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Revierbildung bei grossen Gruppen?

 
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 14.07.2007 12:05    Titel: Revierbildung bei grossen Gruppen? Antworten mit Zitat

Hallo,

was mich seit einiger Zeit beschäftigt, man hört immer und immer wieder, dass grosse Gruppen in grossen Käfigen Reviere bilden täten und damit wird dann gerechtfertigt, dass diese besser noch kleinere Gehege bekämen als kleinere Gruppen und damit habe ich ehrlich gesagt irgendwie Mühe, da ich schwer die Vermutung habe, dass da etwas nicht ganz richtig verstanden wird.
Wenn eine grosse Gruppe bei viel Platz auseinander bricht, ist das dann nicht ein Zeichen, dass der innere Zusammenhalt nicht besonders gross ist und daher wohl eher ein Stress für sie ist, wenn sie zusammenleben müssen? Könnte es nicht sein, dass eine sehr stabile und harmonische Gruppe auch mit viel Platz kein Problem hat und deswegen nicht auseinanderbricht?
Ich habe irgendwie das Gefühl, dass viele Leute dieses Thema zu oberflächlich betrachten.
Was meint ihr dazu? Was sind eure Erfahrungen?

Ach ja, im Deguforum war darüber letzhin was, das mich eigentlich dazu brachte, dass ich das mal anspreche.. im Sinn hatte ich es aber schon zuvor:
Deguforum.de - Platz und grosse Gruppen bei Rennmäusen
Bezeichnend finde ich gerade den Fakt, dass gerade Rennmäuse in der Wildnis in riesigen Gruppen um die 15-17 Tiere leben und hier wird dazu geraten, sie in kleinen Gruppen zu halten?
Ich behaupte einfach mal dreist, dass die Gruppen ohne Rücksichtnahme auf die natürliche Familienstruktur gebildet werden und daher nie funktionieren können, da die Rollen nicht ausgewogen verteilt sind.
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Murx Pickwick
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
Beiträge: 4622
Wohnort: Runkel

BeitragVerfasst am: 14.07.2007 13:38    Titel: Antworten mit Zitat

Meriones unguiculatus

Rennmäuse sind ein ganz eigenes Thema - wir haben es hier mit einer domestizierten Form zu tun, die verhaltensmäßig keine Ähnlichkeit mehr mit der Wildform aufweist.

Frisch importierte mongolische Rennmäuse, also die Wildform, kann man in beliebig großen Gruppen auf beliebig viel oder wenig Platz halten, ohne das was passiert - ein auseinanderfallen der Gruppen findet nur dann statt, wenn der Platz für zwei Gruppen ausreicht.
Die Gruppengröße wird jedoch auch von den Wildmongolen durchaus gesteuert - hält man sie zu eng, bekommen sie keine Jungen. Eine Zucht im sprichwörtlichen Schuhkarton ist nicht möglich.
Sind zuviele ausgewachsene mongolische Rennmäuse pro Quadratmeter vorhanden, stellen sie das Jungebekommen ein. Eine Überpopulation kann also ohne Zusammensetzen und Auseinanderreißen der Gruppen nur entstehen, wenn mehrere halbwüchsige Rennmäuse in der Gruppe sind, die noch nicht mitgezählt werden. Eine Anpassung an die nicht sehr hohe Überlebenschance und die hohe Abwanderungsrate der Jugend ... die ja in Gefangenschaft nicht mehr stattfinden kann.

Noch bevor ich Rennmäuse gehalten hatte, war es wohl möglich, fremde, einzelne Rennmäuse in eine Rennmausgruppe zu integrieren - ich selbst hatte mit meinen Rennmäusen schon enorme Schwierigkeiten gehabt, einzelne Rennmäuse in meine Gruppen zu integrieren. Meist wurde der Ankömmling auch nach langem Duftaustausch etc unvermutet und "plötzlich" heftig verbissen - die Integration war schwierig, aber durchaus noch möglich. Sehr viel leichter war es jedoch, kurzerhand zwei einzelne Rennmäuse miteinander zu vergesellschaften, das war nicht schieriger wie bei Degus - oftmals sogar bedeutend einfacher.

Einzig zwei Rennmausgruppen, die aufeinander trafen, hatten sich auch bei der Wildform heftige Beschädigungskämpfe ohne Gnade geliefert, die schwächere Gruppe wurde dabei regelrecht aufgerieben. In Berlin gab es vereinzelt einige Leute, die aus Spaß Wetten auf solche Gruppen abschlossen und zwei Gruppen regelrecht aufeinanderhetzten. (Nein! Ich finde das nicht gut ... ich führe es hier einzig als Info an) Dabei waren die erfolgreichsten Gruppen nicht einmal die zahlenmäßig größten ... mit den domestizierten Rennmäusen ist so etwas nicht mehr möglich, die beißen sich bei Aufeinandertreffen auf eine fremde Gruppe innerhalb der eigenen Gruppe gegenseitig tot, das ist kein Krieg mehr, sondern nur noch ein gegenseitiges Gemetzel jeder gegen jeden.

Die domestizierte Form dagegen ist oft nicht mal mehr in der Lage, eine stabile Gründerpopulation, sprichweg Paarbindung, aufzubauen! Selbst Pärchen bekommen sich unvermutet in die Wolle und beißen sich gegenseitig tot - unabhängig vom Platzangebot. Es ist inzwischen reine Glückssache, ob man soweit passende Tiere erhält, daß die Gruppe bis zum Tod der einzelnen Mitglieder halbwegs zusammenhält oder ob sie sich eines Tages tödlich fetzen!

Es handelt sich hier um ein genetisches Phänomeen, nicht um ein erlerntes! Setze ich zwei isoliert aufgewachsene Rennmäuse der Wildform zusammen, werden sie sich auf Anhieb vertragen und glücklich sein, sich gefunden zu haben - auch ohne irgendwelche vorsichtige Annäherung, Duftaustausch etc. Mach ich den gleichen Versuch mit der domestizierten Form, hab ich Mord- und Totschlag!
Hab ich aus beiden Gruppen gut sozialisierte Tiere, habe ich das gleiche Ergebnis, wobei bei der Wildform beachtet werden muß, wie lange die beiden zukünftigen Partner aus ihrer Gruppe raus sind - frisch aus einer Gruppe raus und mit einem fremden Tier vergesellschaften geht nämlich nicht, man braucht wenigstens ein paar Tage Alleinsein, um ein problemloses einfach Zusetzen riskieren zu können.
Bei der domestizierten Form ist es vollkommen Wurscht, wie ich es anstelle, es kann mir zu jeder Zeit passieren, daß sich die Beiden tödlich in die Wolle bekommen!

Mus musculus
Bei Farbmäusen ist es etwas anderes - es ist einfach schwierig, ganze Mäuseböcke miteinander zu vergesellschaften. Ich hab des häufigeren größere Mäusebockgruppen gehalten - ab einem halben Jahr hat es sich immer wieder erwiesen, ja nix an der Gruppenzusammenstellung ändern, sonst fangen die Herrschaften an, sich zu prügeln. Es muß auch mit sehr, sehr viel Einfühlungsvermögen und viel Zeit zur Beobachtung (auch Nachts) aufgebracht werden, um die richtigen Böcke miteinander zu vergesellschaften - bei weitem nicht jeder Bock paßt zu jedem Bock.

Eine interessante und unübersichtliche Einrichtung erleichtert den Böcken das wichtige gegenseitige Ausweichen, unvermeidliche Kämpfe finden nur noch als Kommentkämpfe statt, nicht als Beschädigungskämpfe.
Die meisten Versuche, Mäuseböcke auf wenig und übersichtlichen Platz zusammenzusetzen, oder auf neutralem Grund nach gerruchlicher Kennenlernphase zu vergesellschaften, geht schief und verursacht heftige Rangordnungs- und Vertreibungskämpfe - es gibt jedoch Fälle, wo genau das zu sehr stabilen Bockgruppen geführt hat. Farbmäuse mögen doof sein, aber sie sind Individualisten, das muß man einfach akzeptieren.

Weiterhin ist bei Farbmäusen wichtig, daß mind. einer der Böcke in einer intakten Mausefamilie groß geworden ist, lange Zeit einsam gehaltene Böcke lassen sich nur schwer mit gleichem Geschlecht vergesellschaften.

Echte Kastraten sind genauso leicht zu vergesellschaften wie Mauseweiber. Da die meisten Farbmaushalter weder Zeit noch Nerv noch genügend Mausemannauswahl noch das Einfühlungsvermögen haben, ist eine Kastration trotz hohem Risiko offenbar die einzige Möglichkeit, die beim Tierschutz auflaufenden Mäuseböcke an den Mann zu bringen. Ich selbst dagegen werde keine Mäuse kastrieren lassen - ich hab die Erfahrung und das Einfühlungsvermögen, Mäusebockgruppen zusammenzustellen.

Daß man bei den Farbmäusen die Mäuse auf engem Platz zusammenführt, hat einzig den Grund, daß die zusammengesetzte Gruppe übersichtlich bleibt, man kann schneller eingreifen. Eine Vergesellschaftung in der Transportbox ist und bleibt auch bei Farbis Tierquälerei.
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 19.07.2007 19:32    Titel: Re: Revierbildung bei grossen Gruppen? Antworten mit Zitat

Hallo,

eigentlich wollte ich schon früher antworten wollen, aber irgendwie... Confused

Interessant finde ich deine Ausführungen zu Farbmäusen. Was die Rennmäuse angeht, da habe ich anderes gehört.
Gerade erfahrene Rennmaushalter, die auch Wildmongolen halten, sind der Ansicht, dass das Sozialverhalten sehr wohl eine Rolle spielt. Sozialisierte Tiere sind verträglicher und harmonieren besser in Gruppen.
Insbesondere hier wurden über einige dieser Dinge gesprochen Wildmongolen

Im Übrigen, was mir zum Thema Erkennunt von Verwandten angeht, das konnten kürzlich Forscher sogar bei Pflanzen nachweisen (!). Verwandte Pflanzen zeigten, wenn sie im gleichen Topf waren, dass sich ihre Wurzeln nicht in einander verwuchsen um gegenseitig um Nährstoffe zu konkurrieren, sondern sie teilten sich den Platz auf. Bei unverwandten Pflanzen dagegen kam es zu einem erbitterten Kampf um die Erde und die Nährstoffe und die Pflanzen bildeten viel mehr Wurzeln.
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Beiträge: 4622
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BeitragVerfasst am: 19.07.2007 20:28    Titel: Re: Revierbildung bei grossen Gruppen? Antworten mit Zitat

Die heutigen Wildmongolen sind echte Wildmongolen, die höchstens vier, fünf Generationen in Menschenobhut leben - du darfst nicht vergessen, daß sich meine Erfahrungen auf eine Rennmauspopulation stützt, welche schon über mind. 20 Generationen, wenn nicht sogar bedeutend länger, in Versuchstierlabors und in Privathand vermehrt wurde - es ist also sehr wahrscheinlich, daß also die Mongolen, die ich damals kennenlernte, schon stark im Verhalten verändert waren.
Was mir jedoch auffällt - tauscht man die Babies von Wildmongolen mit domestizierten Mongolen aus und läßt sie in der Wildmongolengruppe groß werden, sollten sie eigentlich sozialisiert sein ... sind sie aber nicht, die sind immer noch hochaggressiv und unberechenbar. Selbst unsozialisierte Wildmongolen sind lange nicht so unsozial.
Ansonsten wäre es ja einfach, wieder Mongolen mit dem alten Verhalten und neuer Farbe zu züchten - hat aber noch keiner geschafft, und es wurden viele Versuche zur Rettung der Farbzucht unternommen! Es ist also ein genetisches Phänomeen, kein Sozialisierungsproblem.

Und noch etwas hab ich gelernt ... wenn man die Leute ausquetscht, ja, wie verhalten sich denn nun deine Mischlinge, kommt meist etwas anderes raus, als wenn man dort zu Besuch ist, und die Tiere selbst beobachtet. Irgendwie kommt mir das alles mit den Mongolenhaltern vor wie mit den Chinchillahaltern.
Wenn du also wissen willst, ob Wildmongolen gut sozialisiert sich leichter in Gruppen integrieren lassen (was nur natürlich wär, ist schließlich auch mit Meerschweinchen und Farbis so) oder ob es nicht so ist, dann geh zu den Leuten und mach deine eigenen Beobachtungen!
Wenn ich schreibe, es gab keine Probleme, dann nur in Bezug nehmend auf die domestizierte Form ... nicht im Vergleich Wildmongole sozialisiert vs Wildmongole unsozialisiert.
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Marx ist die Theorie
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Ich habe es endlich amtlich (Mitgliedsausweis der Piratenpartei):
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
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BeitragVerfasst am: 06.09.2009 16:22    Titel: Re: Revierbildung bei grossen Gruppen? Antworten mit Zitat

In der aktuellen Rodentia (Ausgabe 51) ist ein interessanter Bericht über die Gruppenstruktur grosser Meerschweinchengruppen drin. Der Text stützt sich auf die Untersuchungen von Norbert Sachser an Hausmeerschweinchen.

Diese bilden nämlich interessante Strukturen, innerhalb der Grossgruppen bilden sich kleinere Gruppen von wenigen Männchen mit ihren Weibchen (genaue Zahlen weiss ich leider nicht ohne nachzuschauen), die ihren Tieren treu bleiben, auch gibt es keine Konkurrenz zwischen den Gruppen, die Männchen interessieren sich nur für die Weibchen ihrer Gruppe und die Rangordnung wird innerhalb der Gruppe geklärt.

Mich erinnert das ehrlich ein bisschen an die koloniale Gruppen-Lebensweise der Degus. Diese bilden nämlich auch Gruppen, die ihre Strukturen haben, wobei sie in Nachbarschaft mit weiteren Gruppen leben und so Kolonien bilden. Jedoch der Unterschied ist offenbar, dass bei Degus während der Paarungszeit sich diese Gruppen auflösen und die Männchen sich um die Harembildung kümmern. Während dieser Zeit seien sie sehr aggressiv, ansonsten sind die Gruppen wiederum relativ friedlich, wobei Eindringlinge durchaus aus dem Territorium vertrieben werden. Jedoch ist die Reaktion gegenüber fremden Tieren weitaus heftiger als gegen Nachbarn.
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