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Systematik: Hystricognatha

 
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davX
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
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BeitragVerfasst am: 10.02.2007 22:36    Titel: Systematik: Hystricognatha Antworten mit Zitat

Hallo zusammen,

wie war das schon wieder mit der Systematik der Degus? Caviomorpha, Hystricomorpha, Hystricognathi und Hystricognathi spuken alle als Bezeichnung für die Unterordnung der südamerikanischen Stachelschweine herum, doch was bedeuten sie wirklich? Ich weiss es ehrlich auch nicht so genau, aber ich versuche dennoch soweit mir das möglich ist Klarheit zu schaffen (in der Literatur wird das Thema leider auch lieber etwas umschrieben).

Geschichte der Systematik der Nagetiere
Wie uns allen warscheinlich bekannt ist, wurden am Anfang die Tiere vorwiegend aufgrund ihres Aussehens eingeordnet, viele Tiere wurden als Mäuse eingeordnet, die Degus z.B. als Hörnchen oder auch die Hamster wurden anfangs in einer gemeinsamen Gattung zusammengefasst. So waren anfangs auch die Hasentiere (Lagomorpha) in die Ordnung der Nagetiere eingegliedert und erst Brandt teilte die Nagetiere 1855 in die drei Unterordnungen ein, die bis heute noch Bestand haben (wenn auch sie nicht unumstritten sind und sich längst nicht alle taxonomischen Werke daran halten): die Mäuseverwandten, die Hörnchenverwandten und die Stachelschweinverwandten. Die ebenfalls verbreitete Einteilung in Hystricognathi und Sciurognathi geht dagegen auf Tullberg 1899 zurück:

Zitat:

We may ourselves immediately brush one aside by noting that the lagomorphs, long included in the Rodentia, are now universally excluded. In 1855, Brandt divided the rodents, or the other rodents, into three suborders: Sciuromorpha, Myomorpha, and Hystricomorpha. Up until our own days that arrangement has continued overtly or covertly to dominate much thinking about rodents.

In 1899 Tullberg retained Brandt's three groups , but he separated the "Bathyergomorphi," which were, however, united with the "Hystricomorphi" in a taxon "Hystricognathi". The "Myomorphi" and "Sciuromorphi" were similarly united in the Sciurognathi." Although some radically different arrangements, had been proposed in the meantime (notably by Miller & Gidley 1918, and Winge, 1923-1924), Ellerman's monumental work of 1940-1941 has exactly the same higher taxa as Tullberg, with only insignificant semantic changes.

Quelle: Simpson, G.G. (1974): Chairman's introduction: taxonomy. Symp. zool. Soc. Lond. 34: 1-5.


Hystricomorpha und Hystricognathi
Der Einteilung der Nagetiere in die drei Unterordnungen Sciuromorpha, Hystricomorpha und Myomorpha liegt der Ausprägung der Kaumuskeln (insbesonderen des Musculus masseter) zugrunde, welche bei diesen drei Unterordnungen unterschiedlich ausgeprägt sind. Die Bezeichungen mit Endung "-morpha" (also z.B. Hystricomorpha) geht daher auf diese anatomische Ausprägung der Kaumuskeln zurück. Neben dem Kaumuskel zeigen sich bei diesen drei Typen auch Unterschiede im "foramen infraorbitale", eine Öffnung im Schädel, durch welche Gesichtsnerven verlaufen. Bei den Hystricomorpha ist diese im Gegensatz zu den anderen beiden Typen stark vergrössert. Allerdings bereitet die Unterteilung in diese drei Muskeltypen (plus einen weiteren, Protogomorpha, den Grundtyp, von dem die anderen drei abgeleitet sind und bei den meisten anderen Säugetieren vorkommt) auch Nachteile:

Zitat:

Die traditionelle Unterteilung nach diesen vier Kaumuskeltypen funktioniert zwar bei den protogomorphen, sciuromorphen und myomorphen Nagetieren, die Hystricomorphie jedoch ist mehrfach unabhängig entstanden und daher für die Bildung von Grppen innerhalb der Rodentia nicht geeignet.

Quelle: Schunke, A.C. (2004): Die Systematik der Nagetiere. Teil 1: Biber, Hörnchen & Co. Rodentia 22: 53-55.



Doch:
Zitat:

Praktischerweise gibt es jedoch noch ein weiteres Merkmal, mit dem sich die nähere Verwandtschaft eines Grossteils der hystricomorphen (= stachelschweinartigen) Nagetiere begründen lässt. Dieses Merkmal beschreibt die Lage des unteren Schneidezahns im Kiefer im Verhältnis zur Position des Winkelfortsatzes des Unterkiefers.

[...]

Bei den so genannten "sciurognathen" ("mit Hörnchenkiefer" - nicht zu verwechseln mit sciuromorph) Nagern liegt der Winkelfortsatz von unten gesehen in der Verlängerung der Alveole [=Zahnhöhle, in der der Zahn liegt] des Schneidezahns, was die ursprüngliche Ausprägung darstellt. Die abgeleitete Form ist die "Hystricognathie" ("mit Stachelschweinkiefer"), bei der sich zwischen der Schneidezahn-Alveole und dem Winkelfortsatz eine Rinne, befindet, sodass der Winkelfortsatz weiter aussen am Unterkiefer liegt.

Quelle: Schunke, A.C. (2004): Die Systematik der Nagetiere. Teil 1: Biber, Hörnchen & Co. Rodentia 22: 53-55.

Ok, das tönt jetzt sehr kompliziert, gerade da der Text ohne Bilder schwer nachvollziehbar ist. Wer an diesen Details aber interessiert ist, dem sei empfohlen die betreffende Rodentia zu schaffen und mit den Bildern dort im Artikel lässt sich das auch für Laien gut nachvollziehen. Letztlich geht es darum, dass in der Anatomie des Unterkiefers es Unterschiede gibt, welche eine Einteilung in Sciurognathi und Hystricognathi erlauben.

Auch Simpson geht in seinem Text auf dieses Thema ein, bringt es aber letztlich nicht so klar auf den Punkt:
Zitat:

The use of Hystricomorpha as the name of a taxon including all the rodents with an hystricomorph masseteric complex soon came to have the evolutionary, phylogenetic implication that such an arrangement arose only once and that all the animals that have it inherited it form a common ancestor. the term hystricognath similarly indicates a mandibular structure highly but not exclusively correlated with an hystricomorph masseteric complex. The less common use of Hystricognathi as a taxonomic term came to have evolutionary implications similar to but different from those of Hystricomorpha.

Quelle: Simpson, G.G. (1974): Chairman's introduction: taxonomy. Symp. zool. Soc. Lond. 34: 1-5.


Und nochmals etwas zum Begriff "hystricomorph":

Zitat:

Although the term hystricomorph has a literal meaning no more explicit than "porcupine-like" (with reference to the Old World porcupines), it was from the beginning applied to resemblance in one respect only: the jaw musculature, or still more explicitly, the arrangement of origins of the muscles of the masseter complex.

Quelle: Simpson, G.G. (1974): Chairman's introduction: taxonomy. Symp. zool. Soc. Lond. 34: 1-5.

Der Begriff "Hystricomorph" steht einerseits für stachelschweinähnlich (porcupine = Stachelschwein), andererseits verweist er, wie wir schon gesehen haben, auf die Ausprägung der Kaumuskeln.
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BeitragVerfasst am: 11.02.2007 00:49    Titel: Re: Systematik: Hystricognatha Antworten mit Zitat

Hystrix heißt auf Deutsch Stachelschwein, -omorpha ist die Endung der Unterordnung, -ognathi ist eine mögliche Endung von Teilordnungen.
Die Endung -omorpha hat nix mit irgendwelchen Kaumuskeln zu tun, sondern heißt übersetzt -artig oder mit ähnlichem Aussehen.
Hystricomorpha = Stachelschweinähnlich, Stachelschweinverwandte
Hystricognathi = künstlich zwischen geschobener lateinischer Terminus, um die molekulargenetischen neuesten Erkenntnisse möglichst genau abzubilden.

Das Problem mit den Zähnen ist, die Sciumorpha bilden wohl den ursprünglichen Kiefertyp, die [Castorimorpha/Anomaluromorpha/Myomorpha] zeigen immerhin eine recht einheitliche Ableitung - nicht aber bei den Hystricomorpha. Hier hat man einfach ursprüngliche Kiefertypen neben stark abgeleiteten, man hat die afrikanische Linie und die südamerikanische Linie, die zum Teil die gleichen Nischen besetzt haben und somit auch konvergent die gleichen Kiefer- und Muskelausprägungen entwickelt haben. Den hystricognathen Kiefertyp findet sich zudem auch noch verwirrenderweise bei einigen Arten der Myomorpha wieder ...
Die Hystricomorpha lassen sich morphologisch jedenfalls nicht mehr abgrenzen, das geht nur molekularbiologisch, und hier zeichnet sich erst ganz langsam ein einheitliches Bild ab.
Zusätzlich erschwerend kommt hinzu, daß zwar der Trend der Hystricomorpha Richtung Bodenbewohner offener Landschaften mit reduzierten Fingern und Zehen geht, es aber auch noch konvergente Entwicklungen zu Klettertypen gibt - und Blattfresser haben nunmal eine andere Ausformung des Kieferapparates wie Grasfresser oder Kräuterfresser.

Da hystricomorph einfach nur stachelschweinähnlich heißt, kann es selbstverständlich jedes Merkmal bezeichnen, das geht genau wie im Deutschen nur aus dem Kontext hervor, wenn ich also über Zähne spreche, meine ich die Backenzahnhöcker, spreche ich vom Kiefer, meine ich die ähnliche Ausprägung des Kiefer-Muskel-aufbaues usw usf.

Von der Phylogenetik sind die Sciuromorpha die Schwestergruppe zu allen anderen Nagetieren, die Hystricomorpha ist die Schwestergruppe aller Castorimorpha/Anomaluromorpha/Myomorpha. Eine Auflösung der Krongruppe ist meines Wissens noch nicht möglich.
Auch innerhalb der Hystricomorpha gibt es noch eine Menge Unklarheiten, da wird sich mit Sicherheit noch eine Menge in der Auffassung, wer von wem abstammt, ändern.
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Anmeldungsdatum: 08.06.2004
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BeitragVerfasst am: 11.02.2007 02:44    Titel: Re: Systematik: Hystricognatha Antworten mit Zitat

Huhu,

detailierter (so hoffe ich) werde ich später noch antworten. Was mich noch brennend interessieren würde, da du so gut bescheid weisst Wink, was ist denn eigentlich mit den Hystricognatha? Ist das eine Unterordung?
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Anmeldungsdatum: 23.07.2005
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BeitragVerfasst am: 11.02.2007 08:18    Titel: Re: Systematik: Hystricognatha Antworten mit Zitat

Wie die Endung -ognatha zeigt, ist es eine künstliche Teilordnung, die zur besseren Abbildung der phylogenetischen Verhältnisse zwischengeschoben wurde. Die Endung -ognathi ist die Mehrzahl von -ognatha, aber identisch, korrekt nach lateinischer Grammatik gebildet. Das ist legitim und darf sogar mit Artnamen gemacht werden, Also ein Xiphophorus helleri, aber mehrere Xiphophori helleri.
Vorsicht aber! Die Population Xiphophorus helleri wiederum ist immer Einzahl, also Endung -us beim Gattungsnamen. Einige Artnamen haben als zweiten Namen ein Wort, welches sich genauso in der Endung ändert, wenn der Gattungsname sich ändert. Lateiner wissen, wann das der Fall ist, aber Biologen scheint das auch zu kompliziert zu sein, die Mehrzahlbildung beim Artnamen findest du jedenfalls nur in sehr alten Büchern und nur bei Leuten, die noch mit Latein bis zum Erbrechen gequält wurden.

Um zu der systematischen Kategorisierung bei den Hystricomorpha zurückzukommen, du hast also neuerdings nach Carleton & Musser (2005) folgende Kategorien (am Beispiel vom Degu):
Ordnung: Rodentia
Unterordnung: Hystricomorpha
Zwischentaxon: Hystricognatha
Teilordnung: Caviomorpha
Überfamilie: Octodontoidea
Familie: Octodontidae
Gattung: Octodon
Art: Octodon degus

Und genau das zeigt den Schwachfug sehr schön, an dem alten überkommenen Systematik-System festzuhalten, aber neu herausgefundene Verwandschaftsverhältnisse möglichst fein in dieser Systematik abbilden zu wollen! Den Leuten gehen die Namen aus, Zwischentaxon und "nichtbenanntes Taxon" sind noch eines der ehrlichsten Benamsungen für solche künstlich zwischengeschobenen Kategorien.
Dabei ist Carleton & Musser (2005) gleichzeitig ein sehr schönes Beispiel, daß das im Grunde genommen so auch nicht funktioniert, denn phylogenetisch hat man folgende Einteilung:

Rodentia
- [Sciuromorpha, Castorimorpha, Anomaluromorpha, Myomorpha]
- Hystricomorpha
-- [Diatomyidae, Ctenodactylomorpha]
-- Hystricognatha
--- Hystricidae
--- [Caviomorpha, Phiomorpha]
---- Phiomorpha (sehr unsichere Stellung, molekulargenetisch nicht abgesichert, morphologisch nicht begründbar, archäologisch nicht auflösbar)
---- Caviomorpha
----- Erethizontoidea (sehr unsichere Stellung innerhalb der Caviomorpha, manchmal sogar als Schwestergruppe zu den Caviomorpha betrachtet)
----- [Cavioidea, Chinchilloidea, Octodontoidea]
------ Cavioidea
------ [Chinchilloidea, Octodontoidea]
------- Chinchilloidea
------- Octodontoidea
-------- [Octomys, Pipaoctomys, Tympanoctomys]
-------- [Octodontomys, Octodon, Spalacopus, Aconaemys]
--------- Octodontomys
--------- [Octodon, Spalacopus, Aconaemys]
---------- [Spalacopus, Aconaemys]
---------- Octodon
----------- Octodon degus
----------- [Octodon lunatus, Octodon bridgesi]
------------ Octodon lunatus
------------ Octodon bridgesi

(Zusammengesetzt nach Carleton & Musser (2005) und [url=http://homopan.wayne.edu/Postdocs/Juan%20C.%20Opazo/MPE(2005).pdf]Opazo (2005)[/url], hab nix besseres zur Hand)
Es wird in der Phylogenetik versucht, dichotome (also zweiästige, binäre) Unterteilungen zu treffen, ist nur leider auch alles andere wie möglich, denn spätestens auf Gattungsebene kann molekulargenetisch auch nicht mehr genau genug aufgelöst werden. Wirklich dichotome Bäume bekommt man nur dann, wenn man die einzelnen Gene betrachtet - unabhängig davon kann auch die Phylogenetik nicht mit der Tatsache des horizontalen Genverkehrs umgehen. Wenn also sich irgendwelche Herpesviren in das Genmaterial des Menschen einschleusen, läßt sich das beim besten Willen nicht mehr darstellen. Nun sind es aber offensichtlich zum Teil richtig heftig große Genabschnitte, die durch Genfähren immer wieder mal zwischen den einzelnen Populationen gewandert sind ... ohne auch nur irgendwelche Ordnungen zu beachten!
Durch Gentechnik sind wir gerade dabei, den horizontalen Genverkehr wieder extrem zu beschleunigen!

Zur Phylogenetik empfehle ich dir den Peter Ax, einer der heftigsten Verfechter des dichotomen Systems. Am Beispiel von Bandwürmern hat er dieses System konsequent angewendet und gezeigt, daß es zumindest da geht.
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BeitragVerfasst am: 11.02.2007 18:12    Titel: Re: Systematik: Hystricognatha Antworten mit Zitat

Huhu,

da bleibt bei mir dann immer noch ein Widerspruch. Nämlich Hystricognatha wird bei McKenna & Bell (1997) und auch bei der Systematik von ITIS als Subordo verwendet während Hystricognathi das Infraordo bildet... das passt irgendwie doch nicht ganz in das Bild...
Ich habe die Systematik z.B. auch in meinem Degu-Steckbrief aufgelistet:
http://degu.re4.ch/steckbrief_degu.php

...also ist das mit der Systematik auch wieder so eine Geschichte, die nicht so ganz aufgeht...
Ja, dass die Abbildung von phylogenetischen Beziehungen in die klassische Systematik nicht aufgeht, das habe ich gewusst, allerdings habe ich mich bisher nie so genau damit beschäftigt wie du und ebenso ist auch für mich Latein etwas, wovon ich keine Ahnung habe, da ich es nie lernen musste.
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BeitragVerfasst am: 11.02.2007 22:09    Titel: Re: Systematik: Hystricognatha Antworten mit Zitat

Die Über- und Unterordnungen waren die ersten Ansätze zu künstlichen Zwischenschüben der Kategorien der Linneischen Systematik - man brauchte eine feinere Abstufung. Die Endungen für diese Zwischentaxa sind deshalb nie wirklich normiert worden und reine Ansichtssache. Es war ja auch von Carl Linné nie so gedacht, daß sich an etwas, was über seinen Gattungen steht, jemals etwas ändert.
Deswegen ist ja auch die Regel, nach der Gattungen und Arten benamst werden, so streng, die nächsthöheren Kategorien dagegen relativ frei. Es wird auch nur selten der Name des Erstellers einer höheren Kategorie mit angegeben, trotzdem es inzwischen durch diesen ganzen Wirrwarr dringend notwendig wäre.

Es gilt nicht mal wie bei den Gattungen und Arten, wer zuerst sich einen Namen ausdenkt, hat ihn dann auch ... daraus entsteht momentan Chaos pur!

Die Phylogenetiker reiner Schule wie Peter Ax und Jünger machen sich die Sache einfach, sie nehmen die etablierten Namen, schreiben, wenn sie irgendwelche Zwischengruppen brauchen, alle zur Zwischengruppe gehörigen Gruppen in Klammern oder ähnlich zusammengefaßt und kommen so ohne neue Kategorien und deren Namen aus, bekommen trotzdem aber eine beliebig feine Abstufung.
Peter Ax geht (oder besser gesagt ging, meiner Meinung nach ist er schon lange unter der Erde) sogar so weit, daß er alles, was nicht dichotom aufgeteilt werden kann, nicht nur ablehnt, sondern auch noch gesondert kennzeichnet und gleichzeitig die ausgestorbenen Formen vor das Taxon, zu der sie noch sicher zugeordnet werden können, voranstellt und mit Kursivschrift und Kreuzchen als ausgestorben kennzeichnet. Der Gute bekommt es dadurch sogar hin, archäologische Zusammenhänge der Arten zueinander aufzuzeigen.
Der Nachteil dieses Systems ist jedoch, daß eine Genauigkeit vorgegaukelt wird, die es niemals geben kann ...

Es ist gehupft wie gesprungen, momentan stehen Systematiker und Phylogenetiker am Scheideweg und müssen sich überlegen, was noch sinnvoll ist und was man langsam mal ad acta legt ... meiner Meinung nach kann man eine von den ganzen ominösen Zwischentaxa bereinigte Linnéische Systematik einfrieren, bei der auch nicht mehr viel hin und her geschoben wird (und vor allem nicht wieder irgendwelche Zwischenkategorien geschaffen werden!) und parallel dazu ganz normal Stammbäumchen malen, wo es sinnvoll ist. Bringt viel mehr, wie dieses ganze immer verwirrender und unübersichtlicher werdende aufmachen von irgendwelchen ominösen Kategorien und undurchsichtige Hin- und Herschieben ganzer Tiergruppen!
Außerdem wäre so ein Projekt, wie die APG II in der Botanik, sehr sinnvoll für alle Organismen, um wenigstens mal ne mehr oder weniger bindende Klassifizierung für jeden einsehbar zu machen. Momentan kann man von so einem Projekt allerdings aus verschiedenen Gründen nur träumen ... wir müssen damit leben ... *seufz*
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BeitragVerfasst am: 11.02.2007 22:52    Titel: Re: Systematik: Hystricognatha Antworten mit Zitat

Bei mir keimt da schon wieder eine neue Idee, wäre das bloss nicht so kompliziert. Ich habe in meinem neuen Degu-Ratgeber einen Teil über Systematik, da könnte sowas auch noch rein passen, zumal es doch sehr informativ wäre, bloss es müsste kurz gefasst sein und so aufbereitet sein, dass es auch für Laien einigermassen verständlich wäre... und da komme ich dann in Schwierigkeiten, weil ich selber in diesem Thema nicht so sicher bin. Zudem wären natürlich noch ein paar gute Quellen nütztlich.

Zitat:

Außerdem wäre so ein Projekt, wie die APG II in der Botanik, sehr sinnvoll für alle Organismen, um wenigstens mal ne mehr oder weniger bindende Klassifizierung für jeden einsehbar zu machen. Momentan kann man von so einem Projekt allerdings aus verschiedenen Gründen nur träumen ... wir müssen damit leben ... *seufz*

Gibts das nciht schon? Es gibt doch einen Versuch einer phylogenetischen Nomenklautur, ich hatte zumindest mal was in der Wikipeda darüber gelesen und war auf der Homepage dieses Projekts.... hab gerade etwas gesucht und hier habe ich sie ausgegraben, sie heissen "Phylocodes" und der Wikiartikel dazu befindet sich hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Phylocode
oder ein bisschen ausführlicher in Englisch:
http://en.wikipedia.org/wiki/PhyloCode
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