Zu 2 (Geschlechtsdimorphismus):
Bei meinen Degus stimmte das sogar mit der Größe, die beiden Kleinsten waren Weibchen ... bei den Chins hab ich folgende Werte:
Medo (w): 500g
Beezle (m): 500g
Dumbo (m): 450g
Lino (m): 470g
Unice (w): 670g
Carla (w): 650g
Also der Geschlechtsdimorphismus ist bei Chinchillas genausowenig ausgeprägt, wie bei Degus ...
Soweit ich mich an die Angaben von wildgefangenen Degus und Chinchillas erinnere, waren bei beiden Arten im Schnitt die Männchen etwas größer wie die Weibchen, wobei es auch Männchen gab, die leichter waren wie die schwersten Weibchen.
zu 3 (Raumnutzung):
Sowohl bei Degus als auch bei den Chins konnte ich beobachten, daß mit der Größe der Unterkunft der Drang, hohe Hindernisse zu bespringen oder sich erhöht aufzuhalten, abnahm. Dabei benutzen sowohl Degus, als auch Chins erhöhte Ruhepositionen und Aussichtsplattformen. Bei den Degus lag die Höhe dieser erhöhten Ruhepositionen und Aussichtsplattformen im Deguzimmer bei höchstens 50cm, bei den Chins bei höchstens 80cm ...
Allerdings gab es bei beiden Arten auch Ausnahmen, angefangen von Räuber (Degu), der feuchtfröhlich aus 1,20 bei geöffneten Fenster mich von der Fensterbank aus angegrinst hat (der hat wirklich gegrinst!), über Drago (Degu), der mir aus 1,80 vom Schrank im Deguzimmer auf den Kopf gesprungen war bis Medo (Chin) und Beezle (Chin), die es wahnsinnig witzig fanden, die Wohnzimmerschränke in luftiger 1,80m Höhe zu untersuchen - auch nachdem sie dauerhaft das Wohnzimmer zur Verfügung hatten und nicht nur für ein paar Stunden
Die anderen Chins hatten jedoch im Wohnzimmer bisher nix betreten, was sich über 1,20m Höhe befand. Schließt man sie jedoch in ein Zimmer ein, welches 20qm nicht überschreitet, findet man diese Wollmäuse auch auf den höchsten zur Verfügung stehenden Regalbrettern wieder.
Wenn das Wohnzimmer der Medo nicht zur Verfügung stand, sondern nur ihr Chinzimmer, brauchte sie einfach einen besonders hohen Aussichtsturm und nutzte, als das Regal noch existierte, ein Regal, nun jedoch einen Katzenkratzbaum. Dieser wird nicht betreten, wenn das Wohnzimmer zur Verfügung steht, da reichen dann plötzlich die Fensterbretter als Aussichtsplattformen absolut aus.
Noch merkwürdiger wurde das Verhalten, da Medo schließlich das Chinzimmer als ihr Kernrevier annektierte und fortan das Wohnzimmer kaum mehr nutzte - sich selbst also auf wenig Platz einschränkte ... es wurde dennoch die hohe Aussichtsplattform Katzenkratzbaum nicht benutzt. Nun, wo die Tür zum Wohnzimmer wieder zu ist dagegen, seh ich Medo wieder häufiger auf dem Katzenkratzbaum und es sind dort oben auch wieder regelmäßig Köttel zu finden. Es gibt also zumindest für Medo einen Unterschied, ob sie Platz theoretisch nutzen kann, aber nicht nutzt, oder ob sie schon praktisch den Platz nicht nutzen kann, ob sie ihn nun nutzen will oder nicht.
zu 3 (Bewegungen im Raum):
Sowohl Chinchillas als auch Degus erspringen oder erlaufen Hindernisse, klettern können beide Arten kaum. Dabei können Degus sich durchaus noch in aufgestellten Ästen und Zweigen sicher bewegen, Chinchillas können das aufgrund ihrer Größe nicht. Unice ist mir bei solchen Versuchen nun schon mehrfach samt Zweige runtergefallen - die anderen Chins sind bisher zu schlau für solcherart Versuche.
Auf Glasflächen hatten sich meine Degus deutlich sicherer bewegt wie nun meine Chins ... rutschende Degus sah ich selten, rutschende Chins dagegen hab ich auf dem Glastisch regelmäßig - da macht kein einziges Chin bisher eine Ausnahme. Unice hat sogar inzwischen dieses Rutschen perfektioniert, um sich bei besonders leckeren Futter auf dem Glastisch in eine bessere Position zu bringen, sie läßt sich einfach hemmungslos gegen fressende andere Chins rutschen und tut dann mit absoluter Unschuldsmiene so, als wenn sie gar nix für könnte ... *dummdidumm*
zu 3 (Erdbauten und Wechsel):
Meine Chins haben jeder für sich feste Wechsel, die sie normalerweise benutzen, dies ist bei den Chins nun sogar besser zu beobachten, wie ich das bei den Degus beobachten konnte. Beide Arten lassen sich mit ähnlichen Versuchsaufbauten zum Graben bewegen, beide Arten graben definitiv nicht, wenn man ihnen einfach nur ne größere, erdgefüllte Kiste ins Zimmer stellt.
Ich hab bisher keine Unterschiede feststellen können.
Wenn man sich den einen Film über Wildchinchillas ansieht, dort wird eine von den Chins selbstgegrabene Höhle gezeigt - Chins bauen also Erdbauten, genau wie Degus auch.
Zu 3 (Sitekicksprünge):
Einen deutlichen Unterschied in den Bewegungsformen gibts eher in der Ausnutzung der Wände:
Degus zeigen so gut wie keine Sitekicksprünge, sie stoßen sich also nicht an der Wand ab, um ihre Sprungweite zu erhöhen oder die Richtung zu ändern. Bei Chinchillas sieht man dieses Verhalten dagegen häufig, sowohl auf der Flucht, als auch beim entspannten Spielen oder einfach nur zur Ortsänderung. Chinchillas nutzen sogar für Sitekicksprünge eher ungeeignete Hindernisse, wie Gitter, Hände, Menschenkörper, Katzenköpfe, Blumentöpfe (in einem Fall mit dem Ergebnis, daß ich den Blumentopf abbekommen hab und Unice nen überraschenden Geiersturzflug hingelegt hatte
) oder Zeitschriftenstapel (noch mal herzlichen Dank an Beezle, der mir stundenlange Sortierarbeit binnen von wenigen Sekunden zunichtemachte!)
Bei Degus zeigen sich solche Sitekicksprünge nur im Angriff, bei mir ausschließlich nur gegen Kaninchen gerichtet ... hatte der für Degus und Hausmeerschweinchen typische Hinterhandkaratekick und besonders lautes Unmutsquäken nicht den erwünschten Erfolg, wurde halt mit beiden Hinterbeinen mit voller Wucht gegen die Kaninchen gesprungen - bevorzugt ins empfindliche Gesicht ...
zu 7 (Verstecke):
Wenn meine Chinchillas ausbrachen, hatten sie ebenso wie Degus den Boden bevorzugt, also dunkle Möbelsockel, unter Küchenzeilen oder einfach nur hinter und unter schwere Schränke, die man selbst für ein Chinchilla nicht gern beiseiterückt ... die Schlafposition zwischen Wand und Schrankrückteil hab ich bisher nur bei Chinchillas beobachten können, die sich sicher gefühlt hatten ... und in solchen Situationen wiederum hab ich zumindest Räuber (Degu) auch schon eingeklemmt zwischen Wand und Schrank gesehen.
Also Unterschiede im Versteckspielen gibts bei Ausbruch zwischen Chin und Degu nicht ...
zu 7 (Fluchtverhalten):
Das Fluchtverhalten bei Degus und Chins unterscheidet sich bei mir extrem ...
Chinchillas sind deutlich schreckhafter, sie fliehen schon, wenn sie nur seltsame Geräusche hören. Einzig Dumbo zeigt diese Schreckhaftigkeit nur in für ihn unbekanntem Gelände, sonst ist er so gut wie gar nicht schreckhaft. Ein Schreck führt fast immer dazu, daß die gesamte Chinchillabande in irgendwelchen Verstecken verschwindet.
Meine Degus erschreckten sich deutlich seltener, sie flohen nur selten sofort in ein Versteck, sondern sie machten zwei, drei Sprünge und sahen sich dann erstmal um, woher die Gefahr kommt. Oft waren bei Schreck erstmal Aufrichten, Sichern und Alarmlaute zu beobachten, bevor sich die Degus entschieden, sich zu verstecken oder einfach mit dem weiterzumachen, was sie gerade taten.
Alarmlaute hab ich bei Chins bisher nur dann vernommen, wenn sie im sicheren Versteck waren oder wenn sie Alpträume hatten, bei meinen Degus waren Alarmlaute in allen Lebenslagen zu hören. Bei beiden Arten werden die Alarmlaute offenbar gelernt, samt ihrer korrekten Anwendung. Es ist also möglich, daß es hier bei anderen Degu- und Chinchillahaltern ganz andere Beobachtungen zu gibt.
Zumindest bei mir hat jedes Chinchilla regelrechte Parcoures, Fluchtwege, die blind in einem irrwitzigen Tempo auf der Flucht gerannt und gesprungen werden mit teils sehr akrobatischen Einlagen, wie extreme Weitsprünge, Sitekicksprüngen zur Erhöhung der Fluchtsprunglänge oder zum Richtungswechsel, Sprünge und Balancieren auf extrem dünnen Hindernissen (OSB-Platten!), Fallsprünge von über einem Meter Höhe mit Kopf nach unten in Fluchttunnel oder in Kistenstapel, Ausnutzen von senkrechten Tunneln oder Schrank-Wand-Abständen, um Höhenunterschiede sowohl nach oben, als auch nach unten zu überwinden. Die Fluchtwege sind dabei selten direkt, sondern nutzen irgendwie den gesamten Raum Chinzimmer-Wohnzimmer aus ... die Parcours werden im langsamen Tempo oft geübt. Der einzige, bei dem ich dieses Verhalten bisher gar nicht beobachten konnte, ist Dumbo.
Werden Hindernisse von solchen Parcours auch nur um Millimeter verschoben oder man stellt sich den Chins in den Weg, passieren auf diesen Fluchten regelmäßig regelrechte Unfälle ... sie sehen einfach auf diesen Fluchten nicht, wenn sich was verändert hat. Jedes Chin übt und benutzt seinen individuellen Parcours, welcher an verschiedenen Stellen angefangen werden kann.
Wenn Degus sich zur Flucht entschieden hatten, flohen sie immer den direktesten Weg in ihre Verstecke und suchten immer das nächstgelegene Versteck auf. Die Flucht war nie blind, sondern es waren extrem schnelle Richtungsänderungen während einer Flucht möglich. Solche Parcours, wie bei den Chins, hatte ich bei den Degus nicht beobachtet ...
zu 8 (Platzbedarf):
Degus zeigen genau wie Chinchillas ihr volles Verhaltensrepertoir erst in Zimmern oder großen Volieren ... auf 2 - 3qm ist nur ein winziger Teil an Verhalten zu beobachten, welches sie in einem großen Zimmer zeigen. Selbst das Zusammenleben hat sich bei den Degus im Zimmer bei mir sehr viel harmonischer gestaltet, wie bei begrenztem Platz.
Das typische Bodenverhalten der Degus zeigte sich bei mir erst ab ca. 20qm, bei den Chins bei 50qm (wobei ich hier noch keine Grenze hab zwischen 20qm, wo noch deutlich oft sehr hohe Plätze genutzt werden und den 50qm Wohnzimmer, wo nur noch höchst selten erhöhte Plätze über 1,20m genutzt werden)
Wenn es also einen Unterschied im Platzbedarf gibt, müßte der bei geschätzter doppelter Bodenfläche bei Chins sein ...
Das Kernrevier dürfte bei Chins bei schätzungsweise 10qm - 30qm liegen ... ich bin mir hier allerdings noch nicht sicher, da der Aufbau der Kernreviere bei mir ausgerechnet in die Vergesellschaftungsphase fiel und stark durch meine Aktivitäten beeinflußt wurde.
Ein Kernrevier für Degus hab ich nicht ausmachen können, hatte jedoch freilaufend im Zimmer nur eine Degugruppe von vier Männchen. Vermutlich zeigen sich solche Kernreviere erst, wenn eine Koloniebildung möglich wird, sich also zwei oder mehr Gruppen arrangieren, wie bei mir während der VG der Chinchillas.
Zu den Unterschieden der VG:
Beide Arten reagieren individuell sehr unterschiedlich, für beide Arten dürften gegengeschlechtliche Partner im Schnitt am leichtesten zu vergesellschaften sein. Bei beiden Arten sind auch gleichgeschlechtliche Gruppen sowohl im männlichen Geschlecht als auch weiblichen Geschlecht möglich. Für beide Arten sind gemischtgeschlechtliche Gruppen die natürlicheren.
Über alles andere kann ich nur Vermutungen anstellen ...
Ich vermute, daß gerade Chinchillas ebenso wie wir Menschen fast ihr gesamtes Sozialleben erlernen müssen. Dementsprechend wäre eine Vergesellschaftung von Chins extrem davon abhängig, was die Chins bisher erlebt haben. Ich vermute, daß Traumata bei Chins eine sehr viel größere Rolle bei der Vergesellschaftung spielen, wie bei Degus. Dabei kann eine Trennung einer harmonierenden Gruppe genauso Traumata auslösen, wie das Zerstreiten einer Gruppe oder unsachgemäßes Handling der Chins.
Für beide Arten dürfte gelten, daß je mehr Platz sie zur Verfügung haben, desto friedlicher wird im Schnitt die VG sein ... bei beengten Verhältnissen dürfte es sich dagegen wieder umdrehen, genau wie bei anderen Nagern auch, und es dürfte im Schnitt gelten, je weniger Platz für die VG zur Verfügung steht, desto eher bekommt man die Tiere zusammen - fragt sich dann halt nur, wie zuverlässig solche erzwungenen Gruppen sind.
Die Verletzungsgefahr durch Bisse ist bei extrem viel Platz während der VG sehr viel geringer, wie bei der VG in Transportboxen, wo Bisse recht schnell tödlich werden können.