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Risikofaktor Antibiotika?

 
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davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 10.08.2008 22:12    Titel: Risikofaktor Antibiotika? Antworten mit Zitat

Huhu,

hier hatte ich schon mal einmal das Thema Antibiotika angesprochen, in Bezug auf seine Anwendung:
Umgang mit Antibiotika

Dieses Mal geht es mir um eine etwas andere Thematik, über den Sinn von Antibiotikagaben und unserem (riskanten?) Umgang mit Antibiotika.

1. Sinn der Antibiotikagaben
Ich weiss nicht ob ihr das kennt. TA-Besuch bei einem normalen TA. Mein Eindruck: häufig sind sie mit ihrem Latein am Ende, gerade bei unspezifischen Symptomen oder schwer zu deutenden Krankheitsbildern. Wohl dürfte auch fehlende Informationen bei der Anamnese von Seiten der Haltern auch einen Teil dazu beitragen. Doch Tierhalter - so scheint es mir - erwarten von TÄ Entscheidungen und (das finde ich jetzt entscheidend) eine Lösung. Fehlt diese, dann verschreiben oder verabreichen viele TÄ ein Antibiotika mit der Erklärung, möglicherweise könnten Bakterien sprich bakterielle Erreger das Tier (zusätzlich) schwächen. Da wir die nicht genau ausmachen können, gibts einfach mal ein Breitbandantibiotikum auf gut Glück, Bakterien mögen mitschuldig sein am Gesundheitszustand und auch nicht dagegen resistent. Es ist - so scheint mir ein ratloser, hilfloser Akt, es ist das, was die Halter erwarten: der Tierarzt hat alles versucht, er hat sich bemüht. Entweder bei den Optimisten ist dann ein Fehlschlag einfach Schicksal oder bei den Hardcore-Tierhaltern, die es eh besser wissen oder das meinen, ein Kriterium dass der TA schlecht sei ("er hat versagt").
Ich aber frage mich, ist nicht gerade diese pauschale AB-Gabe gefährlich und falsch? Ja die Erfolgschance, dass diese helfen können gegen null? Wäre es nicht besser nur bei klaren Symptomen, wenn auch eine AB-Gabe erfolgsersprechend erscheint, AB zu verabreichen?
Was sollten TÄ sonst tun? Sie sollten m.E. die Leute aufklären und ihnen sagen, dass eine AB-Gabe nahezu nutzlos seien, sprich die Erfolgschancen äusserst klein seien. Natürlich soll die Entscheidung letztlich beim Halter liegen, aber eben mit den entsprechenden Hintergrundinfos.

2. Risikopotential durch Umgang Antibiotika
Dann ein anderer Aspekt, der Umgang mit Antibiotika. Ich hab den Eindruck, dass da ein Gefahrenpotential lauert. Und zwar können durch Antibiotika sich Resistenzen bilden, wenn leichtfertig damit umgegangen wird und sie in unsere Umwelt (und damit Essenskreislauf) gelangen.
Doch wie gross ist dieses Risiko? Wohl ist der Heimtierhalter nicht das grösste Risiko, ich gehe davon aus, dass Industrie (Mastzucht, Schlachtereien etc.) ein viel grösseres Risiko darstellen dürften. Aber was ist problematisch und bis wie weit? Ist es problematisch ein Tier (z.B. Meerschwein) im eigenen Garten zu vergraben, das zuvor mit AB behandelt wurde und trotz Behandlung dann gestorben ist? Inwiefern ist es problematisch, wenn dieser Garten in einer Zone liegt, unter dieser sich Grundwasser (Trinkwasser) befindet? Inwiefern ist es problematisch, wenn neben dem vergrabenen Tier der Gemüsegarten liegt und Gemüse von da geerntet und gegessen wird? Wie schlimm ist, wenn AB-Reste ins Abwasser gelangen (z.B. verschüttete Mengen von AB-Gaben)? Gibt es sowas wie Grenzwerte? Klar sind die auch in gewissem Masse willkürlich und unsinnig, aber sie sollen doch in der Grössenordnung helfen die Gefahr einzuschätzen.
Was ist da dran?
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Camie
Süchtig


Anmeldungsdatum: 22.11.2007
Beiträge: 67
Wohnort: Hattingen

BeitragVerfasst am: 12.08.2008 10:34    Titel: Re: Risikofaktor Antibiotika? Antworten mit Zitat

Hi,

ja, meiner Meinung nach ist der verschwenderische, fast beliebige Umgang mit Antibiotika ein immenses Problem sowohl in der Tier- als auch Humanmedizin.

Wir hatten mal einen Vortrag hier an der Uni zu dem Thema... im Endeffekt ist es so, dass man super schnell (wenige Jahre) resistente Keime bekommt, weil ABs derart inflationär eingesetzt werden. Es gibt ein AB mit hohen Nebenwirkungen für Menschen, das an die Ärzte nur bei multiresistenten Infektionen ausgegeben werden darf und dessen Anwendung streng kontrolliert wird. Da gabs dann erst Resistenzen nach einem Jahrzehnt oder sogar noch länger... und das ist wahrscheinlich auch schon schnell, weil ja die multiresistenten schon viele Resistenzen tragen und die mur modifizieren müssen auf das neue AB.
Hinzu kommt, dass die Entwicklung neuer Antibiotika langsam vorangeht. Grund: AB soll man nur wenige Tage nehmen, nur bei (idealerweise) nachgewiesenen Infektionen... wird in der gleichen Entwicklungszeit ein neues Blutdruck- oder Cholesterinmittel entwickelt, bindet man Patienten den Rest ihres Lebens an die regelmäßige Einnahme und kann so wesentlich mehr verkaufen. So gibt es nur noch wenige Pharmafirmen, die überhaupt ABs entwickeln.

Zu deinem 1. Punkt:
Ja, Ärzte (egal ob Humanmediziner oder Veterinär) setzen den Kram oft inflationär ein. Teilweise wollen sie "auf Nummer sicher gehen" damit sich für den Kunden das gewünschte Ergebnis einstellt - eine "Überbehandlung" merkt der Tierhalter selbst nicht, aber eine langwierige Spurensuche schon. Er geht zu einem anderen Tierarzt, der spritzt dann alles was helfen *könnte* - irgendwas hat geholfen - der Halter ist zufrieden. Meiner Strubbel wurden mal wegen Haarlingen (sic!!!) Ivomec UND Stronghold gespritzt - ich hatte nicht vernünftig nachgefragt. Handelt es sich nachgewiesenermaßen um einen Virus oder Pilz - trotzdem wird AB gegeben, damit sich keine Zweitinfektion draufsetzt.
Außerdem *wollen* manche Patienten bzw. Tierhalter geradezu, dass etwas gespritzt wird - das ist so eine komische psychologische Sache, so mancher Patient will vom Hausarzt eine Spritze, obwohl es das gleiche Medikament als Tablette gibt... wenn "gepiekst" wird, haben manche erst das Gefühl, dass es hilft und sie ernstgenommen werden.

Zu deinem 2. Punkt:
Krankenhäuser, Massentierhaltung, ja sogar AB-Einnahme zu Hause, verbreiten AB in der Umwelt. An sich müßte das komplette Abwasser jedes Krankenhauses als Medikamenten-Sondermüll entsorgt werden - das kann sich aber keiner leisten, also kommts in die öffentliche Kanalisation. Und viele ABs werden "unverdaut" ausgeschieden. Genau so wenn du selbst mal AB nehmen mußt - auch das nimmt den Weg durch deine Toilette. Die Verunreinigung deines Gartens durch ein totes Tier ist da vernachlässigbar. Mich würde mal interessieren, wie viee Multiresistente es in den Kläranlagen gibt.

LG Camie (die einen Hausarzt gefunden hat, der tatsächlich AB nicht bei jeder Erkältung verschreibt)
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 12.08.2008 11:17    Titel: Re: Risikofaktor Antibiotika? Antworten mit Zitat

Ich nehm ja nun seit Jahrzehnten keine Antibiotika. Wenn es nötig wird, werde ich leider trotzdem nicht unbedingt auf volle Hilfe setzen können - die Wahrscheinlichkeit, daß ich von meinen Tieren, die die letzten vier bis fünf Jahre sehr viel AB bekommen haben, resistente Mikroben abbekomme, die ihrerseits die Resistenten an meine Krankheitserreger weitergeben, ist sehr hoch ...

Bei Blacky, einem Schnupfenkaninchen, konnte die Entwicklung von Resistenzen und deren Verschwinden gut beobachtet werden ... ich hatte regelmäßig Gaumenabstrich und Abstrich des Nasensekrets untersuchen lassen und auch darauf testen lassen, welche AB überhaupt noch wirken.
Die erste Untersuchung ergab, es gab eigentlich gar kein AB mehr, was hätte wirken können ... ein Jahr später konnten keine Resistenten nachgewiesen werden. Ich hatte in diesem Jahr nur auf Kräuter gesetzt. Die resistenten Krankheitserreger können unter solchen Bedingungen sich nicht mehr vermehren und sterben letztendlich unter dem Druck der Wildformen ab. Nach einem Jahr wirkten die Kräuter kaum noch, dafür wirkte wieder AB prima. Wieder ein Dreivierteljahr symptomlos, aber beim nächsten Check gabs halt wieder resistente Bakterien auf das eingesetzte AB ...
Das Ganze ging fast vier Jahre lang so ... die Abstände, wo sie schnupfte, wurden immer kürzer, nach dem Umzug hatte sie es endgültig nicht mehr geschafft. Der Umzugsstreß war dann einfach zuviel. Dazu kam, daß durch die immer kleiner werdenden symptomlosen Lücken auch einfach AB immer häufiger zum Einsatz kam ... die resistenten Bakterien überlebten und gaben ihre Resistenzen sehr schnell weiter ... die Wildformen dagegen überleben AB nicht.
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 15.08.2008 15:32    Titel: Re: Risikofaktor Antibiotika? Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

danke für eure Antworten und Einschätzungen. Das hat mir doch weitergeholfen. Ich war doch etwas unsicher, wie ich mit dem abstrakten Thema Antibiotika umgehen soll, sprich vor allem das tatsächliche Gefahrenpotential ist für den Laien ja schwer einschätzbar.

Zitat:
Außerdem *wollen* manche Patienten bzw. Tierhalter geradezu, dass etwas gespritzt wird - das ist so eine komische psychologische Sache, so mancher Patient will vom Hausarzt eine Spritze, obwohl es das gleiche Medikament als Tablette gibt... wenn "gepiekst" wird, haben manche erst das Gefühl, dass es hilft und sie ernstgenommen werden.

Ja das ist der Placebo-Effekt, wobei es muss nicht immer zwingend eine Spritze sein. Es geht doch darum, der Arzt oder TA hat sich dem Problem angenommen, nimmt es ernst und hat jetzt eine Lösung, die eventuell etwas helfen könnte. Die Lösung ist das "Placebo", sei es nun Spritze oder ein Medikament. Der Psyche ist es egal ob das wirkt oder nicht, denn für den Moment zählt, dass etwas physisches da ist, das die Hoffnung nähren kann, dass es etwas wirkt.
Ich hab das selber auch schon feststellen müssen, hatte ein krankes Tier und dieses hilflose Gefühl der Ohnmacht, dann TA, der gibt AB und das wirkte schon sehr gut auf die Psyche, aber realistisch betrachtet, hat sich für das Tier nichts gebessert.
Ich vermute, dass es einfach schwierig ist, zu erkennen wenn eine Situation aussichtslos ist, solange das Tier noch einigermassen Kraft hat und nicht schon halbwegs tot ist oder so stark an Krankheitssymptomen leidet, da fällt es doch einfach schwer eine Euthanasie zu akzeptieren, denn die Hoffnung ist ja immer noch da.
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BeitragVerfasst am: 15.08.2008 16:57    Titel: Re: Risikofaktor Antibiotika? Antworten mit Zitat

davX hat Folgendes geschrieben:
Ja das ist der Placebo-Effekt, wobei es muss nicht immer zwingend eine Spritze sein.


Damit hast du zwar auch recht, aber ich meinte in meinem Beitrag nicht den Placebo-Effekt, sondern explizit dass Patienten eine Spritze verlangen.
Ich habe einige solche Fälle mal hier gelesen. Es ging mir darum, dass Patienten z.B. wegen Schmerzen zum Arzt kommen und der ihnen ein Schmerzmittel in Tablettenform geben möchte. Dann sagen einige Patienten "Nein, das will ich nicht, Tabletten wirken nicht richtig (nicht nur langsamer - nein, sie wirken überhaupt nicht), ich möchte das gleiche Medikament als Spritze". Frei nach dem Motto: "Wenn ich eine Spritze bekommen muß, bin ich ernsthaft krank und der Arzt kümmert sich richtig um mich. Tabletten sind nix vernünftiges, meine Vitamine die ich im Drogeriemarkt kaufe sind ja auch Tabletten, dann können diese nicht viel wirksamer sein".

Ähnlich vielleicht beim Tierarzt - wenn der Arzt nur sagt "Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, was das ist, wir müssen das beobachten oder können dann noch Test XY machen" meinen manche dass er sich nicht richtig kümmert (und kassiert dafür noch was), wenns aber ne Spritze gibt (z.B. AB), ja dann wird dem Tier richtig geholfen Augenrollen .

Ich kann aber schwer einschätzen, wie groß dieser Effekt ist - viele, gerade junge Ärzte geben auch einfach prophylaktisch zu viel (was bei ABs eben nicht nur gefährlich fürs Tier selbst werden kann), gerade erst gesehen bei meinem Opa - ein frischgebackener Arzt übernimmt seine Stammpraxis, und schickt ihn beim ersten Kontrollbesuch erstmal ins CT... war natürlich nix, aber er meinte wohl offen, er sei noch unsicher und möchte nichts übersehen.[/url]
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