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 Betreff des Beitrags: Pellets für Degus
BeitragVerfasst: 16.05.2010, 20:05 
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Zu Archivzwecken hätte ich hier noch einen Text, den ich zu Pellets zu Degus geschrieben habe:

Zitat:
Huhu,

da dieses Thema doch öfters Tierhalter beschäftigt möchte ich es auch mal aufgreifen und etwas Hintergründe beleuchten.

1. Historisches
Kennen gelernt haben wir Deguhalter die Pellets als Futter, das damals verbreitet war bei Züchtern (Kaninchenzüchter, Meerschweinchenzüchter, Chinchillazüchter). Diese Züchterpellets bestehen auch heute noch aus billigen Abfallprodukten (sogenannten Nebenerzeugnisse), lassen sich daher einfach herstellen und weisen eine Menge an Vorteile auf, welche für den kommerziellen wichtig sind (und auch manche Hobbyzüchter zu schätzen wissen). Dazu gehören Punkte wie einfache Fütterung (ein Futter, alles drin), der Preis, kompakte Masse (wenig Platzverbrauch), lange lagerbar usw.
Diesen Vorteilen, welche zweifellos dem Halter helfen, stehen einige Nachteile für die Tiere gegenüber wie fehlende Abwechslung und keine Möglichkeit zur Selektion, wodurch eine Bereicherung durch das Futter, seine Struktur und verschiedenen Komponenten entfällt (ein sogenanntes "Environmental Enrichment" in Bezug auf das Futter ist also nicht vorhanden). Dazu kommt die kleine Strukturgrösse der Komponenten die verpresst werden und dass diese Pellets aus billigen Nebenerzeugnissen bestehen, die meist nicht so viel gemein haben mit den Ernährungsansprüchen der Tiere in der Wildnis. Doch für den Züchter zählt unter dem Strich, dass die Tiere keine kostspieligen Folgen von Fehlernährung zeigen, genügend Energie zum Wachsen und Gedeihen bekommen und die Qualität ihres Produktes (je nach Tierart und Zuchtzweck können das die Tiere selber sein, welche neuen Rassennachwuchs zeugen, aber auch das Fleisch oder der Pelz).
Kritisiert wurde damals von Deguhaltern an den Pellets einerseits die fehlende Faserlänge, andererseits aber auch der Gehalt an Melasse. Melasse ist ein Nebenprodukt aus der Zuckerherstellung und besteht zu 50% aus Zucker. Es ist eines von vielen möglichen Bindemittel, welches zur Pressung von Pellets gerne verwendet wird, darin aber nur in geringen Mengen enthalten ist (etwa zu 2%, wobei dieser Anteil je nach Pelletsorte wiederum variieren kann).

2. Die Entwicklung
Die Skepsis gegenüber Pellets blieb nicht ohne Folgen. Bald war alles was irgendwie den Pellets ähnlich sah ebenfalls verdächtig und man betrachtete es mit Skepsis.
Ich mag mich noch erinnern als uns die ersten Cobs (es waren jene von Agrobs) vorgestellt wurden: Riesenpellets sah ich darin damals, das konnte doch nichts Gutes sein. Ich beschäftigte mich in Folge intensiv mit dem Thema und mit mir einige andere Deguhalter auch. Dabei stellte ich fest, dass ich meine Vorurteile neu sortieren muss, denn es gab gute Gründe, die Cobs etwas anders zu beurteilen. Das fing schon bei den Rohstoffen an. Die Zuchtpellets waren aus Abfallstoffen, die Cobs aus hochwertigem Wiesengras. Dazu kam die Faserlänge, die deutlich grösser ist als bei gewöhnlichen Pellets und die fehlende Melasse kam als weiteres Argument dazu. Fortan konnten sich die Cobs zu einer interessanten Alternative und Ergänzung im Deguspeiseplan mausern. Mit den Cobs war es dann auch mit dem Vorurteil vorbei, Futtermittel nur nach Form und Produktionsart zu beurteilen, wie das anfänglich bei den Pellets gemacht wurde, die Zusammenseztung und die Qualität der Rohstoffe rückten zusätzlich in den Fokus.

3. Kräuterpellets
Eine weitere Entwicklung folgte mit dem vermehrten Auftauchen von Kräuterpellets. Das sind Pellets die meist aus nur einer Pflanze (=Kraut) bestehen und in der Regel ohne zusätzliche Bindemittel auskommen. Auch wenn bei diesen ebenfalls Abfallstoffe verarbeitet werden könn(t)en, zum Beispiel Stängelware usw. ist dennoch einerseits transparenter, was darin enthalten ist, andererseits haben wir nicht die fragwürdigen Nebenerzeugnisse aus der Getreideherstellung (Kleie usw.), aber auch andere fragwürdige Produkte wie Hefen und Öle werden nicht mitverarbeitet. Dennoch haben sie eine zu kurze Fasergrösse und die Qualität kann natürlich auch zweifelhaft sein - das lässt sich freilich im Nachhinein schwer prüfen (hier muss man dem Hersteller vertrauen können oder aber man tut es nicht). In kleineren Mengen sind sie durchaus eine denkbare Möglichkeit und wir haben in einigen hochwertigen Futtermittel solche Pellets drin (die wahrscheinlich auch von der Qualität gut sind).
Vorsicht geboten ist allerdings bei Produktebezeichnungen von Zuchtpellets. Da gibt es nach wie vor Schlaumeier, welche ihren Pellets die Bezeichnung "Kräuter" beifügen und Futtermittel à la "Chinchillapellets Kräuter Premium" und dergleichen erfinden. Wer jedoch auf die Zusammensetzung der Pellets achtet wird schnell zahlreiche Bestandteile entziffern, wie Weizenkleie, Sojaschrot, Hefe, Trester, Leinextraktionsschrot, Menadion, div. andere Vitamine usw. Echte Kräuterpellets heissen dem Kraut entsprechend, zum Beispiel die Petersilienpellets nach der Petersilie aus welcher sie bestehen, die Topinamburpellets nach dem Topinambur usw.

4. Die Melasse
Lange war die Melasse der Hauptsündenbock der Pellets. Wie ich aber schon erwähnte ist der Anteil in den Pellets sehr gering und der Zuckeranteil selber (um den es in der Regel bei Diskussionen ging) ist nicht höher als bei einigem jungem Gemüse (z.B. junge Karotten oder Rote Beete). Die Melasse selber ist daher von untergeordneter Bedeutung.
In der Vergangenheit haben sich aber andere Punkte als wichtig herauskristalisiert:
1. Die Zusammensetzung, genauer die Rohware, aus denen die Pellets hergestellt werden. Echte Zuchtpellets enthalten diverse fragwürdige Nebenerzeugnisse, wie schon erwähnt sind das Stoffe wie Weizenkleie (und andere Getreidekleien), Sojaschrot, Hefe, div. Trester, Extraktionsschrote von Ölfrüchten, diverse künstlich zugesetzte Vitamine, teilweise sogar das giftige Menadion (fälschlicherweise auch als Vitamin K3 bezeichnet) usw.
Auf Dauer und in grösseren Mengen sind solche Futtermittel als fragwürdig zu beurteilen, ja es wird sogar vermutet, dass sie der Gesundheit der Tiere nicht zuträglich seien (aber in diesem Gebiet ist es in der Regel überhaupt sehr schwierig gute Beweise zu sammeln, dass das natürlich auch in Zukunft wohl eine offene Frage bleiben wird).
2. Die Struktur, weil grobe Pflanzenfasern fehlen. Diese werden als wichtig erachtet für die Verdauung (regen die Darmmotorik an) und für die Nahrungsaufnahme: die Fasern führen dazu, dass der Speisebrei mehr und länger gekaut werden müssen. Aus diesem Grund werden Pellets als Ergänzungskost betrachtet und nicht als Hauptfutter. Bei einer ausgewogenen Ernährung stören hochwertige Pellets als Beigabe in kleinen Mengen sicher nicht.
3. Die Verarbeitung, Pellets werden in der Regel stark verarbeitet. Viele Verfahren setzen auf hohe Temperaturen und Drücke. Es gibt mittlerweile auch Niedrigtemperaturverfahren die um die 40 °C arbeiten und daher schonender sind. Inwiefern das eine Bedeutung und einen Einfluss auf die Ernährung hat, das ist sicher auch Geschmackssache, ähnlich wie bei uns Menschen die Frage in welchem Rahmen und inwiefern verarbeitete Produkte (Backwaren, Frites, Chips, usw.) schaden.
4. Der Wassergehalt, bei Pellets muss dieser sehr niedrig sein. Wir haben dadurch ein stark konzentriertes und sehr trockenes Produkt. Das spielt bei anderen Tierarten mehr noch eine Rolle als bei den Degus, die aus Gebieten kommen, die durchaus auch Trockenperioden aufweisen. Dennoch dürfte wahrscheinlich eine Ernährung nur mit Trockenkost/Trockenfutter auf die Dauer nicht sinnvoll sein, also ein gewisser Anteil an frischem Grün: Gemüse, frische Kräuter/Zimmerpflanzen (Kalisie, Grünlilien...) usw. wäre empfehlenswert.

Betrachten wir all diese Dinge, müssen wir feststellen, dass Pellets nicht einfach auf ihre Produktionsweise reduziert werden können/dürfen. Inwiefern wir abstufen und urteilen wollen, das ist freilich jedem selber überlassen. Wer zuhause den Garten voller Grün hat und gute Pflückmöglichkeiten in der Natur, der wird sich kaum für sowas interessieren, noch für andere käufliche Angebote und wird die Sache anders beurteilen wie vermutlich viele hier, die auf die käuflichen Futtermittel und Angebote angewiesen sind.


Quelle: http://www.deguboard.de/ftopic8327.html

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