Degupedia-Forum  FAQFAQ   NetiquetteNetiquette   SuchenSuchen   Degupedia WikiLetzte Themen 
 MitgliederlisteMitgliederliste   RegistrierenRegistrieren   AnmeldenAnmelden 
Pellets, Quellen und Literatur?

 
   Degupedia-Forum » Tierernährung und Pflanzen » Pellets, Quellen und Literatur? Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 28.04.2015 08:24    Titel: Pellets, Quellen und Literatur? Antworten mit Zitat

Huhu,

ich frage hier mal, ich möchte den Pelletartikel in der Wiki verbessern.

Wir haben in all den Jahren viel über Pellets diskutiert und es kam auch einiges zusammen und einige von uns haben wohl auch selbst dazu recherchiert oder sind über das eine oder andere Stück Literatur, Lesebrief oder andersweitiger Beitrag zum Thema gestossen.

Mich würde interessieren, was euch zum Thema in den Sinn kommt. Auch inhaltliche Anregungen wären sicher interessant.

Ich für meinen Teil habe auf die Schnelle folgendes:

* Futterbrote: Anfänge der Mischfutterindustrie, Vorläufer der Pellets (Quelle u.a. Dissertationen, Kariger 1963)

* Chinchillaliteratur: Bücher und Beiträge aus der Chinchillapost, historische Belege für die Stimmung bei der Einführung der Pellets, für Argumentationen damals für und wider Pellets etc.

* Kaninchen: Andreas hatte vor einiger Zeit sich gründlich mit dem Thema beschäftigt, u.a. ging es auch darum, dass von Schlolaut und Co. Pellets empfohlen werden und über Probleme, die man nicht mit einer ungeeigneten Fütterung assoziieren wollte...

* Ferner wäre da noch die Herstellung, es gibt unterschiedliche Pelletarten: normale Pellets (bestehend aus Getreidenebenprodukten), Grünmehlpellets, Kräuterpellets und auch beim Herstellungsverfahren gibt es verschiedene Verfahren, unter anderem ein Niedrigtemperaturverfahren (bei dem nicht mehr als 40 Grad Temperatur herrscht), der Druck spielt eine Rolle und es gibt auch Coating, wobei bei dem ich nicht sicher bin inwiefern das eine grössere Rolle spielt. Quellen da sind unter anderem Kersten et al. 2004, sowie diverse Dissertationen zum Thema.

Ergänzungen? weitere Details? Kritik/Kommentare?
_________________
Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)

Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE

Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen Yahoo Messenger
Miriam
Freak


Anmeldungsdatum: 06.09.2010
Beiträge: 370
Wohnort: Offenbach

BeitragVerfasst am: 28.04.2015 18:48    Titel: Re: Pellets, Quellen und Literatur? Antworten mit Zitat

davX hat Folgendes geschrieben:
* Kaninchen: Andreas hatte vor einiger Zeit sich gründlich mit dem Thema beschäftigt, u.a. ging es auch darum, dass von Schlolaut und Co. Pellets empfohlen werden und über Probleme, die man nicht mit einer ungeeigneten Fütterung assoziieren wollte...



Ohne jetzt Andreas Recherchen komplett über den Haufen zu werfen, aber ich habe in der Zwischenzeit noch einige andere Erfahrungen gemacht.

Ich selbst füttere keine Pellets und meine Erfahrung aus der Vergangenheit war immer, solange die Kaninchen zwischen anderen Futtermitteln wählen dürfen, wurden Pellets immer liegen gelassen.

Ich habe in den letzten 2 Jahren aus 2 verschiedenen Notfällen ein paar Tiere aus Züchterkreisen aufgenommen, die bis ins hohe Alter von 7 bis 10 Jahren nur mit Pellets ernährt wurden und scheinbar die ganzen Jahre keine Verdauungsprobleme hatten und bei meiner Übernahme und Kontrolle durch eine Zahnspezialistin alle gute Zähne haben/hatten.
Bei einer 7jährigen war lediglich ein Schneidezahn abgebrochen, was man nicht an der Fütterung festmachen kann und bei einem 9jährigen habe ich nach einem Jahr minimal eine kleine Zahnkorrektur vornehmen lassen, die auch wieder ein halbes Jahr her ist und wahrscheinlich nicht mehr behandlungsbedürftig sein wird.

Wenn ich mir da so manch gesund ernährtes Tier angucke, gibt es kaum einen Unterschied zu den Pellets. Mir ist es mittlerweile schon lieber, die Leute füttern Pellets als diesen Gemüsekram.

Ähnliche Beobachtungen scheinen auch Andere gemacht zu haben.
Im KS ist eine Userin, die wohl seit 30 Jahren Pellets und (sobald vorhanden) Wiese füttert und weder Bauchschmerzen oder Zahnprobleme kennt.


Ich selbst füttere weiter Wiese und Nösi dazu, ich sehe ja selbst, wie sehr sie Wiese lieben und ich erfreue mich an diesem Anblick.

Die Umstellung von jahrelanger Pelletfütterung zu Wiese und Strukturfutter war bei den Senioren allerdings nicht ganz so einfach. Leider gab es sehr häufig Bauchgeschichten, die aber mittlerweile nur noch selten auftauchen.
_________________
Liebe Grüße
Miriam
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 28.04.2015 20:36    Titel: Re: Pellets, Quellen und Literatur? Antworten mit Zitat

Danke Miriam, das was du schreibst ist interessant und ich sehe gewisse Parallelen zu dem, was ich gelesen habe.

Ich denke viele machen sich keinen Gefallen, indem sie die Pellets einfach mal verteufeln mit irgendwelchen überrrissenen Argumenten. Zu den Topkandidaten gehört da beispielsweise die böse Melasse, die in den Pellets drin sein soll oder der fehlende Zahnabrieb der dann zwangsläufig zu Zahnprobleme führe oder das Argument mit dem Quellvermögen (Quellversuche, die im Netz rumgeistern). Es fängt schon dabei an, dass es grosse Unterschiede gibt, was in so Pellets drin ist, welche Qualität ihre Rohstoffe haben und wie schonend diese verarbeitet wurden.

Nehmen wir gewöhnliche Pellets aus irgend welchen Getreidenebenerzeugnisse, so sind die oft nicht schlechter, als wenn man ihnen ein vergleichbares Getreidemüsli füttern würde.

Was die Umstellung angeht, in der Chinchillahaltung wurden ja viele Tiere umgestellt, die teilweise jahrelang mit Pellets ernährt wurden. Teilweise ging es recht unkompliziert, in manchen Fällen zog es sich auch über längere Zeit hin und war nicht ganz so einfach. Aber ich denke da man in der Chinchillaszene bei der Ernährungsumstellung generell übervorsichtig reagierte, waren wohl gerade deshalb die meisten Fälle erstaunlich unkompliziert... man nahm sich einfach genug Zeit und schloss so von voraus allfällige Rückschläge durch eine zu schnelle Umstellung aus.

Was man vielleicht auch noch erwähnen muss bei den Pellets, dass sie in Zoos und in der Labortierhaltung weit verbreitet sind und man annehmen kann, dass sie von guter Qualität sein müssen und die Leute gute Erfahrungen damit machen, dass sie sie einsetzen. Wobei gerade in Zoos muss man auch sagen, längst nicht alles ist sinnvoll, was praktiziert wird bei der Fütterung, aber im Grossen und Ganzen scheinen sie doch engagiert zu sein für eine gute Ernährung ihrer Tiere. In der Labortierhaltung geht es bei den Pellets wohl um zweierlei, erstens um eine einfache, bequeme Fütterung, zweitens will man auch die Ernährung standardisieren können, damit die Versuche und deren Parameter möglichst reproduzierbar bleiben. Natürlich ist dieses Standardisierungdenken ein riesiger Witz, weil es ist ein Irrglaube, dass man alle Faktoren, die einen Einfluss haben, kontrollieren könne und wenn Enrichment einer Standardeinrichtung geopfert wird, so geht das in die selbe Richtung, denn nicht jedes Tier reagiert gleich, hat die selben Ansprüche und man wird immer ein gewisses Rauschen haben. Aber die Pellets als Ernährung sind dort weit verbreitet.
_________________
Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)

Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE

Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen Yahoo Messenger
Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 28.04.2015 22:06    Titel: Antworten mit Zitat

Mir scheint, als wären da einige Dinge falsch transportiert worden, die von mir nie behauptet worden sind.

1. Ich war noch nie und bin auch heute nicht prinzipiell gegen Trockenfutter. Im Gegenteil: ich habe sie sogar empfohlen, wenn ersichtlich war, dass die grundlegende Ernährung (Heu+Gemüse) suboptimal ist. Damit habe ich mir auch immer Unverständnis vom Tierschutz eingehandelt.

Miriam hat Folgendes geschrieben:
Mir ist es mittlerweile schon lieber, die Leute füttern Pellets als diesen Gemüsekram.

Exaktement mit fast den gleichen Worten lautete auch immer meine Argumentation.

2. Ab dem Zeitpunkt, als es den ersten Anbieter von "Struktur"-Trockenfutter gab, habe ich darauf verwiesen, dass es besser wäre, solche Futtermittel an Stelle von Pellets zu geben

3. Ich war noch nie gegen Getreide in der Ernährung von Kaninchen.

4. Es ist mir egal, wenn einzelne Personen in irgendeinem Forum schreiben, dass ihre Kaninchen noch nie Probleme mit Pellets gehabt hätten, weil ich Fälle kenne, in denen fast ganze Bestände wegen "unerklärlichen" Darmerkrankungen eingegangen sind. Da reden wir dann z. B. von 100 Tieren auf einen Schlag.

5. Wenn ich mögliche, gesundheitliche Probleme beschreibe, die mit der Verfütterung von Pellets im Zusammenhang stehen können, betrifft das immer eine fast ausschließliche Fütterung mit Pellets

Witzigerweise wird die Kaninchenzeitung im Juli einen Artikel veröffentlichen, der sich mit diesem Thema deckt, deshalb nur einige, zusätzliche Gedanken:
- ein Problem stellt die Zusammensetzung der Pellets dar. Sie ist nicht nachvollziehbar. Die Inhaltsstoffe sind unbekannt. Wenn der Hersteller einen Chargenwechsel vornimmt und die neue Charge ist auf irgendeine Weise kontaminiert, betrifft das eben nicht ein Karnickel, sondern sehr viele
- Deklariert werden nur "Nährstoffgruppen". Deren Zusammensetzung ist unbekannt. Stichwort "Rohfaser": Null Aussagekraft, weil einzelne Zellwandbestandteile für die Verdauung wichtig sind. Stichwort "Fett": Null Aussagekraft, weil bestimmte essenzielle Fettsäuren für das Immunsystem wichtig sind. Stichwort "Protein": Null Aussagekraft, weil die erstlimitierenden, schwefelhaltigen Aminosäuren wichtig und essenziell sind
- Der Kauvorgang ist anders als mit artgemäßer Nahrung, dadurch können sich Veränderungen ergeben, die sich auf Kiefermuskulatur und Zahnabnutzung auswirken können
- Die Nahrung wird weniger eingespeichelt, wodurch Enzyme weniger wirksam werden. Der pH-Wert im Maul (Einfluss auf Zahnsubstanz) sowie des Chymus (Einfluss auf Bakterienkultur) ist verändert
- der Funktionskreis "Nahrungssuche und -aufnahme" ist nicht tiergerecht
- Keine Selektionsmöglichkeit, das heißt, jedes Tier muss unabhängig seiner Verfassung, Vorlieben und Bedarfe dasselbe fressen
- gesetzliche Verstöße auf Grund von Abweichungen gegenüber der Deklaration und gesetzlichen Vorgabe (im Fall der Rohfaser war z. B. 2013 jede achte Probe von Alleinfuttermitteln für Kaninchen außerhalb der Toleranz)
- fehlende Struktur des Futters verursacht Dysenterien
- relative Keimfreiheit des Futters überfordert das Immunsystem - das kann nur gegen etwas kämpfen, was es kennt. Chlostridien treten z. B. bei Jungkaninchen mit Grünfütterung en passant auf. Die Antikörper werden, wenn schon die Mutter entsprechend ernährt wurde, vererbt (über die Plazenta). Lernt das Kaninchen die erst recht spät kennen, wird für die Immunantwort 1-2 Wochen gebraucht. Da ist es meistens schon zu spät.
- vergleicht man das Fleisch von Wildtieren mit Haustieren der gleichen Art, ergeben sich z. T. sehr große Unterschiede hinsichtlich der Parameter, die auch das Immunsystem beeinflussen (z. B. Amino- und Fettsäure-Muster). Diese sind direkt auf die Fütterung mit Industriefuttermitteln zurückzuführen.

Was ich da jetzt auf die Schnelle geschrieben habe, ist selbstverständlich belegbar. Das lässt sich fortsetzen. Und noch einmal: selbstverständlich betrifft das eine fast ausschließliche Verfütterung von Pellets und selbstverständlich muss nicht jedes Tier auf eine der beschrieben Weisen ein Problem bekommen. Trotzdem sollte man sich vielleicht noch zusätzlich über den erwähnten Funktionskreis des Nahrungserwerbs Gedanken machen, weil der auch einen Teil der Lebensqualität darstellt.

freundliche Grüße,
Andreas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Miriam
Freak


Anmeldungsdatum: 06.09.2010
Beiträge: 370
Wohnort: Offenbach

BeitragVerfasst am: 28.04.2015 23:57    Titel: Antworten mit Zitat

Andreas hat Folgendes geschrieben:
Mir scheint, als wären da einige Dinge falsch transportiert worden, die von mir nie behauptet worden sind.

1. Ich war noch nie und bin auch heute nicht prinzipiell gegen Trockenfutter. Im Gegenteil: ich habe sie sogar empfohlen, wenn ersichtlich war, dass die grundlegende Ernährung (Heu+Gemüse) suboptimal ist. Damit habe ich mir auch immer Unverständnis vom Tierschutz eingehandelt.

Miriam hat Folgendes geschrieben:
Mir ist es mittlerweile schon lieber, die Leute füttern Pellets als diesen Gemüsekram.

Exaktement mit fast den gleichen Worten lautete auch immer meine Argumentation.

2. Ab dem Zeitpunkt, als es den ersten Anbieter von "Struktur"-Trockenfutter gab, habe ich darauf verwiesen, dass es besser wäre, solche Futtermittel an Stelle von Pellets zu geben

3. Ich war noch nie gegen Getreide in der Ernährung von Kaninchen.

4. Es ist mir egal, wenn einzelne Personen in irgendeinem Forum schreiben, dass ihre Kaninchen noch nie Probleme mit Pellets gehabt hätten, weil ich Fälle kenne, in denen fast ganze Bestände wegen "unerklärlichen" Darmerkrankungen eingegangen sind. Da reden wir dann z. B. von 100 Tieren auf einen Schlag.

5. Wenn ich mögliche, gesundheitliche Probleme beschreibe, die mit der Verfütterung von Pellets im Zusammenhang stehen können, betrifft das immer eine fast ausschließliche Fütterung mit Pellets



Ich hab mich vielleicht etwas unglücklich ausgedrückt, denn alle diese Punkte bezweifle ich ja nicht. Mit "ohne komplett über den Haufen werfen" wollte ich lediglich eine Argumentationslücke frei lassen, da ich mir schon dachte, dass Du zusätzliche Punkte beitragen kannst.

Ich wollte mit meinem Beitrag auch nicht sagen, dass die Tiere, die ich aus den Notfällen habe und trotz Pelletfütterung alt wurden, oder einzelne User in Foren repräsentativ sind. Ich habe nur ein bisschen die Befürchtung, dass nach der Panikmache mit bösem Getreide nun ein neuer Bösewicht gefunden wurde, der sich Pellets nennt. Ich bin nach meinem persönlichen Reinfall mit der Gemüsefütterung einfach ein bisschen vorsichtiger geworden, was eine vorschnelle Verurteilung angeht.

Deine Punkte 4 und 5 finde ich aber interessant und würde gerne mehr darüber erfahren. Ich glaube, solche Infos fehlen einfach, um sich ein Bild über die negative Seite der Pelletfütterung zu machen.

Auf Deiner HP (die ich nach wie vor empfehle und gut finde), finde ich nur den Punkt mit dem Beispiel, wie ein Pellet im Wasser aufquillt etwas "unglücklich". Technisch gesehen, verhält es sich natürlich in einem Glas Wasser so, aber der Pellet wird ja nicht als Ganzes runtergeschluckt und quillt dann nach einem Schluck Wasser im Magen auf, sondern wird vom Kaninchen erstmal eingespeichelt und zerkaut, bevor es im Magen landet. Daher werden auch nicht mehr Pellets im Magen "abgelegt" als das Kaninchen zusammen mit den eingespeichelten, zerkauten Pellets reinbekommt.

Anders wäre es natürlich wenn das Kaninchen einen Pellet nach dem Anderen schlucken würde und danach ordentlich Wasser trinkt, dann würde ich auch eine Überladung oder Verstopfung befürchten.

Das sind meine Überlegungen dazu. Ich schließe aber nicht aus, dass ich evtl. einen wichtigen Punkt dabei übersehen habe.

Wie gesagt, wenn ich die Wahl habe, den Tieren selektierfähiges Futter anzubieten, mache ich das auch.
_________________
Liebe Grüße
Miriam
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 29.04.2015 00:27    Titel: Re: Pellets, Quellen und Literatur? Antworten mit Zitat

Andreas ich glaube das ist ein Missverständnis. Es ging mir nicht darum, dass du etwas behauptet hättest, sondern ich habe dich erwähnt, weil du in der Vergangenheit öfters dich kritisch Pellets gegenüber geässert hast, wie du jetzt richtig präzisiert hast, ging es dabei um eine fast aussschliessliche Pelletfütterung. Konkret war da ja auch diese Sache mit Schlolaut.
Und so wie ich den Beitrag von Miriam verstanden habe, war das ebenfalls nicht ihre Meinung.
Oder geht es dir einfach darum, das klarzustellen, dass gar nicht erst Missverständnisse aufkommen?

Zitat:

Exaktement mit fast den gleichen Worten lautete auch immer meine Argumentation.

Ja so habe ich es auch im Kopf. Es gab ja da auch mal diese Diskussion mit dem Nöseberger, bei dem einige meinten, dass es wichtiger sei generell gegen Trockenfutter und Co. sein und dass eben Gemüse und Frischfutter besser wäre und sie dann etwas enttäuscht waren, dass wir hier im Forum nicht ihre Linie unterstützten... dabei hatten wir zuvor schon oft genug Diskussionen darüber, dass das Hauptübel bei der ganzen Gemüsefütterung liegt und auch wenn es meist nicht so deutlich ausgesprochen wurde wie bei der Nöseberger-Diskussion, so war es doch auch vorher schon ein Randthema und kam keineswegs so überraschend.
Der Punkt ist halt, einige Leute bastelten sich um eine Idee eine Modefütterung, die sie dann an die Tiere und den bequemen Halter anpassten mit der Idee, dass die Fütterung natürlich sein muss im Sinne von wenig verarbeiteten Produkten und keine Zusätze. Da man sich aber nicht mit der Art und Unterschiede beim Grün- und Frischfutter bzw. dem Kräuter/Laub/Gras-Futter und dem Gemüse auseinandersetzen will, setzt man Gemüse, Wiese, Laubfutter usw. alles schön gleich und da für viele Gemüse am bequemsten ist, betont man das Gemüse und ignoriert gerne, dass man mit Gemüse sich Mangelernährungen einhandeln kann.
Für uns wiederum sind die Ernährungsbedürfnisse der Tiere wichtig, daran soll die Fütterung angepasst werden. Das hat die Gefahr, dass man nicht so schön die Fütterung auf einer hippen Ideologie aufbauen kann und man läuft Gefahr, gerade wenn man noch am Lernen ist, dass neue Erkenntnisse Teile der Fütterung umkrempeln können und das passierte in der Vergangenheit auch, denn die meisten fütterten nicht von Anfang an eine mehr oder weniger optimale Nahrung, sondern lernten mit der Zeit.

Zitat:

Trotzdem sollte man sich vielleicht noch zusätzlich über den erwähnten Funktionskreis des Nahrungserwerbs Gedanken machen, weil der auch einen Teil der Lebensqualität darstellt.

Das ist ein wichtiger Aspekt. Ich habe jedoch in der Vergangenheit öfters darüber nachgedacht wegen der Lebensqualität, in der Privathaltung ist das ein wichtiger Aspekt und man scheut auch oft den Aufwand nicht, der die Haltung bringt (ok, tun nicht alle, aber tendenziell). Bei grossen Tierbeständen (Tierheime, Vermittlungsstationen, aber auch Züchter usw.) wiederum rückt ja oft die Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund. Die Fütterung soll innert nützlicher Frist durchführbar sein und wenn der Bauer vielleicht problemlos noch etwas Wiese mähen könnte für seine 80 Meerschweinchen (wenn er denn so viele halten würde), haben gerade Vermittlungsstationen, Tierheime und Co. das oft nicht. Gut Wiesenhaltung wäre da der eleganteste Weg, aber wie so oft, wenn viele Tiere aufs Mal gehalten werden (egal jetzt ob Züchter oder Tierschutz), es leidet da gerne die Qualität der Tierhaltung, wenn der Kompromiss gefunden werden muss zwischen Wünsche des Halters, den Räumlichkeiten und örtlichen Bedingungen und den Wünschen der Tiere. Oft sind da dann Wiese oder auch Äste mit Laub usw. eher Enrichment denn Hauptfutter.

Zitat:

Witzigerweise wird die Kaninchenzeitung im Juli einen Artikel veröffentlichen, der sich mit diesem Thema deckt, deshalb nur einige, zusätzliche Gedanken:

Da bin ich echt gespannt darauf. Lass es uns wissen, wenn es soweit ist. Was du angetönt hast, klingt auf jeden Fall schon mal interessant, auch wenn vieles mehr oder weniger bekannt sein sollte, zumindest hier im Forum.

Zitat:

Auf Deiner HP (die ich nach wie vor empfehle und gut finde), finde ich nur den Punkt mit dem Beispiel, wie ein Pellet im Wasser aufquillt etwas "unglücklich". Technisch gesehen, verhält es sich natürlich in einem Glas Wasser so, aber der Pellet wird ja nicht als Ganzes runtergeschluckt und quillt dann nach einem Schluck Wasser im Magen auf, sondern wird vom Kaninchen erstmal eingespeichelt und zerkaut, bevor es im Magen landet. Daher werden auch nicht mehr Pellets im Magen "abgelegt" als das Kaninchen zusammen mit den eingespeichelten, zerkauten Pellets reinbekommt.

Da bin ich selbst etwas erstaunt, ich meinte Andreas kritisierte das selbst, da andere Leute gerne damit argumentierten, dass Pellets nicht gut seien. Ich sehe das nämlich so wie Miriam es schön geschrieben hat.Natürlich quillt da was, aber erst dadurch wird es transportfähig gemacht für den Verdauungstrakt und erst dadurch verliert es eine weitere Quellfähigkeit und gerau deshalb ist es auch Schwachfug zu glauben, dass da im Verdauungstrakt noch etwas quellen soll, was schon längst gequellt hat.

Zitat:

Anders wäre es natürlich wenn das Kaninchen einen Pellet nach dem Anderen schlucken würde und danach ordentlich Wasser trinkt, dann würde ich auch eine Überladung oder Verstopfung befürchten.

Die Einspeichelung hat ja schon ihren Grund, dass die Nahrung schlüpfrig wird und transportfähig gemacht wird.
_________________
Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)

Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE

Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen Yahoo Messenger
Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 29.04.2015 21:54    Titel: Antworten mit Zitat

davX hat Folgendes geschrieben:
Oder geht es dir einfach darum, das klarzustellen, dass gar nicht erst Missverständnisse aufkommen?

Ja, richtig. Jetzt steht es da und es gibt kein Vertun mehr Smile

Miriam hat Folgendes geschrieben:
Auf Deiner HP (die ich nach wie vor empfehle und gut finde), finde ich nur den Punkt mit dem Beispiel, wie ein Pellet im Wasser aufquillt etwas "unglücklich".

Nee, da verwechselst Du wahrscheinlich was mit Ad-libitum-Viola. Sie hatte im Sinne von "Jugend forscht" so merkwürdige Quellargumente benutzt. Bei mir quillt aber nix... Smile

Kaninchen würden Wiese kaufen hat Folgendes geschrieben:

Bild 4: In Wasser aufgelöste Pellets. Weil die Bestandteile schon klein gemahlen wurden, entfällt das intensive Kauen und es steht viel Nahrung für den Blinddarm zur Verfügung - je nach Qualität zu viel Nahrung"
http://www.kaninchen-wuerden-wiese-kaufen.de/trockenfutter.htm


Miriam hat Folgendes geschrieben:
Deine Punkte 4 und 5 finde ich aber interessant und würde gerne mehr darüber erfahren. Ich glaube, solche Infos fehlen einfach, um sich ein Bild über die negative Seite der Pelletfütterung zu machen.


Ich gehe mal kurz auf die Entstehung der Pellets ein: die Idee der Konzentratfutter stammt eigentlich aus den USA. Dort wurden Anfang des 19. Jhr. die ersten Versuche mit "Presslingen" unternommen. Die Gedanke war, über Futtermittel zu verfügen, die möglichst alle nötigen Nährstoffe in genau der richtigen Menge und Zusammensetzung enthielten. Für aufkommende Massenhaltung von Tieren erhöhte natürlich den Aufwand, unter anderem den der Beschaffung, des Transport und der Lagerung des Futters. Wenn man dem Futter das Wasser entzieht, verringert sich das Volumen. Wenn man die gleiche Nährstoffmenge früher mit 6-7 LKW transportieren musste, reicht dafür heute einer. Außerdem ist das trockene Zeug länger haltbar. Pellets haben eine hohe Nährstoffdichte. Es ging und geht darum, Tiere in möglichst kurzer Zeit auf ein Schlachtgewicht zu bekommen, wobei der Fleischanteil/Tier hoch sein soll. Dafür reichen die Haupt-(Roh-)nährstoffe und Zusätze, die für das Wachstum benötigt werden. Weil die Futtermittel immer die gleiche Zusammensetzung haben, muss keiner mehr irgendwelche Rationen berechnen. Man schüttet das Zeug in der benötigten Menge in die Tröge - fertig. Während für die Mastindustrie die Verluste durch die Futtermittelindustrie immer noch unter den Kosten des eingesparten Aufwandes lagen, waren und sind Verluste bei Rassekaninchenzüchtern natürlich schmerzlicher, weil gute Zuchttiere ja das Kapital einer jeden Zucht sind.

Die Verarbeitung frischer Pflanzen zu Pellets bleibt natürlich nicht ohne Folgen und hat einige gravierende Nachteile. Die müssen kleingeredet oder durch scheinbar stärker wiegende Argumente gekontert werden.

Argumente der Futtermittelindustrie und deren Lobbyisten
+ Pellets sind kontrollierte Futtermittel
Das ist korrekt. Die Frage ist aber, was man da kontrolliert. Heute wird in Deutschland immer noch die Weender-Futtermittelanalyse aus dem 18. Jhr. benutzt. Damit werden Nährstoffgruppen erfasst. Den Nachteil hat man natürlich schon damals gekannt, zu der Zeit gab es aber keine besseren Methoden:

Von Theodor von Gohren stammen die folgenden Aussagen aus dem Jahre 1872: "Ein Blick auf die Tabellen belehrt uns, dass sich die Analysen der Futtermittel in der Regel auf die Bestimmung des Gehaltes an Trockensubstanz, Wasser, Proteinstoffen, Fetten, Kohlehydraten, Rohfaser und Asche beschränken. Damit ist wohl schon etwas, aber bei weitem noch nicht genug geschehen, um so manche praktische Vorkommnisse zu erklären. Die meisten Landwirthe werden wohl die Erfahrung gemacht haben, dass, wenn auch die Futterpassirungen den analytischen Angaben gemäß, noch so äquivalent zusammengestzt wurden, der wirkliche Erfolg bei Anwendungen verschiedenen Futtermaterials doch wesentlich differirte. Es kann das Jene nicht überraschen, die die chemischen Untersuchungsmethoden einigermaßen kennen. So wird z. B. die Menge der Proteinstoffe in der Regel durch Bestimmung des Stickstoffgehaltes mittelst Verbrennung mit Natronkalk erhalten, der Fettgehalt durch Extraction mit Aether bestimmt, bei den Kohlehydraten ist man wegen der Trennung in noch größerer Verlegenheit und so kommt es denn, dass diese Rubriken in den Futtermittel-Analysetabellen mehr oder weniger ideelle Zahlen repräsentiren, denn der stickstoffhaltigen Pflanzenbestandtheile giebt es gar mancherlei, ebenso wie der stickstofffreien, und es wäre eine arge Täuschung, wollte man annehmen, dass alle in ihrer Wirksamkeit gleich stehen. Bekannt ist, dass es keineswegs gleichgültig ist, selbst wenn der Berechnung nach die Summe der einzelnen Nährstoffgruppen ganz gleich ist, ob man Körner oder Kleie oder Oelkuchen zu der Zusammensetzung der Passirung wählt..." [...]

Geheimrat Max Rubner äußerte sich 1928 zu den Hauptnährstoffen in ähnlicher Weise und fügte hinzu: “In der Natur kommen zahlreiche Eiweißstoffe, Fettarten, Kohlehydrate und Aschebestandteile vor, von denen die Organismen nur bestimmte verwenden können. Manche sind gar nicht, andere nur teilweise verwendbar, also minderwertig. Die Menschen wie die Tiere haben instinktmäßig eine passende Auswahl getroffen, und wirklich Unverdauliches und Unbrauchbares stellt, wenn es überhaupt genommen wird, nur einen kleinsten Teil der Kost dar.".

Die Pelletierung schaltet die instinktmäßige Auswahl aus. Das Kaninchen muss eine Mischung von bestenfalls 3 – 4 verschiedenen Pflanzen in einer Zusammensetzung und Qualität fressen, ob es sie nun mag, oder nicht.

Quellen:
- Henneberg, W. und Stohmann, F. 1860. Beiträge zur Begründung einer rationellen Fütterung der Wiederkäuer. Heft 1: Das Erhaltungsfutter volljährigen Rindviehes und über Fütterung mit Rübenmelasse. Braunschweig : Schwetschke & Sohn, 1860.
- Henneberg, W. und Stohmann, F. 1864. Beiträge zur Begründung einer rationellen Fütterung der Wiederkäuer. 2. Band: Über die Ausnutzung der Futterstoffe durch das volljährige Rind und über Fleischbildung im Körper desselben. Braunschweig : Schwetschke und Sohn, 1864.
- Rubner, M. 1928. Aufgabe (Bilanz). Allgemeine Methodik. In: Bertram, F.; Boresch, K.; Bornstein, A. (Hrsg.): Stoffwechsel und Energiewechsel: Gesamtstoffwechsel • Energiewechsel Intermediärer Stoffwechsel (Handbuch der normalen und pathologischen Physiologie). Springer (Softcover reprint of the original 1st ed. 1928). ISBN 978-3642891779. Seite 3-16
- von Gohren, T. 1872. Die Naturgesetze der Fütterung der landwirthschaftlichen Nutzthiere. Leipzig : Verlag von C. L. Hirschfeld. 1872.

In den Rohnährstoffgruppen gibt es Stoffe, die essenziell sind (Amino- und Fettsäuren). Der Begriff "Rohfaser" hat keine Aussagekraft, weil er keine Auskunft über die Zellwandbestandteile liefert. Im Gegenteil, manche werden in anderen Nährstoffgruppen erfasst. Über Nichtstrukturkohlenhydrate erfährt man gar nichts.

Zitat:
Die Anteile der verschiedenen Fraktionen an der Gesamtfaser sind stark abhängig von Pflanzenspezies wie Gräsern, Leguminosen und Doldenblütlern. Der von Max Rubner erwähnte Instinkt, der Tiere eine Wahl treffen lässt, wird mit der Verfütterung von Pellets umgangen, denn ihnen wird eine feste Vorgabe geliefert. Diese besteht in Pellets in der Regel aus Luzernegrünmehl, Weizen- und/oder Haferkleien und Rapsextraktionsschrot. Das heißt, der Hauptteil der Pellets besteht aus wenigen Sorten von Pflanzen, deren Herkunft, Wachstumsgrad und Zustand und somit auch der Anteil der Zellwandsubstanzen dem Halter völlig unbekannt sind. Wenn ein Futtermittelhersteller aus irgendwelchen Gründen den Einkauf von Grundelementen des Futters ändert, ändert sich nicht nur für ein Tier etwas, sondern für alle Tiere, die mit diesem hergestellten Futter ernährt werden. Ist ein Basisstoff kontaminiert oder weist Veränderungen auf, die Einfluss auf die Gesundheit nehmen können, betrifft es jedes Tier, welches das Futter fressen muss.

Verschiedene Untersuchungen von Carabaño und Mitarbeitern (2008) an aufwachsenden Mastkaninchen zeigten beispielweise, dass eine Reduzierung des NDF-Gehaltes von 36-38% auf 30-32% eine Verringerung der Mortalität und eine verbesserte Leistung und Futtereffizienz in Verbindung mit einer Verbesserung der Schleimhautstruktur zur Folge hatte. Außerdem wurde ein Gehalt von 11-12% löslicher Fasern wie Fructane, Galactane, ß-Glucane und Pektine empfohlen, weil das die ERE-Inzidenz reduziert. Junge Kaninchen verdauen diese im Vegleich zu älteren Tieren besser, außerdem helfen sie bei der Entwicklung der Bakterienkultur im Blinddarm. ERE bedeutet „epizootic rabbit enteropathy“. Eine deutsche Bezeichnung für diese Krankheit lautet „Enteropathie“.

Diese Krankheit war der Auslöser für das verstärkte Interesse an den Fraktionen der Rohfaser. Seit 1997 kam es von Frankreich aus zu regelrechten Seuchenzügen entzündlicher Darmerkrankungen durch ganz Europa, die nicht nur Kaninchen in Mastbetrieben hinweg rafften, sondern auch Kaninchen in Zuchtbeständen betrafen. Die Krankheit erhielt die verschiedensten Bezeichnungen und während in Frankreich nach der Ursache geforscht wurde, suchte man in Deutschland vorrangig nach Möglichkeiten, die Krankheit mit Impfstoffen zu behandeln, also lediglich die Symptome zu bekämpfen.

Interessant war zum Beispiel, wie unheimlich schnell die Franzosen auf die Zellwand als mögliche Ursache für die Mukoide Enteropathie kamen. Als Verschwörungstheoretiker kommt man da ganz fix zu der Vermutung, dass die genau wussten, wo sie suchen müssen. Das kann wiederum nur bedeuten, dass wussten, dass und was sich an Futtermitteln in dieser Zeit geändert haben könnte. Interessant ist auch in diesem Zusammenhang, dass ein Großteil der Luzerne als Basis für Pellets aus Frankreich kommt. Andere Rohstoffe kommen mittlerweile aus ehemaligen Ostblockländern wie Serbien und prompt hat man auch einen Futtermittelskandal...

Quelle: Carabaño, R., et al. 2008. Review. New trends in rabbit feeding: influence of nutrition on intestinal health. Spanish Journal of Agricultural Research. 2008, 8, S. 15-25. Special issue.

+ Pellets enthalten alle wichtigen Nährstoffe
Kann nicht sein, sonst würde sich das Fleisch der Wildtiere im Vergleich zu den domestizierten der gleichen Art nicht so stark unterscheiden. Das heißt, in den Futtermitteln fehlen Stoffe, die die Wildtiere in ihrer Nahrung haben.

Die Enterocolits, Enteropathie oder wie auch immer ein Krankheitsgeschehen genannt wird, zeigt z. B., was "Rohfaser" und "NfE"in Bezug auf nötige Ballastfunktionen und Gehalt an verdaulichen Zellwandbestandteilen (Hemicellulose, Pektin) aussagen - nämlich nichts. Null. Diese Werte sind aber wichtig, weil ja Pflanzen verarbeitet werden, deren Qualität niemand kennt. Die Zusammensetzung der Rohnährstoffe liegt völlig im Dunkeln, ob z. B. essenzielle Fettsäuren vorhanden sind und in welchem Verhältnis die vorliegen, weiß kein Mensch. Die sind aber vor allem dann wichtig, wenn ich ein Tier nicht nach 60 Tage schlachten, sondern länger behalten möchte. Die haben einen direkten Einfluss auf das Immunsystem, und zwar gemeinsam mit Vitamin E und Selen.
Das heißt, kein normaler Halter kann die Aussage, es wäre alles da, überprüfen. Für frische Pflanzen kann man diese Werte herausfinden, Schwankungen im Gehalt sind bei Pellets ebenso gegeben, nur werden sie dort "Toleranzen" genannt. Der Gehalt der Rohfaser darf z. B. um +/- 17,5% schwanken. Das ist enorm viel, spiegelt aber eigentlich nur die Schwankungen der Gehalte in Pflanzen wieder, die ja auch die Futtermittelindustrie als Grundstoffe einsetzt.

+ Pellets sind immer von gleicher Qualität
Das ist korrekt - in einem gewissen Rahmen (Toleranzen wie ein Scheunentor). Aber was hat man (bzw. das Tier) eigentlich davon? Man kann auch schlechte Qualität gleichmäßig schlecht produzieren.

Die Tiere bekommen nur einen winzigen Ausschnitt aus ihrem natürlichen Nahrungsspektrum und der ist auch noch bis zur sprichwörtlichen Unkenntlichkeit verarbeitet worden.

Auch in einer Massentierhaltung sind Tiere immer Individuen. Jedes Tier hat einen bestimmten Gesundheitsstatus, Vorlieben, Abneigungen und Bedarfe. Die sollen alle mit dem gleichen Futter befriedigt werden. Das kann nur in die Hose gehen. Wenn ein Tier krank wird, passiert erst einmal gar nichts. Es erhält das gleiche Futter weiter. Erst wenn mehrere Tiere erkranken, wird reagiert – mit Medizin. Trotzdem erhalten sie weiter das gleiche Futter. Sie können daraus nicht auswählen, nichts weglassen oder gar etwas anderes, besseres suchen.

+ Pellets erfüllen alle Anforderungen an eine artgemäße Versorgung
van Treel, 2006 hat Folgendes geschrieben:
Auch wenn Alleinfutter den Bedarf für einen optimalen Fleischansatz von Mastkaninchen und somit ökonomische Parameter voll erfüllt, entspricht es nicht annähernd einer artgemäßen Futteraufnahme.“

Quelle: van Treel, N. 2006. Untersuchungen zum Einfluss der Intensivhaltung von Mastkaninchen auf die Entstehung bestandsspezifischer Infektionskrankheiten und die Ausbildung ausgewählter Qualitätsmerkmale des Kaninchenfleisches. Leipzig : Veterinärmedizinische Fakultät der Universität, 2006. Dissertation.

Dieser Fakt sollte eigentlich besonders Tierschützer interessieren, denn sie belehren uns ja immer darüber, was wichtig und richtig für Kaninchen wäre. Ab einer bestimmten Anzahl geretteter Tiere haben sie aber prinzipiell das gleiche Problem wie Mastbetriebe und Züchter: wie ernährt man möglichst ökonomisch eine große Zahl von Tieren?

Mal ganz davon abgesehen, das eben keiner weiß, was alles in dem Futter drin ist und noch viel wichtiger, was nicht drin ist: Ein bestimmter Funktionskreis ist empfindlich gestört. Normalerweise verbringen Kaninchen eine lange Zeit nur mit der Futtersuche und –auswahl. In der Haustierhaltung entfällt das fast komplett. Die Tiere langweilen sich und Langeweile verursacht Stress. Für Menschen gibt es natürlich auch dafür einen Begriff: Boreout. Verursacht wird er durch Dopaminmangel im Gehirn. Stress wiederum macht anfällig für Krankheiten.

Bei Tieren auf begrenztem Raum kommen noch Verhaltensauffälligkeiten wie z. B. stereotypische Handlungen dazu, außerdem lassen sich damit auch „Untugenden“ erklären (Fellfressen (auch durch Rohfasermangel möglich), Beknabbern von Wänden, Gegenständen etc.).

Reicht erst mal für heute… Smile
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Noraja
Freak


Anmeldungsdatum: 25.04.2010
Beiträge: 663
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 29.04.2015 23:14    Titel: Re: Pellets, Quellen und Literatur? Antworten mit Zitat

Miriam hat Folgendes geschrieben:

Ich habe in den letzten 2 Jahren aus 2 verschiedenen Notfällen ein paar Tiere aus Züchterkreisen aufgenommen, die bis ins hohe Alter von 7 bis 10 Jahren nur mit Pellets ernährt wurden und scheinbar die ganzen Jahre keine Verdauungsprobleme hatten und bei meiner Übernahme und Kontrolle durch eine Zahnspezialistin alle gute Zähne haben/hatten.

Ich habe mitterweile gegenteilige Erfahrung. An einem Tierarztweiterbildungskurs, an dem ich vor einiger Zeit war, wurden unter anderem Kaninchenschädel gerönt und die Zähne untersucht. Und da nicht alle Tierärzte, die am Kurs teilnahmen, mal eben tote Liebhaberkaninchen zur Hand hatten, die sie hätten mitbringen können, brachten einige eben auch tote Schlachtkaninchen mit. Von den 5 Schlachtköpfen, von denen ich mitbekommen habe, dass sie in dem Kurs genauer angeschaut wurden, hatten 3 Schlachttiere Zahnprobleme, ein Zahnproblem war gering (abgebrochene Schneidezähne), ein Tier hatte veränderte Backenzähne und das dritte Tier sogar einen grossen Abzess unter dem Kaumuskel.

Dass gleich 3 von 5 Tiere betroffen waren, wird eine zufällige Häufung sein, aber grad wenn man bedenkt, dass viele Schlachttiere noch recht jung geschlachtet werden, spricht so eine hohe Zahnproblematikquote dann doch dafür, dass eine Pelleternährung Zähnerkrankungen begünstigt.


Das sieht man auch gut an den Chinchillas.
Frau Böhmer von der LMU München formuliert es überspitzt als: "die Zähne von Chinchillas sind 'immer' zu lange", weil sogut wie alle kranken Chinchillas, die in der LMU vorgestellt werden, zu lang gewachsene Zähen haben. Sie führt das darauf zurück, dass ihre Chinchillapatienten mit wenigen Ausnahmen vorwiegend mit Pellets ernährt werden, die deutlich weniger Kauarbeit erfordern als grobe, lose Pflanzen.


Zitat:
wiederum rückt ja oft die Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund. Die Fütterung soll innert nützlicher Frist durchführbar sein und wenn der Bauer vielleicht problemlos noch etwas Wiese mähen könnte für seine 80 Meerschweinchen (wenn er denn so viele halten würde), haben gerade Vermittlungsstationen, Tierheime und Co. das oft nicht.

Es gibt spotbillige Pellets. Aber ich behaupte, dass für Tierheime, die nicht grad im Zentrum einer Grossstadt stationiert sind, eine Wiesnernährung in der Regel fast ebenso wirtschaftlich umsetzbar wäre.

Meist sind Tierheime ja ausserhalb grosser Ortschaften stationiert und ziemlich oft gibt es da Milchbauern, die Futter für ihr Vieh mähen. Von dem Grünfutter gegen kleines Entgeld täglich einige Kilogramm zu bekommen, liesse sich wahrscheinlich in vielen Fällen realisieren ohne dass da nun Tierheimmitarbeiter durch die Gegend spazierne und Kräuter zupfen müssen.

---------------


Was mit beim Thema Pellets zusätzlich in den Sinn kommt, ist die Futtermittelgesetzgebung, die enorm viel zulässt.

Zum Beispiel bei der Deklaration (die wegen der viel zu groben Aufteilung eh nicht brauchbar ist). Wurde mal eine Weederanalyse machen gelassen, so sind die Ergebnisse z.B. "ewig" gültig, selbst wenn die Futterbestandteile mitterweile ganz woanders bezogen werden.
_________________
www.kaninchen-info.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 30.04.2015 07:25    Titel: Re: Pellets, Quellen und Literatur? Antworten mit Zitat

Danke Andreas für die Ergänzungen der Argumente der Futtermittellobby.

Apropos fällt mir ein, ich hatte auch mal was geschrieben zum Thema Chinchillas:
Pellets in der Chinchillaernährung
Dort ist auch Kariger erwähnt (ich hab das ergänzt):

* Kariger, A. (1963): Die Entwicklung der Mischfutterindustrie in Deutschland. W. Kohlhammer, Stuttgart.

Besonders ausführlich ist der Beitrag (noch) nicht, aber er fasst die Thematik bei den Chinchillas mal in groben Zügen zusammen.

Zitat:

Ich gehe mal kurz auf die Entstehung der Pellets ein: die Idee der Konzentratfutter stammt eigentlich aus den USA. Dort wurden Anfang des 19. Jhr. die ersten Versuche mit "Presslingen" unternommen. Die Gedanke war, über Futtermittel zu verfügen, die möglichst alle nötigen Nährstoffe in genau der richtigen Menge und Zusammensetzung enthielten. Für aufkommende Massenhaltung von Tieren erhöhte natürlich den Aufwand, unter anderem den der Beschaffung, des Transport und der Lagerung des Futters. Wenn man dem Futter das Wasser entzieht, verringert sich das Volumen. Wenn man die gleiche Nährstoffmenge früher mit 6-7 LKW transportieren musste, reicht dafür heute einer. Außerdem ist das trockene Zeug länger haltbar. Pellets haben eine hohe Nährstoffdichte. Es ging und geht darum, Tiere in möglichst kurzer Zeit auf ein Schlachtgewicht zu bekommen, wobei der Fleischanteil/Tier hoch sein soll. Dafür reichen die Haupt-(Roh-)nährstoffe und Zusätze, die für das Wachstum benötigt werden. Weil die Futtermittel immer die gleiche Zusammensetzung haben, muss keiner mehr irgendwelche Rationen berechnen. Man schüttet das Zeug in der benötigten Menge in die Tröge - fertig. Während für die Mastindustrie die Verluste durch die Futtermittelindustrie immer noch unter den Kosten des eingesparten Aufwandes lagen, waren und sind Verluste bei Rassekaninchenzüchtern natürlich schmerzlicher, weil gute Zuchttiere ja das Kapital einer jeden Zucht sind.

War es nicht Europa, das damit anfing? Im 19. Jahrhundert waren es zahlreiche landwirtschaftliche Versuchsstationen, die sich mit dem Thema auseinandersetzten, was man alles den Nutztieren so verfüttern könnte. Ölfrüchte waren zum Beispiel ein grosses Thema, man fing dann auch schnell mal an für die Schweinefütterung zu experimentieren mit Melassefutter und der Verwertung von Nebenerzeugnisse aus der Lebensmittelverarbeitungsindustrie (Mehlherstellung, Ölherstellung, Fruchtsaftherstellung etc.). Anfangs des 20. Jahrunderts dann setzten sich in den USA langsam Pellets durch. Wie genau sie entstanden, das entzieht sich meiner Kenntnis, aber wohl dürften Labore zu den ersten Abnehmern gehört haben von den modernen Pellets und ich denke mal über die Labors kamen sie dann zu den Züchtern und ich schätze so zwischen den 1940er und eher 1950er Jahren kamen sie bei den Chinchillas auf und wurden in den 1950er Jahr in den USA populär und die Welle schwappte dann über den Teich und setzte sich in den kommenden Jahrzehnte auch in Europa durch, nach anfänglicher Skepsis. Der Teil in den USA, der ist mir aber noch recht undurchsichtig, weil ich kann nur konstruieren, was ich über die Chinchillas weiss:
1. Als Chapman in den 1930er Jahre mit der ersten erfolgreichen Chinchillazucht begann gab es in den USA noch keine Pellets für Chinchillas und die Entwicklung dauerte sicher mindestens 10 Jahre.
2. Als 1956 die erste Chinchilla Post erschien, waren Pellets schon ein Thema und in den USA schon verbreiteter. Aber sie müssen damals wohl noch relativ neu gewesen sein. Vom Wesen her, wie sich eine Neuheit verbreitet, können wir von folgendem Verhalten ausgehen: anfänglich wird im kleinen Rahmen getestet, entwickelt, verbessert. Wenige Züchter werden wohl involviert gewesen sein, ausserhalb eines kleinen Kreies von Interessierten, wird wohl kaum jemand davon Kenntnis genommen haben. Mit der Zeit stieg wohl das Interesse, einerseits Werbung von Mund zu Mund unter den Züchtern, andererseits später auch intensive Bewerbung in den Chinchillamittelungsheften der entsprechenden Züchtervereien und -verbände sollte weiter die Verbreitung fördern und skeptische Zeitgenossen umstimmen. Oft wurde damals auch kaum zwischen Werbeartikel (heute bekannt als Publireportage oder wenns subtiler ist Productplacement) und Inhalt unterschieden. Gerade in der Chinchillapost wurde seit ziemlich den Anfängen recht intensiv für verschiedene Pelletmarken geworben, obwohl die Meinungen in den Beiträgen unterschiedlich ausfielen:
-- Edmund Bickel war lange einer der grössten Gegner der Pelelts
-- Josef Zettl war ein Pragmatiker, fütterte zwar Pellets, aber eher als Beilage zum Hauptfutter Grünzeug und er hielt auch nicht viel von reiner Pelletfütterung
-- Andere Autoren wie Johannes Wolf waren flammende Pelletbefürworter, er vertrieb sogar seine eigenen Pellets...

Andreas hat Folgendes geschrieben:

+ Pellets sind immer von gleicher Qualität

Die Ausnahme bestätigt bekanntlich die Regel:
Es gibt immer wieder mal Kontaminationen, die unter dem Radar der Futtermittelkontrollen fliegen und ungemerkt durchgewunken werden. Es käme auch zu teuer alle möglichen Parameter zu kontrollieren, vorallem mögliche Gifte, von denen allerhand drin sein könnten, die zu 99,9%, nämlich dann wenn die Futterwerke und Rohstoffzulieferer einen guten Job machen nicht darin zu finden sind und daher auch unnötig durchgeführt werden und letztlich nur die Kosten in die Höhe treiben würden. Und selbst bei den Nähr- und Wirkstoffen, die im Futter sind, wird für die Analyse mit relativ groben Methoden gearbeitet (es geht um Rohnährstoffe, um grobe Näherungen), da exaktere Methoden zu teuer wären. Und mit der Genauigkeit steht und fällt auch die gleichbleibende Qualität, denn die kann nur so genau sein, wie die Genauigkeit der Messung plus die vom Hersteller tolererierten Toleranzen, die noch durchgewunken werden.

Andreas hat Folgendes geschrieben:

Dieser Fakt sollte eigentlich besonders Tierschützer interessieren, denn sie belehren uns ja immer darüber, was wichtig und richtig für Kaninchen wäre. Ab einer bestimmten Anzahl geretteter Tiere haben sie aber prinzipiell das gleiche Problem wie Mastbetriebe und Züchter: wie ernährt man möglichst ökonomisch eine große Zahl von Tieren?

Das ist genau ihr Dilemma, sie müssten sich entscheiden zwischen Qualität und Quantität. Viele entscheiden sich letztlich für die Quanität, mit der Konsequenz, dass sie somit inkonsequent handeln...
Die Inkonsequenz fängt aber schon damit an, dass man die Tötung von Tieren negiert, obwohl ein Blick in die Natur uns anderes lehrt und die Konsequenz daraus lautet dann, man muss alles retten, was man retten kann, statt nur die Tiere rettet, dennen man wirklich eine gute Haltung bieten kann.

Andreas hat Folgendes geschrieben:

Nee, da verwechselst Du wahrscheinlich was mit Ad-libitum-Viola. Sie hatte im Sinne von "Jugend forscht" so merkwürdige Quellargumente benutzt. Bei mir quillt aber nix...

Ja so passts Zustimmen. Mittlerweile hat sich dort ein rechtes Sammelsorium an populistischen Bildchen angesammelt... mich erinnern die Methoden irgendwie stark an Peta, starke Parolen, aber von den Quellen her gerne einen Tick unpräzise und von der Logik her nicht immer wohl überlegt, dafür gerne mal die Sache auch so gebogen, dass es für die eigenen Zwecke passt. Aber Hauptsache man produziert optische Hingucker: ein Faultier-Kaninchen, das verkehrt herum auf einer Wiese steht (man drehe das Bild 180 Grad) mit eingezeichnetem Verdauungstrakt und der Überschrift "wenn die Verdauung Kopf steht". Weniger spektakulär, aber in die selbe Richtung, eine Grafik die ungesunde Futtermittel wie Pellets, Drops, Knabberstangen und Co. zeigt und für jedes davon "gesunde" Alternativen vorschlägt, natürlich alles Trofu (dabei müsste doch eine gesunde Alternative für Pellets oder Kaninchenfutter gerade frische Wiese sein) und anstatt Drops sollen beispielsweise Erbsenflocken herhalten als Leckerbissen. Und die Quellexperimente dürfen da natürlich auch nicht fehlen, ungeachtet dessen, dass die Argumentation hinten und vorne nicht aufgeht. Aber gut, das zieht offenbar bei der angesprochenen Leserschaft...

Noraja hat Folgendes geschrieben:

Frau Böhmer von der LMU München formuliert es überspitzt als: "die Zähne von Chinchillas sind 'immer' zu lange", weil sogut wie alle kranken Chinchillas, die in der LMU vorgestellt werden, zu lang gewachsene Zähen haben. Sie führt das darauf zurück, dass ihre Chinchillapatienten mit wenigen Ausnahmen vorwiegend mit Pellets ernährt werden, die deutlich weniger Kauarbeit erfordern als grobe, lose Pflanzen.

Das hat interessanterweise schon David Crossley vor einigen Jahren bei Chinchillas festgestellt. Er untersuchte in Grossbritanien eine Reihe von Tiere und ich glaube auch Schädel von Wildtieren und kam zum Schluss, dass nahezu alle in Menschenobhut gehaltenen Tiere zu lange Zähne hatten. Diejenigen der Wildtiere waren überwiegend gut.

Zitat:

Ich habe mitterweile gegenteilige Erfahrung. An einem Tierarztweiterbildungskurs, an dem ich vor einiger Zeit war, wurden unter anderem Kaninchenschädel gerönt und die Zähne untersucht. Und da nicht alle Tierärzte, die am Kurs teilnahmen, mal eben tote Liebhaberkaninchen zur Hand hatten, die sie hätten mitbringen können, brachten einige eben auch tote Schlachtkaninchen mit. Von den 5 Schlachtköpfen, von denen ich mitbekommen habe, dass sie in dem Kurs genauer angeschaut wurden, hatten 3 Schlachttiere Zahnprobleme, ein Zahnproblem war gering (abgebrochene Schneidezähne), ein Tier hatte veränderte Backenzähne und das dritte Tier sogar einen grossen Abzess unter dem Kaumuskel.

Das tönt wirklich inteessant. War das ein Kurs von der Uni und konntet ihr da selbst die Schädel untersuchen?

Zitat:

Es gibt spotbillige Pellets. Aber ich behaupte, dass für Tierheime, die nicht grad im Zentrum einer Grossstadt stationiert sind, eine Wiesnernährung in der Regel fast ebenso wirtschaftlich umsetzbar wäre.

Können grundsätzlich ja. Der Punkt ist, dass gerade Wiesenernährung eine hohe Eigeninitiative abverlangt und das heutzutage als sehr unkonventionell gilt, macht man hierzulande nicht, wird wohl auch als unhygienisch von einigen betrachtet: was weiss man, was man da mit dem Futter einschleppt, es gibt keine Futtermittelanalyse auf der Packung drauf, die Sicherheit vermittelt, man wisse was man verfüttere, dann die Angst die immer wieder grasiert vor Giftpflanzen auf der Wiese etc. und dann wäre da noch das Amt, mit dam man möglicherweise Probleme bekäme, wenn plötzlich Mängel fesgestellt würden, die auf das Gras zurückgeführt werden könnten... der wichtigste Grund dürfte aber in den meisten Fällen sein, andere machen das auch nicht, es ist nicht üblich, wir haben das nicht so gelernt und womöglich steht ein grosser Futtermittelhersteller auch noch vor der Tür, der sowieso die Pellets billig zu einem Spezialpreis anbietet oder gar sponsort...
_________________
Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)

Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE

Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen Yahoo Messenger
Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 30.04.2015 20:14    Titel: Antworten mit Zitat

Noraja hat Folgendes geschrieben:
hatten 3 Schlachttiere Zahnprobleme, ein Zahnproblem war gering (abgebrochene Schneidezähne), ein Tier hatte veränderte Backenzähne und das dritte Tier sogar einen grossen Abzess unter dem Kaumuskel.

Ich kann mich jetzt nur auf Deine Beschreibung stützen, ohne die Präparate selbst gesehen zu haben:
- abgebrochene Schneidezähne sind in Batteriehaltungen nicht selten. Die Tiere benagen oder beißen oft in die Gitter der Boxen, was zum Bruch der Schneidezähen führen kann. Wenn gleich alle beide abgebrochen sind, ist auch ein Unfall möglich
- veränderte Backenzähne? Zu ungenau...
- Ein Abszess ist eine verkapselte Entzündung, hat also nicht zwingend was mit den Zähnen zu tun.

Davon ab, entstehen mit Sicherheit eine Reihe von Zahnproblemen durch die Fütterung, aber nicht unbedingt wegen der Pelletierung. Da wäre ich vorsichtig.

Im Heimtierbereich sind Darstellungen zu Zahnerkrankungen auch von Tierärzten oft fragwürdig. Wenn sie ein Tier mit Zahnproblemen vorgestellt bekommen, dass sie selbst vor einem halben Jahr kastriert haben und das zu jener Zeit keine Probleme hatte, kommen sie nicht einmal ansatzweise auf die Idee, dass die Kastration die Ursache sein könnte. Naja, eigentlich logisch - dann wären ja sie selbst schuld Smile

Noraja hat Folgendes geschrieben:
Frau Böhmer von der LMU München formuliert es überspitzt als: "die Zähne von Chinchillas sind 'immer' zu lange", weil sogut wie alle kranken Chinchillas, die in der LMU vorgestellt werden, zu lang gewachsene Zähen haben. Sie führt das darauf zurück, dass ihre Chinchillapatienten mit wenigen Ausnahmen vorwiegend mit Pellets ernährt werden, die deutlich weniger Kauarbeit erfordern als grobe, lose Pflanzen.

Ich sehe immer Ableitungen von Tierärzten, die sie auf Grund ihres Patientengutes treffen, problematisch. Ich erinnere an Dr. Lazarz mit seinen Ausführungen zu Kastrationen und Gebärmuttererkrankungen

Tierärzte bekommen kranke Tiere vorgestellt. Bei Rodentia und Lagomorpha sind bei Erkrankungen fast immer die Zähne (mit-)betroffen. Die meisten Erkrankungen führen zu einem schlechten Allgemeinzustand sowie schlechterer Nahrungsaufnahme und verwertung. Bei dem Zahnwachstum kann sich das unheimlich schnell auf die Zähne auswirken, ohne das die die ursprüngliche Ursache waren. Die Zähne der Kaninchen wachsen pro Woche zwischen 2 - 4 mm. Wenn die Tiere anfangen, aus irgendwelchen Gründen weniger zu fressen/zu kauen, ist ganz schnell ein Zahnproblem da, was vorher gar nicht existierte. Es ist deswegen aber nicht die Ursache, sondern ein Symptom.

davX hat Folgendes geschrieben:
War es nicht Europa, das damit anfing? Im 19. Jahrhundert waren es zahlreiche landwirtschaftliche Versuchsstationen, die sich mit dem Thema auseinandersetzten, was man alles den Nutztieren so verfüttern könnte.

Du hast nicht ganz Unrecht:
Kariger, hat Folgendes geschrieben:
Der Gedanke, haltbare und gut transportable "Futterkonserven" herzustellen, kam aus England und wurde in Deutschland im Kriege 1870/71 aufgegriffen.[...]Aus diesen Grundstoffen wurde ein Teig gefertigt und zu Biskuits verbacken.[...]Die Biskuits bestanden aus kranzförmigen Kuchen mit einem Durchmesser von 10 - 12 cm und einer Stärke von 1 cm. Sie wurden meist "um einen Draht gereiht und an dem Sattel des Pferdes aufgehängt." Jedes Pferd erhielt morgens und abends je 7 und mittags 12 Stück in zerkleinertem Zustand, entweder naß oder trocken. Die Kuchen blieben bis zu 18 Monate frisch.
Quelle: Kariger, A. K. (1962): Die Entwicklung der Mischfutterindustrie in Deutschland. Stuttgart: Kohlhammer [Veröffentlichungen der Wirtschaftshochschule Mannheim; 11/Zugl.: Mannheim: Wirtschaftshochsch., Diss., 1962](Seite 27)

Aber: Kariger konzentriert sich auf die Mischfutter für große Tiere wie Pferde, die als sogenannte "Futterbrote" eingesetzt wurden. In seiner Dissertation kommt der Begriff "Pellet" nicht einmal vor, Kaninchenfutter werden nur 2 Mal am Rand als "Spezial-Mischfutter" erwähnt. In der Regel handelte es sich bei den Futterbroten um gepresste Pakete, die gebacken wurden. Pellets sind dagegen "Extrudate". Der Brei wird in Extrudern gemischt, durch Düsen gepresst und auf Länge geschnitten..

Etwas widersprüchlich zu Kariger in Bezug auf die Historie der folgende Auszug:
Bernemann, 2005 hat Folgendes geschrieben:
Schon im 15. Jahrhundert sollen in England Pferde mit Brot gefüttert worden sein (WÖRZ, 1874, S. 51). Seit dem 18. Jahrhundert wurden Brote anscheinend zur Fütterung an Pferde hergestellt (nach KUERS 1835 S. 57-69 erstmals 1735 erwähnt), die zu den ersten Futtergemischen gezählt werden können. Eine generelle Anwendung scheint jedoch noch nicht vorgelegen zu haben. GIBSON (1780) erwähnt unter den Futtermitteln für Pferde keine Brote. Bei den Pferden, die für Distanzritte trainierten, wurde jedoch schon seit dem 17. Jahrhundert Brot neben Hafer gefüttert. Das Brot wurde – je nach Trainingsphase – aus unterschiedlichen Anteilen Weizen- und Bohnenmehl gebacken (HARRIS, 1999). Nach CLARK (1790, S. 51) war es in England im 18. Jahrhundert üblich, Pferde auch mit Brot (Pferdebrot) anstelle von Hafer oder anderen Körnern zu füttern. Im Laufe des 19. Jahrhunderts kamen neben Broten auch Zwiebäcke, Kuchen, Biskuits, schließlich Pressfutter und selbst Alleinfutter zum Einsatz, die aus mehreren Komponenten zusammengesetzt waren.
Quelle: Bernemann, U. 2005. Krippenfuttermittel für Pferde, Entwicklungen vom Beginn des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts (Mitteleuropa und Nordamerika). Hannover : Tierärztliche Hochschule. Diss.


Schwarztrauber, 1940 hat Folgendes geschrieben:
In der Hauptsache scheint aber in dieser Versammlung gegen die zuständigen Behörden wegen unzureichender Versorgung der Kaninchenzüchter mit Kraftfuttermitteln Klage geführt worden zu sein und man forderte erneutes und nachdrückliches Vorstelligwerden. Die Behauptung aber seitens der Kaninchenzüchter selbst, daß die Kaninchen ohne Kraftfutter (lies: Körnerfutter!) nicht durchgehalten werden könnten, ließ mancherorts überhaupt Zweifel an der Bedeutung der Kaninchenzucht für die Ernährung des deutschen Volkes laut werden. Einzelne Veröffentlichungen durch Männer der Wissenschaft sprachen sich dann auch in dem Sinne aus, daß die Kaninchenzucht nicht zu fördern sei, da die für die Ernährung der Kaninchen nötigen Nährstoffe auch für den Menschen geeignet wären und deshalb der unmittelbaren enschlichen Ernährung vorbehalten bleiben müßten.
Quelle: Schwarztrauber, W. (1940): Die volkswirtschaftliche Bedeutung der deutschen Kaninchenzucht. Nürnberg: Hindenburg-Hochsch. Diss. (Seite 12-13)

Zu jener Zeit waren mit "Kraftfutter" immer Getreidekörner bzw. Mischungen mit solchen gemeint. Während und zwischen den Kriegen hatte das Kaninchen nur noch die Bedeutung als Beitrag zur Ernährung der Menschen mit einem möglichst geringem Einsatz von Ressourcen:
Schwarztrauber, 1940 hat Folgendes geschrieben:
Ein Zukauf wertvoller Futtermittel muß also unter allen Umständen vermieden werden.[...] Große eiweißreiche Futterreserven liegen vor allem in den riesigen Mengen von Unkräutern aller Art, die zumeist nutzlos verkommen, in der Kaninchenhaltung aber wertvoll verwertet werden könnten, wenn sich die Züchter diese Verwertung mehr angelegen sein ließen. Neben der Möglichkeit der Sammlung dieser Unkräuter gibt es da und dort noch kleine Landfleckchen, die, wenn auch vorübergehend, gutes Futter tragen können. Aus dem zur Verfügung stehenden eigenen Gartenland muß durch Vor-, Zwischen- und Nachfruchtbau alles herausgeholt werden, was sich an Futtermitteln herausholen läßt. Auch für eine ausreichende Winterfütterung ist schon zu SQmmerszeiten durch eine entsprechende Trocknung oder Silierung der überschüssigen Gartenabfälle zu sorgen.(S. 63-64)


Erst in den 1950ern ging es dann mit der Mast im großen Stil und industriellen Futtermitteln los:
Dorn, 1973 hat Folgendes geschrieben:
Von ähnlichen Gedanken ausgehend, hebt auch Dr. PINGEL hervor, die Aufgabe der Kaninchenhaltung, Abfallfutter auszuwerten, könne man in der modernen Fleischerzeugung nur berücksichtigen, "wenn diese Abfälle für eine rationelle Fütterung aufbereitet werden". So müsse man auch Grünfutter in solchen Betrieben als Trockenfutter verwenden. Es haben sich daher in den Ländern, in denen die Kaninchengroßmast bereits eine Rolle spielt, zahlreiche Futtermittelfirmen auf die Bedürfnisse der modernen Mast eingestellt. Sie liefern nach amerikanischem Vorbild ein gekörntes Preßfutter (Pellets, engl. = Kügelchen), das alle lebensnotwendigen Nähr- und Wirkstoffe sowie Mineralien enthält. Dieses Preßfutter eignet sich für die zeitsparende Automatenfütterung als Alleinfutter. Es erübrigt sich die Zugabe von Grünfutter. Dagegen ist reichlich Trinkwasser erforderlich.
Quelle: Dorn, F. K. (1973): Rassekaninchenzucht: ein Handbuch für Züchter, Zuchtrichter und Studierende. 3. Aufl. Melsungen [u.a.]: Verl. Neumann-Neudamm


http://en.wikipedia.org/wiki/Animal_feed

freundliche Grüße,
Andreas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
Noraja
Freak


Anmeldungsdatum: 25.04.2010
Beiträge: 663
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 30.04.2015 22:55    Titel: Antworten mit Zitat

Zitat:
- abgebrochene Schneidezähne sind in Batteriehaltungen nicht selten. Die Tiere benagen oder beißen oft in die Gitter der Boxen, was zum Bruch der Schneidezähen führen kann. Wenn gleich alle beide abgebrochen sind, ist auch ein Unfall möglich

ja, von sowas gehe ich auch aus. Das Tier hatte sonst unaufällige Zähne.

Zitat:
veränderte Backenzähne? Zu ungenau...

Na wenn du es genau haben willst, kann ich es bei dem Tier, das ich nämlich - anders als die anderen beiden - selber auch genauer anschaute - auch genau beschreiben: Stufe zwischen P3 und P4 im Unterkiefer, generell zu lange Backenzähne, retrogrades Wachstum der Wurzeln des P3, Schneidezähne ebenfalls zu lange

Zitat:
- Ein Abszess ist eine verkapselte Entzündung, hat also nicht zwingend was mit den Zähnen zu tun.

Das weiss ich, wobei Anzesse im Kopfbereich von Kaninchen schon häufig mit den Zähnen zu tun haben.
Bei dem Tier wars ein Abzess, der von einer der hinteren Zahnwurzel ausging. Das Tier hab ich aber auch nicht lange angeschaut.




Zitat:
Zitat:
Frau Böhmer von der LMU München formuliert es überspitzt als: "die Zähne von Chinchillas sind 'immer' zu lange", weil sogut wie alle kranken Chinchillas, die in der LMU vorgestellt werden, zu lang gewachsene Zähen haben. Sie führt das darauf zurück, dass ihre Chinchillapatienten mit wenigen Ausnahmen vorwiegend mit Pellets ernährt werden, die deutlich weniger Kauarbeit erfordern als grobe, lose Pflanzen.

Ich sehe immer Ableitungen von Tierärzten, die sie auf Grund ihres Patientengutes treffen, problematisch.

Die Frau Böhmer ist sich durchaus bewusst und hat zu der nicht ganz ernst gemeinten Aussage auch dazu gesagt, dass sie kein representatives Bild der Chinchillas vors Gesicht bekommt, ja nicht einmal ein representatives Bild der kranken Chinchilla. Zu ihr kommen viele Chinchillas erst, wenn die Behandlung bei einem anderen Tierarzt nicht funktioniert hat, d.h. die komplex kranken Fällen.

Bei Meerscheinchen und Kaninchen ist es bei ihr auch so. Nur kommen bei Kaninchen und Meerscheinchen trotzdem viele Tiere mit normalem Gebiss an die LMU, während sie bei den Chinchillas nach ihren Angaben suchen musste, um Bilder von Tieren mit Normokklusion zeigen zu können.
Und das ist dann doch etwas irre, wenn man bedenkt, dass es an der LMU wahrscheinlich recht viele Rötgenbilder von Chinchillas gibt.

Irgendetwas ist bei den Chinchillas anders. Die Chance ist gross, dass die im Chinbereich sehr verbreitete Fütterung auf Basis von Pellets einer der Einflussfaktoren ist.

Als ich vorhin nach der von David erwähnten Studie von Crossley, fand ich das hier: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11219817
da wird beschrieben, dass bei unaufälligen gesunden Chinchialls bei 35% zu lange Zähne entdeckt wurden Shocked .
Das ist alles andere als wenig.

Wär nun interessant, wie es bei naturnah ernährten, europäischen Chinchillas aussieht und vorallem, ob man auch mit anderen Zuchtlinien derart viele Chinchillas mit zu langen Zähnen findet.
_________________
www.kaninchen-info.de
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden Website dieses Benutzers besuchen
davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 01.05.2015 13:21    Titel: Re: Pellets, Quellen und Literatur? Antworten mit Zitat

@Andreas
Kann man also zusammenfassen, dass nicht nur die Pelleternährung von Chinchillas, sondern auch jene der Kaninchen erst etwa in den 1950er Jahre aufkam? Es scheint also, dass die Pellets erst etwa mit dem Aufkommen der sich professionalisierenden Werbung sich in den Privathaushalten und bei Züchtern verbreiteten, also etwa in dieser Zeit, als die Hersteller ihre Werbemethoden umstellten von Produktewerbung, welche sich an ihre Zwischenhändler richtete zur Bewerbung der Produkte beim Endkunden. In den USA entwickelte sich in dieser Zeit ein neuer Zweig der Werbeindustrie mit einem ganzen Arsenal an Techniken, Methoden etc. und ich denke es ist auch die Zeit in der Marketing als berufliche Spezialisierung bei Weiterbildungen und Firmen zunehmend an Bedeutung gewann und damit auch verwandte Themen wie PR, Kundenpflege etc. Ab sofort wollten die Hersteller die Wahrnehmung ihrer Produkte nicht mehr dem Schicksal ihrer Händler überlassen, welche für sie die Produkte verkaufen, sondern sie wollte selbst einfluss nehmen. Nicht mehr der Marktschreier soll die Vorzüge ihrer Produke anpreisen, die Firmen wurden dadurch mehr und mehr selbst zu "Marktschreiern", welche nun anfingen eine direktere Kommunikation zum Kunden aufzubauen, durch Werbung, aber auch PR und Kundensupport etc.
Durch diesen Wandel des Zielpublikums, welche die Hersteller ansprachen, wandelte sich auch die Sprache, welche Firmen verwenden mussten. War es anfänglich eher eine sachliche, mit technischen Begriffe reiche Sprache, die sich an ein Fachpublikum wandte (die Verkäufer mussten eine Ahnung von dem haben, was sie verkaufen), geriet mit dem Wandel immer mehr eine emotionale, auch populistische Sprache in den Vordergrund, die wiederum auf das Irrationale, die Gefühle und Wünsche der Endkunden abziehlte, die dagegen oft fachlich keine Ahnung hatten und mit sachlichen Argumenten auch weniger anfangen konnten, denn mit emotionalen Argumenten.

Offen bleibt aber immer noch, wann etwa die Pellets in ihrer heutigen Form oder in einer leicht abgewandelten Vorgängerform sie auf den Markt kamen? Du könntest schon recht haben, dass da die USA Vorreiter waren und ich vermute schwer, dass es wahrscheinlich als erstes grössere Anwendung als Futter für Labortiere fand. Vielleicht könnte da ein Blick in die wissenschaftliche Literatur helfen? Und vielleicht würde auch die Werbung uns helfen, die zum Beispiel in Zeitschriften wie Science oder Nature uns auch etwas über den Zeitgeist der jeweiligen Epochen verrät?
Ich vermute mal, dass Pellets wahrscheinlich so zwischen den 1920er und 1930er, vielleicht auch erst in den 1940er Jahre sich verbreiteten... wobei es ist noch schwierig einzuschätzen, aber anfangs des 20. Jahrhunderts fütterte man Labortiere in Versuchen häufig mit natürlichem Futter. Etwa in den 1940er und 1950er Jahre erinnere ich mich, liest man davon, dass bei den Ratten gerne Futtergemische unter anderem aus Casein und ähnlichen Zusätzen zur Anwendung kamen. Es wäre daher denkbar dass anfänglich die Fütterung im Labor mit speziellen Futtergemischen aus verschiedenen Futtermehle im Vordergrund stand. Um das Füttern von gewissen Standardrezepturen zu vereinfachen könnte ich mir vorstellen, dass daraus die Idee entstand, dass man anfing die Futtermehle nach der Mischung miteinander zu verkleben und sie in Formen zu pressen.

Andreas hat Folgendes geschrieben:

Pellets sind dagegen "Extrudate". Der Brei wird in Extrudern gemischt, durch Düsen gepresst und auf Länge geschnitten..

Nicht zwingend. Aber ja, man kann Pellets aus Extrudaten herstellen. Doch Extrudate heisst, dass man stärkehaltige Nebenerzeugnisse zu einem Brei mischt, diesen durch eine Düse presst, dass er aufschäumt und zu den Extrudaten aushärtet. Wenn man vor dem Aushärten ihn durch eine Pelletpresse lässt, bekommt man Pellets.
Pellets kann man aber eben auch aus Rohstoffen herstellen, die sich zur Extrudatherstellung nicht eignen, weil sie einen zu niedrigen Stärkegehalt haben, Stichwort: Kräuterpellets, Grünmehlpellets.

Zitat:

Etwas widersprüchlich zu Kariger in Bezug auf die Historie der folgende Auszug:

Gut, das erstaunt mich nicht, denn es ist nicht ganz einfach jeweils die Entstehung eines Trends im Nachhinein zu ermitteln und entweder hat man Glück und findet gerade eine gute Quelle oder man findet bei der Literatursuche halt eben nicht so viel und muss mal eine Annahme treffen, die unter Umständen auch falsch oder zu ungenau sein kann. Eine andere Frage ist halt auch, verbreitete sich die Idee der Futterbrote seit 1735 (oder früher) kontinuierlich aus oder war das einfach mal eine Idee, die im kleinen Stil umgesetzt oder ausprobiert wurde? War es ein lokales Phänomen oder war es schon damals etwas, das weiter verbreitet ist? Es könnte dann nämlich sein, wenn das in der Zwischenzeit wieder etwas in Vergessenheit geriet, dass Kariger mit seinen Angaben vielleicht doch recht hatte und sich erst dann die Futtermittel"industrie" anfing sich auf die Konservenfutterproduktion bei den Pferden zu konzentiert. Kariger beschrieb ja als Grund für die Futterbrotherstellung, dass das Militär eine einfache Fütterungsmöglichkeit für die Pferde suchte... so habe ich es zumindest im Kopf. Das wäre ein plausibler Grund, dass die Verwendung von Fertigfutter im grossen Stil und in grossen Mengen umgesetzt wurde und dass die Futterbrote, die es schon deutlich länger gab, allmälich an wirtschaftlicher Bedeutung gewannen.

Andreas hat Folgendes geschrieben:

Ich sehe immer Ableitungen von Tierärzten, die sie auf Grund ihres Patientengutes treffen, problematisch.

Noraja hat Folgendes geschrieben:

Die Frau Böhmer ist sich durchaus bewusst und hat zu der nicht ganz ernst gemeinten Aussage auch dazu gesagt, dass sie kein representatives Bild der Chinchillas vors Gesicht bekommt, ja nicht einmal ein representatives Bild der kranken Chinchilla. Zu ihr kommen viele Chinchillas erst, wenn die Behandlung bei einem anderen Tierarzt nicht funktioniert hat, d.h. die komplex kranken Fällen.

Also wir hatten von einer Weile das Thema Zähne und die Meinung von Frau Böhmer auch im Deguforum. Sie äusserte sich gegenüber einigen Deguhaltern auch zum Thema. Den Eindruck, den ich damals gewann, war, dass sie einige Themen gerade bei den Degus falsch einschätzt, so wie Andreas sagt, ihr fehlt das Wissen über die genaue Lebensweise der Tiere in der Wildnis und die ist nun mal einfach essenziell um die Ernährung von Tieren besser zu verstehen.
Was mich noch interessieren würde, war Frau Böhmer bei dem Tierarztweiterbildungskurs oder beziehst du dich da bei ihrer Aussage zu einer schriftlichen Aussage von ihr?

Zitat:

Als ich vorhin nach der von David erwähnten Studie von Crossley, fand ich das hier: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11219817
da wird beschrieben, dass bei unaufälligen gesunden Chinchialls bei 35% zu lange Zähne entdeckt wurden Shocked .
Das ist alles andere als wenig.

Jap, das ist ein Teil seiner Arbeit. Er schrieb eine Dissertation zum Thema und publizierte dann verschiedene Artikel, der oben genannte ist sicher einer der bekanntesten, den wir übrigens schon vor Jahren im Chinchillaernährungsartikel im Degupedia Magazin zitierten.

edit:
Nochmals kurz zur Datierung, die englische Wikipedia meint beim Aufkommen der industriellen Futtermittelproduktion auch etwa ab der zweiten Jahrhunderthälfte des 19. Jahrhunderts:
Zitat:

The beginning of industrial-scale production of animal feeds can be traced back to the late 19th century, around the time advances in human and animal nutrition were able to identify the benefits of a balanced diet, and the importance of the role processing of certain raw materials played.

Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/Animal_feed

_________________
Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)

Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE

Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen Yahoo Messenger
Andreas
Kaninchen würden Wiese kaufen


Anmeldungsdatum: 27.02.2009
Beiträge: 1239

BeitragVerfasst am: 01.05.2015 22:06    Titel: Antworten mit Zitat

Zur Geschichte von Futtermitteln habe ich einen Beitrag der Watt AG gefunden: "Feed Pelleting Reference Guide". Auf der Seite muss man sich aber anmelden, deshalb habe ich das, worum es uns geht, herauskopiert:

Watt AG hat Folgendes geschrieben:
Between 1900 and the 1930s, equipment designers proposed several feed processing machines, according to pelleting expert Larry Pitsch (1990). Around 1910, feed manufacturers began extruding feed to increase its value. The extruders conditioned the mash with heat and moisture prior to forcing it through a die plate and knife assembly. While the extrusion process greatly enhanced feed digestibility and improved handling, extruders were expensive and complicated to operate with early 20th century technology. According to Pitsch, one of the first successful pellet mills was a molding machine in which two counter-rotating rollers with pockets, formed and pressed mash into wafers (see Figure 1-1). The wafers had a much lower density than modern feed pellets, which provided no advantage to feed transportation. Also, the mash was not conditioned with heat and moisture; therefore, the “wafering” process did not greatly enhance nutrient utilization. In the 1920s, feed manufacturing equipment designers introduced the Schueler pellet press (Pitsch 1990). This design used a spur gear integrated with two rolls (see Figure 1-2). The machine moved mash through indentions in the gear teeth, resulting in a dense pellet. Although this was an improvement over the earlier designs, the Schueler pellet press was relatively expensive to operate and the gear and roll assembly was subject to wear.

A short time later, the flat-die mill—a machine that was an immediate precursor to the modern roll-and die pellet mill—was introduced to the commercial feed industry. The flat-die mill consisted of rollers traveling around a vertical axis on a stationary horizontal die (see Figure 1-3). The movement of the rollers forced the mash through holes in the die, compressing the mash forming pellets. Flat-die mills are still used in the production of some specialty feeds today.

In 1928, the first commercial pellet mills were imported from England to the United States (Schoeff, 1976). The S. Howes Co. sold one of the first U.S. built pellet mills in 1930 (Schoeff, 1994). The next year, California Pellet Mill Company designed a 22 kW pellet mill that utilized a stainless steel horizontal-plate die. Shortly thereafter, feed manufacturers and livestock producers began to recognize the numerous benefits of feeding pelletized feed and the design which employed a roller inside a vertically-positioned cylindrical die—the modern ring-die pellet mill—was developed into a commercial machine. In the ringdie pellet mill, the roller forces the mash outward through the die holes. Compared to the flat-die pellet mills, the ring-die design had the advantage of quick die change, allowing feed manufacturers to produce a variety of different pellet sizes from a single pelleting system.

Pitsch (1990) pointed out that in the first modern ring-die pellet mills, the rollers rotated along the inside surface of the die. However, in later designs, the die rotated while the rolls remained in a fixed position. Other major improvements in ring-die pelleting systems have included the addition of a second and third roller, greater mash conditioning, the incorporation of binding aids to feed formations, larger dies, more efficient coolers and greater power motors (see Table 1-1). Generally, these modifications have increased pelleting throughput and pellet quality, while reducing the relative cost of the process.

During the remainder of the 1930s and 1940s, equipment designers and feed manufacturers focused on using pelleting technology to the greatest advantage. For example, in 1936, Beacon Milling produced pelleted duck feed. This achievement was important because ducks are particularly sensitive to fines. Other feed companies began producing pelleted dog food. In 1946, Wenger Mixer Manufacturing Company developed a method of producing high-molasses pellets, an important feed for beef cattle and dairy cows. The next year, coarsely ground pellet crumbles were fed to young chickens for the first time. Crumbles enabled broiler producers to obtain the advantages of pelleting over the entire growth curve of the bird.

After World War II, US pellet mill manufacturers began a period of expansion. California Pellet Mill Company built three manufacturing plants in the United States and began exporting machines to Europe. During the following years, several pelleting technology experts made recommendations on the most efficient operation of pelleting systems (Behnke, 2001).

Century of the conditioner
Few pellet mills in the early 1930s had the capability of conditioning the mash with heat and moisture prior to pelleting. Though it was recognized that steam conditioning enhanced pellet quality, concerns over nutrient degradation, such as the destruction of the water-soluble vitamins, overrode the desire to strive to produce a perfect pellet.

By the end of the 1930s, pellet mill designers began installing conditioners—originally referred to as “ripeners”—which added steam to the mash prior to pelleting (Pitsch, 1990). The early mash conditioners were barrel-shaped devices. A rotating shaft with various pitched paddles moved the mash forward towards the pellet mill die. Manifolds, connected to the feed mill’s boilers, injected steam and water into the mash. The design of the conditioner remained largely unchanged until the 1960s.

One noticeable change in conditioner design over the years has been a steady increase in the conditioning temperatures (see Table 1-2). Between 1990 and 2000, the average mash conditioning temperature increased more than it did in the previous 10 years. This difference was likely due to the introduction of high-temperature conditioners such as short-time/high-temperature (ST/HT) systems and annular gap expanders, and the ability to add heat and moisture independently to the mash.
Modern mash conditioning systems focus on greater gelatinization of the starch in the grain. Higher levels of starch gelatinization enhance pellet durability (quality), improve carbohydrate and protein digestibility and utilization by the animal and increase pellet production. In addition, higher pelleting temperatures kill bacterial pathogens, including Salmonella and E. coli, and deactivate anti-nutritional factors. In the 1970s, feed companies were building completely automated feed mills. Improvements in the control of heat and moisture addition to the mash enabled equipment engineers to develop steam jacketed conditioners by the mid-1970s. Jacketed conditioners were used mainly to manufacture high-quality fish feeds (Pitsch, 1990).
Quelle: http://www.wattagnet.com/feedpelleting.html


In dem Dokument werden keine Quellen angeführt. Durch Googeln habe ich aber gefunden, dass es sich wohl um folgende Quelle handelt: "Pelleting's history and development by Larry H. Pitsch, Feed Management, Oct., 1990, vol. 41, No. 10 pp. 51, ,70 72 (total 5)". Tja - und dieses Journal gehört der Watt AG, ist also nicht öffentlich... Smile

George Richard Schueler ("Schueler pellet press) war ein amerikanischer Ingenieur, der sich in England u. a. mit der Entwicklung von Verfahren beschäftigt hat, die auch in der Futtermittelindustrie Anwendung fanden.

Heute werden, wie in dem Ausschnitt beschrieben, vorwiegend Pressen, bei den ein fesstehender "Koller" (2 Rollen) gegen eine schnell rotierende Matrize steht und die Masse durch die Löcher drückt. Gefüttert wird diese Presse vorgeschaltete durch Dosier- und Konditionieranlagen, die auf dem Extruderprinzip beruhen. Meine Beschreibung war also nicht ganz sauber. Tatsächlich muss man von "Presslingen" sprechen. Ein Extrudat wäre etwas, was direkt aus einem Extruder durch eine Düse gepresst wird. Das ist aber bei diesen Anlagen nicht der Fall. Mea culpa...

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Pelletierung in England um 1915 (da gibt es ein Reihe Patente) von einem Amerikaner erfunden wurde. Die Amis haben die Technik 1928 übernommen, verbessert und schließlich im großen Stil in alle Welt verkauft. Deshalb wohl auch Dorn's Feststellung eines "amerikanischen Vorbildes".

freundliche Grüße,
Andreas
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden
davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 03.05.2015 17:01    Titel: Re: Pellets, Quellen und Literatur? Antworten mit Zitat

Danke dieser Hinweis ist Gold wert.
Ich habe jetzt auch nochmals recherchiert. Wenn man nach Pellet-Press-Maschinen sucht (pellet mill, pellet machine, aparatus + pellet usw.), dann stösst man immer wieder auf ein Patent von Schueler:

Schueler 1914/1915
Machine for compressing or molding plastic substances.
US 1127925 A

Ein Patent habe ich noch gefunden, das vor dieser Zeit stammt, aber wahrscheinlich nicht viel mit dem Thema zu tun hat, es geht um eine "pellet coating machine":
https://www.google.com/patents/US815608?dq=pellet&hl=en&sa=X&ei=iiBGVdrkHMz5Us7qgcAC&ved=0CCQQ6AEwAQ
Man findet noch mehr Patente zum Thema Pellets, sogar vor 1900, aber die haben dann offensichtlich nichts mehr mit der Herstellng von Futterpellets zu tun.

Ein weiteres Patent aus den 1920er Jahre klingt dem von Schueler sehr ähnlich:
Albert William Sizer 1923:
Machine for compressing or molding plastic substances
http://www.google.com/patents/US1467883


Interessant ist, dass etwa ab den 1930er Jahre vermehrt Patente auftauchen, die sich mit Pelletpressen und Pelletmaschinen beschäftigen. Dabei sticht vorallem ein Name hervor: Edgar T. Meakin. Meakin reichte 1931 und 1933 zwei Patente ein für Maschinen zur Herstellung von Pellets für die Geflügelzucht und die Rinderzucht (cattle) und reichte später Patente ein, die von grossen Pelletmaschinenherstellern (u.a. Buehler oder California Pellet Mill) in eigenen Patenten wiederum zitiert werden (siehe unten).

Edgar, T. Meakin 1934: Patent "Pellet mill"
Zitat:

It is desirable to form stock and poultry feed into suitable sized pellets because this offers a clean and economical method of utilizing the feed. The apparatus of my invention is particularly adapted for this purpose; and in broadly descriptive terms it comprisesa bowl or pan, the bottom of which is formed by a die. Rollers are mounted on the die to compress and force the material therethrough as it is fed into the bowl; and knives are mounted below the die to 'cut the strings of material which are forced therethrough into suitable sized pellets.

Quelle: Patent US1954086 Pellet mill


und

Meakin 1935: Patent "Pellet forming machine"
Zitat:

My invention relates to an-improved machine for compressing moldable material, and is particularly applicable for compressing or molding meals, mashes and the like, whereby the same may be formed into pellets of suitable size for use as poultry and cattle food.

Quelle: Patent US2020510 Pellet forming machine


Weitere Patente aus den 1930er Jahre:

Patent von Burr M. Estes (1932): "Pellet making machine"
http://www.google.com/patents/US1848332
Vom Aussehen her hat es m.E. aber grosse Ähnlichkeiten mit Pelletpressen, die in der Futtermittelindustrie verwendung fanden.

Patent mit dem selben Titel von Raymond T. Anderson (1932): "Pellet making machine" (Patent US1871833)
http://www.google.com/patents/US1871833
Wenn ich es richtig verstanden habe geht es bei diesem Patent um eine Pelletmaschine, die zur Verbesserung der Pressung einer Presse nachgeschaltet wird, zum Beispiel um Öl oder sonstige Flüssigkeiten auszupressen. Da das Patent sehr allgemein gehalten ist, ist es schwer zu sagen, ob es primär für technische Prozesse (Maschinenölgewinnung, chemische Industrie etc.) oder (auch) für den Lebens- und Futtermittelverarbeitenden Bereich entwickelt wurde.

Claude C. Hall 1939: Feed forming machine (Patent US2144054)
http://www.google.com/patents/US2144054


Da ich es schon erwähnt hatte, dieser Meakin scheint für die Entwicklung und Verbesserung der Pelletmaschinen von Bedeutung zu sein, denn ich habe hier gleich mehrere Patente von ihm entdeckt, die von nahmhaften Herstellern wieder zitiert wurden:

Meakin 1940: Extrusion mill
http://www.google.com/patents/US2240660
wird von einer Reihe bedeutender Pelletmaschinenhersteller in eigenen Patenten zitiert

Meakin 1957: Feed mechanism for extrusion mills
http://www.google.com/patents/US2798444
wird ebenfalls von einer Reihe von Pelletmaschinenhersteller in eigenen Patenten zitiert (insb. Buehler und California Pellet Mill)

Zusammenfassend kann man also sagen, dass die Pelletpressen sich etwa in den 1920erund 1930er Jahre verbreiteten, wohl anfänglich hauptsächlich im Bereich der Futtermittel- und Lebensmittelverarbeitung. Etwa ab den 1960er Jahre kam es dann zu einer regelrechten Explosion der Patente in diesem Bereich und man liest da vermehrt auch international bekannte Namen wie Buehler oder gar Mitsubishi. Über die genauen Ursprünge ist es jedoch nicht ganz einfach eine Aussage zu treffen. Nur weil man vor 1915 kaum Patente findet, die eine Entwicklung in diese Richtung vermuten lassen, heisst das nicht, dass es zuvor nicht schon sowas ähnliches oder Vorläufer von Pelletpressen gab. Das Problem ist aber wohl auch, dass der Begriff Pellets wahrscheinlich erst später dem Produkt "Pellet" zugeordnet wurde. Zudem ist der Begriff mehrdeutig. Man findet ihn einerseits bei den Raubvögeln und er bezeichnet dort die Gewölle (z.B. von Eulen), aber er wird beispielsweise auch bei den Kugeln von Gewehren und Pistolen etc. gelegentlich verwendet und auch für die Bezeichnung von verschiedenen zylinderförmigen Objekten, z.B. auch für Medikamentpillen und Ähnliches. Aber so wie es aussieht, dürften wahrscheinlich die Geflügelindustrie und die Nutztierindustrie allgemein zu den ersten gehört haben, die Pellets in der Fütterung einsetzten. Hilfreich für weitere Recherchen wären wahrscheinlich die Hersteller von Mischfutterverarbeitungsmaschinen und ihre Produkte. Im deutschsprachigen Raum gab es damals mit der Zeitschrift "Die Mühle" eine Publikation, welche sich an die Lebensmittel- und Futtermittelverarbeiter richtete und in welcher wohl auch die Maschinenhersteller geworben haben und in welcher wahrscheinlich Neuentwicklungen in diesem Bereich vorgestellt wurden. Ähnliche Zeitschriften dürfte es wohl auch in anderen Sprachregionen gegeben haben.
_________________
Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)

Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE

Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen Yahoo Messenger
davX
Team


Anmeldungsdatum: 08.06.2004
Beiträge: 8494
Wohnort: Schweiz

BeitragVerfasst am: 03.05.2015 23:04    Titel: Re: Pellets, Quellen und Literatur? Antworten mit Zitat

Zwar nicht zur Geschichte, aber zur Herstellung habe ich noch etwas gefunden:

The Art (Science) of Pelleting
http://www.feedmachinery.com/articles/feed_technology/the-art-science-of-pelleting/

Umfangreicher Artikel zur Herstellung:
http://www.cpm.net/downloads/Animal%20Feed%20Pelleting.pdf

Hochglanzprospekt, der die Herstellung knackig vorstellt:
http://www.andritz.com/fb_feed__livestock.pdf

edit:
Und nochmals Wikipedia:

Pelletpresse:
http://en.wikipedia.org/wiki/Pellet_mill
Interessant finde ich die Handpressen, die da auch vorgestellt werden...

Und Geflügelindustrie... erwähnt wird hier die Umstellung der Hühnerhaltung anfang des 20. Jahrhunderts als die Hühner als Teil des Hofs recht natürlich ernährt wurden mit Insekten, Körner und Küchenabfälle, so kam es auch bei der Geflügelhaltung zu einer Spezialisierung und so kamen grosse Geflügelfarmen auf...:
http://en.wikipedia.org/wiki/Poultry_feed
_________________
Degu-Fütterungstagebuch | Degupedia bei Youtube | Meine Degu-Aussenhaltung (Video)

Es preciso conocer el nombre de las plantas para que podamos salutarlas y ellas nos saluden a nosotros. GOETHE

Manche Menschen sind Steine und manche sind Otter.
Nach oben
Benutzer-Profile anzeigen Private Nachricht senden E-Mail senden Website dieses Benutzers besuchen Yahoo Messenger
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Gehe zu:  
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen    Seite 1 von 1
   Degupedia-Forum » Tierernährung und Pflanzen » Pellets, Quellen und Literatur? Alle Zeiten sind GMT + 2 Stunden
Anmelden
Wer ist online?
Benutzername:
Passwort:
Bei jedem Besuch automatisch anmelden


Wer ist online?
Insgesamt sind 139 Benutzer online: Kein Mitglied, kein versteckter Benutzer und 139 Gäste.   [ Administrator ]   [ Moderator ]
Der Rekord liegt bei 377 Benutzern am 14.01.2023 23:48.
Mitglieder: Keine

Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.


Partnerseiten: Degu-Projekt Octodons.ch

Powered by phpBB © 2001, 2005 phpBB Group