moos weist auf ein feuchtes Klima hin. Beim oben zitierten Text weist diesbezüglich der Begriff "Wetterbaum" darauf hin, dass diese Bäume womöglich auch einem feuchten Klima ausgesetzt sein dürften. Da ich bisher nicht dort war und der Text nicht sehr präzise ist diesbezüglich (die Bilder habe ich leider gerade nicht mehr im Kopf, aber ich assoziiere diese Bäume irgendwie mit Moos an den Stämmen, womöglich weil man das auf den Fotos im Buch sieht), muss hier ein Fragezeichen bleiben.
Aber es scheint mir, dass der Bergahorn doch eher ein etwas feuchteres Klima bewohnt.
Ach ja, noch etwas, der Baum ist sehr gross und imposant. Er liefert viel Biomasse, was früher noch von grösserer Bedeutung war... ausser man betreibt Permakultur oder kümmert sich zumindest um einen guten Kompost, der auch reichlich gefüttert werden will mit gutem Material...
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BeitragVerfasst am: 06.09.2017 15:45    Titel: Antworten mit Zitat

Ich glaub, daß ausgerechnet der Bergahorn in der Schweiz zu solch einem guten Ruf gekommen ist, liegt daran, daß es einer der ganz wenigen Pionierbaumarten ist, die durch das starke Wurzelgeflecht den Wind brechen können und nicht sturzgefährdet ist (im Gegensatz zur überall in den Alpen angebauten Fichte, die sehr sturmgefährdet ist und leicht knickt). Wenn also im Spätmittelalter die Wälder oberhalb eines Dorfes zum Bannwald erhoben wurden, um die Dörfer vor Steinschlag und Lawinen zu schützen, hatte man recht früh beobachtet, daß die Ahörner die ausdauerndsten Bäume im Bannwald waren - andere Bäume dagegen knickten leicht, wenn doch mal ne größere Lawine runterkam.
Dazu kommt einfach noch sein kulinarischer Wert für den Menschen ... ohne die Bannwaldeigenschaften zu gefährden konnte man den Ahorn nutzen, indem im Frühjahr das zuckerhaltige Wasser genutzt wurde. In Tieflagen wurde die Birke so genutzt - und hat auch heute noch in der Taiga einen ähnlichen Stellenwert, wie der Bergahorn in den Bergen.

Fichten entziehen dem Boden Nährstoffe, die Fichtennadeln zersetzen sich unter den bergigen Bedingungen so gut wie gar nicht - gibt zwar ne weiche Fichtennadelbodenschicht, über die es sich gut wandern läßt, aber genau dieser Fichtennadelboden verhindert jegliches Aufkommen anderer Pflanzen. In reinen Fichtenwäldern wächst bald nur noch Fichte ...
... ganz anders der Bergahorn, seine Blätter zersetzen sich sehr gut, daraus wird richtig guter Ackerboden ... wurde also der Bann der oberen Wälder gelockert und es durften tatsächlich dem Berg noch ein paar Felder abgerungen werden, ohne daß die Dorfvorsteher die Krise bekamen, konnte der Boden direkt genutzt werden. Auf Fichtennadelboden wächst selbst nach Jahren kaum was, insbesondere Gemüse mag nen Fichtennadelboden überhaupt nicht, ist zu sauer.

Die mittelalterliche Agrarwirtschaft basierte auf der Schweinehaltung - das war in der Schweiz nicht viel anders. Ahorn brachte ordentlich Schweinefutter, die Konkurrenz, nämlich Eichen und Buchen, brauchen deutlich nährstoffreicheren und tiefgründigen Boden und schaffen es nicht, in derartigen Höhen noch zu siedeln, wie der Bergahorn. Dem Bergahorn reicht noch das kleinste bischen Erde zwischen zwei Felsen aus.
Einzig die Flaumeiche schafft es, auf flachen Kalkuntergründen zu wachsen - aber sie kippt wiederum leicht, weil sie kein sehr starkes Wurzelgeflecht ausbildet.
Alles nicht sehr praktisch in der Almwirtschaft ... bleibt also nur der Bergahorn über und der bietet genügend Samen für die Schweine und genügend Blattwerk für die Winterfütterung von Schaf und Ziege - und die Knospen und jungen Blätter des Bergahorns kann man sich im Frühjahr sogar in die Suppe schnippeln, ist ein sehr gutes Gewürz - und das auch wieder, ganz ohne den Bergahorn zu schädigen.

Die Birke schafft es schlichtweg nicht, in derartigen Höhen sich flächendeckend auszubreiten, wird extrem schnell entwurzelt und außerdem wird sie nicht sehr alt und ist nicht sonderlich ertragreich, was Schweinefutter angeht. Also ein Baum, den man in der Schweiz im Mittelalter mit Sicherheit nicht haben wollte.

Also wenn man mal die Nutzungseigenschaften der einzelnen Baumarten sich anschaut, wird eigentlich klar, weshalb in der Almwirtschaft der Bergahorn gefördert wurde und eben nicht, wie im Tiefland, Buche und Eiche oder wie in der Taiga die Birke.
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BeitragVerfasst am: 07.09.2017 23:27    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
Ich glaub, daß ausgerechnet der Bergahorn in der Schweiz zu solch einem guten Ruf gekommen ist, liegt daran, daß es einer der ganz wenigen Pionierbaumarten ist, die durch das starke Wurzelgeflecht den Wind brechen können und nicht sturzgefährdet ist (im Gegensatz zur überall in den Alpen angebauten Fichte, die sehr sturmgefährdet ist und leicht knickt).

ob er wirklich so einen guten Ruf hat, weiss ich nicht. Auffällig ist, dass in gewissen Regionen er halt gerne gepflanzt wurde. Nachweise sind mir bisher nur im Bereich Berner Oberland bekannt, was nicht heisst, dass er in anderen Orten nicht geschätzt wurde, aber mir fehlen da schlicht und einfach Daten. Dazu bin ich ein Talbewohner, der eher selten in den Bergen unterwegs ist (okay im Vergleich zu euch, die in Deutschland leben, und nicht gerade im Einzugsgebiet der Alpen ist auch das wohl noch recht häufig, da ich doch einige Male pro Jahr in den Bergen und recht oft im Einzugsgebiet der Alpen, d.h. in den Voralpen bin).
Aber zurück zum Thema, wenn wir uns jetzt überlegen, dass der Bergahorn auch eher ein feuchteres Klima mag, setzt ihm das auch Grenzen bei seiner Verbreitung. Im Wallis, wo ich häufiger bin, wenn ich mal in die Berge gehe, dort ist es oft auch eher trocken und man sieht jetzt häufiger dort auch Nadelgehölz, und was mir noch gelbieben ist, das sind Ebereschen, die im Herbst durch ihre leuchtenden Früchte auffallen. Ich müsste mich aber genauer achten, was sonst noch so wächst.
Wenn ich wiederum an die Voralpen denke, an die hügeligen Voralpen zwischen Luzern und Fribourg (u.a. Entlebuch, Emmental), dann sind die Charakterbäume eher Eschen und Linden, die man gerne auf der abgerundeten Hügelkuppe pflanzt, was sehr hübsch aussieht und durch die mächtigen Bäume auch etwas Spezielles, ja fast Mystisches hat.

Die Birke ist übrigens eher ein Moorbaum und dominiert in der Schweiz insbesondere in moorigen Gebieten, sonst ist sie eher selten, bzw. wurde in den letzten Jahrzehnten häufiger in gewissen Gebieten als Alleebaum entlang von Autostrassen gepflanzt. Ob das Tradition hat und die Bäume eine kurze Lebensspanne haben, das weiss ich nicht, es sieht jedoch eher nicht danach aus und Tatsache ist, dass mir kaum alte Birkenbestände bekannt sind, bzw. sie sind mir nicht aufgefallen (könnte das eventuell damit zu tun haben, dass die mit dem Alter die charakteristische weisse Rinde verlieren? Das wäre ein Grund, dass die bei mir dann aus dem Radar fielen und jegliche Aussagen zu diesem Thema meinerseits torpedieren).

Zitat:
Fichten entziehen dem Boden Nährstoffe, die Fichtennadeln zersetzen sich unter den bergigen Bedingungen so gut wie gar nicht - gibt zwar ne weiche Fichtennadelbodenschicht, über die es sich gut wandern läßt, aber genau dieser Fichtennadelboden verhindert jegliches Aufkommen anderer Pflanzen. In reinen Fichtenwäldern wächst bald nur noch Fichte ...

Gut, dass mich dieses Thema momentan auch andersweitig beschäftigt. Mit den Fichten hat es so auf sich, dass deren verrottenden Nadeln sehr sauer sind, saurer als z.B. das Laub von Laubbäumen. Gewinnt man daraus Kompost, so ist das was für Heidegewächse, wer also Heidelbeeren kultivieren will, der darf sich ob solchem Kompost freuen. Klar, dass sowas wenig geschätzt wurde auf kultivierter Anbaufläche. Von Heidelbeeren und anderen Heidegewächsen kann man schlecht leben. Die Erntezeit ist kurz und ist der Boden weniger sauer, bekommt man deutlich mehr Ertrag pro Fläche und erst noch wesentlich artenreicher und vielfältiger in der Ernte. Insofern denke ich auch, dass da der Bergahorn eine deutlich sinnvollere Wahl ist. Vermutlich ist auch das Holz noch ein Aspekt, der wenn auch eher von weniger grosser Bedeutung sein dürfte, gerade bei den sehr alten Bäumen, die ja erst über viele Jahre wachsen. Aber vielleicht wurden einige auch deutlich früher geerntet, die dazuwischen gepflanzt wurden und man hat nur wirklich gute Exemplare lange stehen lassen. So hätte man zumindest den Ertrag noch etwas diversifiziert und man hätte etwas Auslese und eine Teilverjüngung des Bestandes, was man nicht hätte, wenn alle Bäume miteinander altern (okay, ist vielleicht auch eine unrealistische Annahme, da Sturm, Krankheiten etc. vermutlich zwischendurch beim einen oder anderen Baum zum vorzeitigen Ableben und einer natürlichen Verüngung führen würde, da man ihn ersetzen müsste).

Zitat:

Die mittelalterliche Agrarwirtschaft basierte auf der Schweinehaltung - das war in der Schweiz nicht viel anders. Ahorn brachte ordentlich Schweinefutter, die Konkurrenz, nämlich Eichen und Buchen, brauchen deutlich nährstoffreicheren und tiefgründigen Boden und schaffen es nicht, in derartigen Höhen noch zu siedeln, wie der Bergahorn. Dem Bergahorn reicht noch das kleinste bischen Erde zwischen zwei Felsen aus.

Gut, das ist jetzt vielleicht schwierig im Nachhinein zu beurteilen, aber was den Boden angeht, so ist dieser vermutlich durchaus nährstoffreich. Im Gebiet der Ahorne war zuvor eine fette Kuhweide mit schwerem, verdichtetem Boden. Als ich das Gebiet darum herum erwanderte, entdeckte ich etwas weiter oben, am Rande einer steilen Felswand gelb und blau blühende Eisenhüte, welche ja auch Zeiger für nährstoffreiche Böden sind. Eine karge Landschaft sähe anders aus. Den Eichen wäre aber der Lebensraum vermutlich zu kühl und zu feucht. Auch Buchen mögen wahrscheinlich soviel Feuchte und dieses kühle Klima nicht so sehr. Davon abgesehen dürfte der Boden an gewissen Stellen recht felsig sein und tatsächlich nicht so tiefgründig. Wenn du davon ausgehst, dass der Boden mal anders aussah, und dass man ihn über Jahrhunderte erst mit laubreichen Bäumen (womöglich Bergahorne) aufbaute, dann könnte das durchaus stimmen. Wie gesagt, wie der Boden da einst mal aussah, bevor der Mensch sich in den Kopf setzte, dass er diesen Boden da kultivieren möchte, das weiss ich nicht. Da könnte es schon sein, dass der mal karg und felsig war und Mensch mühsam der Natur etwas Ernte abtrotzte und später dann Weide daraus machte. Vielleicht war da aber schon eher üppiger Laubwald und der Mensch holzte ab, machte Weide daraus und der Boden wurde so üppig vom Wald gebildet. Dass der Boden (Laub)Bäumen und Sträuchern zu verdanken ist, daran möchte ich jedoch nicht zweifeln.

Zitat:

Die mittelalterliche Agrarwirtschaft basierte auf der Schweinehaltung - das war in der Schweiz nicht viel anders. Ahorn brachte ordentlich Schweinefutter, die Konkurrenz, nämlich Eichen und Buchen, brauchen deutlich nährstoffreicheren und tiefgründigen Boden und schaffen es nicht, in derartigen Höhen noch zu siedeln, wie der Bergahorn. Dem Bergahorn reicht noch das kleinste bischen Erde zwischen zwei Felsen aus.

Wie gesagt, was war da vor dem Mittelalter? Diese Gebiete entstanden ja nicht erst mit dem Mittelalter. Die Schweinehaltung im Hutewald war vermutlich auch in der Schweiz bedeutend. Das wäre sicherlich eine naheliegende Annahme und es gibt Indikatoren in der Literatur, die mir bisher über den Weg lief. Eine Vertiefung des Themas wäre aber sicherlich interessant. Es sollte wohl alte Quellen geben, die diese Zeit in der Schweiz auch etwas besser beleuchten. Ich denke aber, das bringt uns bezüglich der Landschaft der Region auch nicht unbedingt viel weiter, aber die Bewirtschaftung spielt gewiss eine Rolle für die Historie einer Landschaft. Und es ist natürlich spannend nachzuvollziehen, wie sich die Landnutzung einer Region über die Jahrhunderte entwickelt und verändert.

Zitat:
Die Birke schafft es schlichtweg nicht, in derartigen Höhen sich flächendeckend auszubreiten, wird extrem schnell entwurzelt und außerdem wird sie nicht sehr alt und ist nicht sonderlich ertragreich, was Schweinefutter angeht. Also ein Baum, den man in der Schweiz im Mittelalter mit Sicherheit nicht haben wollte.

Ich denke der Futteraspekt dürfte sicherlich ein gewichtiges K.O.-Kriterium für die Birke sein. Daneben scheint der Nutzen des Baumes abseits von Moorgebieten doch eher beschränkt zu sein, und ich vermute mal, dass der ornamentale Nutzen als Baum entlang von Strassen eher ein Phänomen der Moderne sein dürfte... das ist zumindest mein bisheriger Eindruck. Vom Klima her würde er wohl auch in die Berge passen, aber felsiger Untergrund ist vermutlich nicht gerade so vorteilhaft für ihn und der Mensch mag ihn offenbar auch nicht so sonderlich, wo für ihn wertvollere Bäume wachsen können.

Zitat:

Also wenn man mal die Nutzungseigenschaften der einzelnen Baumarten sich anschaut, wird eigentlich klar, weshalb in der Almwirtschaft der Bergahorn gefördert wurde und eben nicht, wie im Tiefland, Buche und Eiche oder wie in der Taiga die Birke.

Ja das denke ich auch. Es könnte aber womöglich auch noch kulturelle Gründe geben, dass eben in gewissen Regionen dann eher Ahorne gepflanzt werden, in anderen eher Eschen.
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