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Murx Pickwick Quoten-Kobold
Anmeldungsdatum: 23.07.2005 Beiträge: 4622 Wohnort: Runkel
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Verfasst am: 12.07.2011 15:41 Titel: Re: Schachtelhalme |
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Das Geschmacksempfinden ist unmittelbar vom Geruch und vom inneren körperlichen Zustand abhängig ...
Einfacher Versuch:
Verbinde dir die Augen, laß dir etwas unter die Nase halten, auf das du gerade Appetit hast und schon kann man dir so ziemlich alles, was halbwegs die Oberflächenbeschaffenheit hat, wie das zu erwartende Futter, in den Mund schieben und dir wirds schmecken.
Wenn dir dagegen etwas eklig riechendes unter die Nase gehalten wird, schmeckt dir selbst das Futter nicht mehr, was du gerade am liebsten essen würdest. Dir Vergeht der Appetit und der Geschmack des Essens ist dahin.
Was bei uns klappt, klappt bei Kaninchen auch ... der Geschmack ist hauptsächlich abhängig von Geruch, aber auch vom inneren Zustand, von der Geschmackserwartung, von dem, was die Geschmacksknospen an Zusatzinformationen liefern (Schimmliges wird sowohl vom Menschen, als auch Kaninchen ausgespuckt, selbst wenn es noch gar nicht schimmlig riecht), bei uns Menschen zudem auch noch vom Aussehen (wenn dir jemand einen Apfel mit Erdbeergeschmack unterjubelt, wirst du den Apfel selbst dann ausspucken, wenn du Erdbeeren gerne magst. Der erwartete Geschmack stimmt nicht mit dem tatsächlichen Geschmack überein.)
Der Geschmack ist also nur das Rechenergebnis aus den Meßwerten, welche die einzelnen Sensoren (Riechzellen, Geschmacksknospen, Schmerzrezeptoren und weitere Rezeptoren, vor allem innerhalb des Körpers) liefern. Wer also nach Geschmack ißt, ißt immer nach Bedarf und Geruch ...
Gerade das Frühjahr ist feucht, die Kaninchen kommen aus einer Jahreszeit mit sehr eingeschränktem Nahrungsangebot und eingeschränkten Lichtverhältnissen. Dadurch ist das Immunsystem heruntergefahren und Blase und Niere sind besonders belastet durch einen erhöhten Infektionsdruck. Es liegt also gerade im Frühjahr ein Bedarf an harntreibenden, immunstärkenden Pflanzen vor - Schachtelhalm entspricht dem, es liegt also ein hoher Bedarf an Schachtelhalm vor ... kein Wunder, wenn sie den dann fressen, aber sonst im trockenen Sommer, wenn es auf der Wiese sensationell viele Kräuter gibt, nicht mehr ... im Herbst wiederum macht sich der Schachtelhalm fertig zum Absterben, zumindest in unseren Breitengraden. Die Wirkung verändert sich, er wirkt kaum mehr immunstärkend und harntreibend - gerade im Herbst werden bei Bedarf nach harntreibenden Pflanzen normalerweise andere Pflanzen bevorzugt.
Meine Kaninchen fressen ganzjährig Schachtelhalm ... sie sitzen aber auch im feuchten Stall bei wenig Licht, also alles andere wie artgerecht und haben deshalb ein generell nicht so gutes Immunsystem, wie Kaninchen, welche die Sonne auf der Weide genießen dürfen. Auch, wenn die Einstreu immer rechtzeitig rausgekarrt wird und sie nicht in der vollgepinkelten Einstreu sitzen müssen, der Infektionsdruck auf Blase und Niere ist deutlich höher, wie auf der Weide mit nur nächtlichem Stall.
Oft ist der Bedarf sehr subtil und für uns Menschen nicht erkennbar - dennoch schlägt sich das im Geschmack wieder, einfach weil der Geschmack das Rechenergebnis aller für die Kaninchen meßbaren Parameter ist.
Der Hunger ist wiederum eine innere Meßgröße (oder besser gesagt, eine zusammengesetzte Meßgröße) ... es heißt nicht umsonst, der Hunger treibts rein ...
Der Hunger steigert den Geschmack von allem, was nur irgendwie als Nahrung passen könnte - bis irgendwann selbst das ekligste Futter so lecker schmeckt, daß es gefressen wird ... natürlich wird auch hier wieder das, was besser paßt, besser schmecken, also bevorzugt gefressen - aber was nicht da ist, ist nicht da - der Hunger treibts rein.
Ein Problem übrigens, was unsere Rehe in unserer aufgeräumten Landschaft haben ... ausgerechnet in der Zeit, wo seit es Rehe gibt, die Mastzeit für Rehe liegt, wo sie die meisten und eiweißreichsten Pflanzen finden, wird alles gemäht, abgeerntet und die Rehe dürfen Hunger schieben. Sie können sich nicht mehr wie früher nen Winterspeck anfressen. _________________ Marx ist die Theorie
Murx ist die Praxis!
Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
"Der Besitzer dieses Dokumentes ist berechtigt, sich seines Verstandes zu bedienen, Informationen zu produzieren, replizieren und konsumieren, sich frei und ohne Kontrolle zu entfalten in Privatsphäre und Öffentlichkeit.
Behinderung dieser Rechte wird geahndet durch die Piratenpartei Deutschland" |
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Andreas Kaninchen würden Wiese kaufen
Anmeldungsdatum: 27.02.2009 Beiträge: 1239
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Verfasst am: 12.07.2011 16:58 Titel: |
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Hallo Murx,
vielleicht habe ich mich zu ungenau ausgedrückt: ein Kaninchen selektiert auch, ohne zu schmecken. Das heißt, es sondert z. B. Nahrung aus, ohne sie überhaupt in das Maul zu nehmen (siehe das Beispiel von Niehaus). Es weiß schon vorher, dass es die nicht mag bzw. sie nicht gut ist. Im schlimmsten Fall könnte man auch folgendes annehmen: warum soll ein Kaninchen erst schmecken, dass etwas tödlich giftig ist, wenn ihm das schon der Geruch sagt? Das heißt, der Geschmack allein ist nicht ausschlaggebend.
Der Schachtelhalm wird in der Zeit von Ende Mai/Anfang Juni gefressen. Vorher treiben ja erst einmal die Sporenähren. Ende Mai ist bei uns eigentlich schon (gefühlter) Sommer. Die „Notzeit“ ist dann für unsere Tiere schon drei Monate lang vorbei, wobei sie ja selbst im Winter Gras fressen (es sei denn, es liegt mal eine Woche lang 1m Schnee). Löwenzahn war diese Jahr zum Beispiel schon Anfang März aufgeblüht, ebenso Huflattich, Taubnessel usw.. Ich bezweifele stark, dass sie Ende Mai noch einen Mangel auszugleichen hatten.
freundliche Grüße,
Andreas |
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Murx Pickwick Quoten-Kobold
Anmeldungsdatum: 23.07.2005 Beiträge: 4622 Wohnort: Runkel
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Verfasst am: 12.07.2011 18:11 Titel: Re: Schachtelhalme |
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Zitat: | vielleicht habe ich mich zu ungenau ausgedrückt: ein Kaninchen selektiert auch, ohne zu schmecken. Das heißt, es sondert z. B. Nahrung aus, ohne sie überhaupt in das Maul zu nehmen (siehe das Beispiel von Niehaus). Es weiß schon vorher, dass es die nicht mag bzw. sie nicht gut ist. Im schlimmsten Fall könnte man auch folgendes annehmen: warum soll ein Kaninchen erst schmecken, dass etwas tödlich giftig ist, wenn ihm das schon der Geruch sagt? Das heißt, der Geschmack allein ist nicht ausschlaggebend. |
Ich glaub, langsam weiß ich, weshalb wir nicht zunander kommen ...
Intuitiv vermische ich als Genuß- und Nasenmensch Geruch und Geschmack und benutz daher Geschmack unbewußt übergreifend auch auf meinen Riechkolben ...
Im Großen und Ganzen selektieren wir Menschen nämlich genauso über die Nase, solange das uns nicht aberzogen wurde - erst wird gerochen, dann wird gegessen.
Wenn ich in Kneipen unterwegs war, hab ich deshalb nichtmal dann was dort gegessen oder Wein getrunken, wenn ich richtig bösen Hunger oder regelrechten Appetit auf ein gutes Tröpfchen hatte - das Essen roch schon nach Aschenbecher, ebenso der Wein. Das brauchte ich mir gar nicht erst in die Futterluke zu schieben - hatte ich es dennoch probiert, hatte es auch genau so geschmeckt, wie es gerochen hat: nach Aschenbecher! Ich habs folglich nicht wiederholt.
Den Kaninchen gehts letztendlich genauso ... warum sollten sie etwas schlecht riechendes fressen, wenn es eh so schmeckt, wie es riecht?
Wenn ich nun natürlich mit dieser Auffassung komme, und du kommst mit der richtigen Bedeutung von Geschmack, also das, was erst im Mund wahrnehmbar ist, dann sagst du zu Recht, die Kaninchen brauchen den Geschmack gar nicht erst, bei denen gehts über den Geruch.
Ich hab da nur noch nie drüber nachgedacht, daß ja das, was ich als Geschmack gelernt habe, eventuell nicht ganz deckungsgleich sein könnte mit der üblichen Bedeutung von Geschmack.
Ist es das? _________________ Marx ist die Theorie
Murx ist die Praxis!
Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
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Andreas Kaninchen würden Wiese kaufen
Anmeldungsdatum: 27.02.2009 Beiträge: 1239
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Verfasst am: 12.07.2011 20:45 Titel: Re: Schachtelhalme |
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Murx Pickwick hat Folgendes geschrieben: | Ist es das? |
Ich würde sagen: Ja.
Die Sinne existieren ja, und wenn sie existieren, werden sie auch genutzt. Würden sie nicht mehr gebraucht, wären sie rudimentär, zurückgebildet oder eben nicht mehr vorhanden. Das Kaninchenh hat aber sehr wohl einen ganz ausgezeichneten Geschmacks- und auch Geruchssinn.
Was es wohl für die Nahrungsaufnahme z. B. nicht oder nur bedingt nutzt, wäre das "Sehen". Das ist wiederum für viele andere Spezies wichtig und Pflanzen haben ja nicht umsonst farbige Blüten, besondere Formen usw., um entweder anzulocken oder fern zuhalten.
Jetzt passt es...
freundliche Grüße,
Andreas |
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Noraja Freak
Anmeldungsdatum: 25.04.2010 Beiträge: 663 Wohnort: Schweiz
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Verfasst am: 05.11.2012 01:10 Titel: |
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Huhu,
heute hab ich zum ersten mal beobachten können, dass meine Kaninchen ganz gezielt sehr viel Schachtelhalm frassen und zwar grad bei dreien von drei Kaninchen.
Als ich nach dem saubermachen frisch einstreute suchten sich Alisha und Mikado ganz gezielt mehere Schachtelhalmpflanzen aus dem Heu und frassen sie. Also hab ich Myrddin auch mal einen der getrockneten Schachtelhalme in die Nähe gelegt, der ihn nach Beschnuppern auch sofort annahm, obwohl reichlich anderes Futter um ihn herum lag.
In Folge dieser Beobachtung brachte ich den Kaninchen unter anderem frischen Schachtelhalm vorbei. Der wurde zwar auch unüblich viel gefressen, aber nicht mehr völlig ausschliesslich wie einige Minuten vorher beim Nachfüllen des Heus. Giersch, Efeu, Primelblätter und Malve waren da dann doch auch interessant.
Vorgeschichte dieser Beobachtung ist vermutlich das feuchte Herbstwetter, der Kälteeinbruch, aber vermutlich auch die Tatsache, dass mein Vater den Kaninchen nur noch wenig Grünes gibt (von So - Do lag hier eine geschlossene Schneedecke) und ich, die ich immer noch viel Grünes zusammensuche, die Kaninchen das letzte mal vor zwei Wochen besuchte und gefüttert hatte.
Liebe Grüsse
Lina _________________ www.kaninchen-info.de |
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